Die Regierung hat 27 neue Maßnahmen zur Bekämpfung der Drogenkriminalität angekündigt. Unter anderem soll der Konsum von Cannabis entkriminalisiert werden sowie die Polizei weitere Mittel, darunter Body-Cams, erhalten. Andere Maßnahmen sind die Ausweitung der Videoüberwachung und die Einführung einer Art „Platzverweis“.
„Die Drogenpolitik der letzten Jahrzehnte war ein Misserfolg.“ Justizministerin Sam Tanson (Déi Gréng) fand klare Worte, als sie am Freitag mit gleich vier anderen Regierungsmitgliedern das Maßnahmenpaket vorstellte, das einen Kurswechsel in der Drogenpolitik einleiten soll. Drogen seien eine Realität, repressive Maßnahmen würden sie nicht verschwinden lassen, sondern nur den Schwarzmarkt befeuern. Deshalb werde unter anderem auch der legale Kauf von Cannabis kommen. Doch so weit sei man noch nicht.
Mit den neuen Maßnahmen zum Konsum von Cannabis soll nun aber „der Konsument entkriminalisiert“ werden, wie es Sam Tanson nennt. Jede Hausgemeinschaft darf für den Eigenbedarf vier Pflanzen anbauen, konsumiert werden darf weiterhin nur zu Hause. Auch wer sich mit weniger als drei Gramm im öffentlichen Raum erwischen lässt, muss jedoch weiterhin mit einer Geldstrafe und mit einer Konfiszierung des Stoffs rechnen. Die Geldstrafe soll zwischen 25 und 500 Euro liegen und kann mit einer sofortigen Strafe von 145 Euro beglichen werden. Ein solche Ordnungswidrigkeit zieht denn auch keinen Eintrag ins Strafregister nach sich. Bei über drei Gramm kommt es hingegen zu den gewohnten strafrechtlichen Prozeduren.
Henri Kox (Déi Gréng), Minister für Innere Sicherheit, unterstrich die aktive Verstärkung der Polizei, sowohl personell durch Einstellungsmaßnahmen, als auch mit neuen Mitteln und Instrumenten. So soll an ausgewählten Plätzen sowohl die Präsenz der Polizei als auch die Videoüberwachung verstärkt werden. Ein neues Gesetz soll der Polizei zudem erlauben, Menschen bei Bedarf auch mit Gewalt von öffentlichen und privaten Hauseingängen fernzuhalten. Henri Kox unterstrich in diesem Zusammenhang, dass dafür ebenso wie für eine verstärkte Überwachung die legale Basis erst noch geschaffen werden müsse.
15 der insgesamt 27 Maßnahmen stellte Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP) vor. Bei den meisten ging es um infrastrukturelle Erneuerungen, wie die seit Jahren auf dem Tisch liegende Dezentralisierung des Abrigado, die Pläne zu einer Zweigstelle der „Stëmm vun der Strooss“ im Norden des Landes sowie den Aufbau eines Therapieangebotes für drogensüchtige Jugendliche. Darüber hinaus soll das Hilfsangebot für besonders vulnerable Menschen, für Frauen mit Kindern und Schwangere etwa, ausgebaut werden. Auch die ärztliche Versorgung soll in Zukunft für jeden und jede garantiert werden. Allerdings blieb die Gesundheitsministerin besonders bei den infrastrukturellen Maßnahmen im Ungefähren. Weder bei der Dezentralisierung des Abrigado noch bei der Planung neuer Strukturen wurde sie konkret.
Claude Meisch (DP) seinerseits wies auf die großen Herausforderungen für die Jugendarbeit im Bereich der Suchtprävention hin. Der Jugendpakt 2022-2025 solle deshalb auch ein Präventions- und Interventionskonzept für Schulen beinhalten, in Schulbüchern solle die Aufklärung über Drogen systematisch verankert werden. „Wir müssen unsere Jugend stark machen, stark auch Nein sagen zu können“, so der Bildungsminister. Außenminister Jean Asselborn (LSAP) kündigte derweil rechtliche Anpassungen an, um den Drogenschmuggel im Grenzgebiet besser kontrollieren zu können.
Wann die einzelnen Maßnahmen nun konkret umgesetzt werden, wurde auf der Pressekonferenz nicht präzisiert. Auch das Gesetz zum privaten Anbau der Hanfpflanzen muss erst noch durch den Instanzenweg und wird wohl nicht vor 2023 in Kraft treten. In einem Jahr aber soll über die von den fünf Ministerien geleistete Arbeit in der Drogenpolitik Bilanz gezogen werden. (JS)