Nachdem Reporter.lu exklusiv über Details der Affäre um den Wiltzer Bürgermeister Fränk Arndt berichtete, halten sich sowohl Parteifreunde als auch politische Gegner bedeckt. Auch das Innenministerium will die weiteren Ermittlungen der Justiz abwarten. 

Fränk Arndt sagt weiterhin nichts. Seine LSAP-Kollegen im Gemeinderat halten sich ebenso bedeckt. Und auch bei der Parteiführung stehen die Zeichen offenbar auf Aussitzen. Sowohl die Präsidentin der Nordsektion der Sozialisten, Tina Koch, als auch ihr Vizepräsident, Jeff Gangler, ließen Anfragen zu den Ermittlungen gegen den Wiltzer Bürgermeister, über deren Details Reporter.lu exklusiv berichtete, unbeantwortet. Stillschweigen herrscht auch eine Etage höher: LSAP-Co-Präsident Dan Biancalana betont auf Nachfrage, die Parteileitung wolle das Ergebnis der laufenden Ermittlungen abwarten, ehe man zu den Vorwürfen Stellung beziehe.

Es ist eine Strategie, die auch der Koalitionspartner im Gemeinderat von Wiltz verfolgt. CSV-Schöffe Patrick Comes verweist ebenfalls auf die laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und betont, dass er nicht mit eigenen Aussagen „virun de Kare sprange wëll“. Etwas deutlicher wird die Nordabgeordnete der CSV, Martine Hansen, im Gespräch mit Reporter.lu: „Die CSV-Parteiführung hat das Gespräch mit den Schöffen in Wiltz gesucht, die der Meinung sind, man solle die Ermittlungen abwarten. Sollten sich die Vorwürfe, die ja auch in der Presse zirkulieren, jedoch erhärten, bin ich der Meinung, dass man nicht bis zu den Wahlen 2023 warten kann, bevor man politische Konsequenzen zieht.“

Zurückhaltender formuliert es indes die DP-Opposition vor Ort. Gemeinderatsmitglied Jean Jacquemart betont im Gespräch mit Reporter.lu, dass man die Ermittlungen abwarten wolle und dann eine „politisch saubere“ Aufarbeitung unterstützen werde. „Ich finde es problematisch, wenn in der Politik Forderungen gestellt werden, ohne dass konkrete Lösungsvorschläge vorliegen“, so der Wiltzer Lokalpolitiker weiter.

Politisch brisante Vorwürfe

Damit bleibt es in Wiltz vorerst bei dem, was bereits die vergangenen Monate prägte, seit die Ermittlungen gegen den Bürgermeister von Wiltz am 12. Februar öffentlich wurden: dem großen Schweigen. Natürlich gilt auch für einen amtierenden Bürgermeister die Unschuldsvermutung. Doch die Vorwürfe der mutmaßlichen Bestechung, der unlauteren Einflussnahme und der Vorteilsannahme im Amt sind zu schwerwiegend, als dass sie politisch zu ignorieren wären.

Zur Erinnerung: Am 18. Mai 2018 brachte der Schöffenrat eine Immobilientransaktion zur Abstimmung im Gemeinderat. Dabei ging es um den Kauf einer Immobilie in Wiltz und den anschließenden Tausch der eben erworbenen Immobilie gegen ein Grundstück in Eschweiler. Der Bürgermeister stimmte sowohl für den Kauf als auch für den Tausch. Problematisch daran: Fränk Arndt besitzt selbst eine Wohnung in dem betreffenden Mehrfamilienhaus, die er aufgrund eines Tauschgeschäfts mit dem Bauträger erhalten hatte. Dies belegen notarielle Urkunden, die Reporter.lu vorliegen.

Der Vorwurf: Der Bürgermeister soll den Gemeinderat nicht von dem Eigeninteresse unterrichtet haben und stimmte über die Transkationen mit ab, obwohl das Gemeindegesetz dies eigentlich untersagt. So hält Artikel 20 jenes Gesetzes fest, dass es jedem Mandatsträger untersagt ist, über Entscheidungen mitzubestimmen, bei denen ein Eigeninteresse vorliegt. Verboten ist dabei sowohl die Beteiligung an Diskussionen im Gemeinderat als auch an einer möglichen Abstimmung.

Die Anschuldigungen gegen den Bürgermeister und ehemaligen LSAP-Abgeordneten sind also keine reine Privatsache, sie betreffen konkrete politische Entscheidungen im Amt. Entscheidungen, die übrigens der Koalitionspartner in Wiltz, die CSV, mitgetragen hatte.

Innenministerium wartet ab

Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft beruhen allerdings nicht auf einem möglichen Verstoß gegen das Gemeindegesetz, sondern auf dem Strafrecht. So lautet der Vorwurf auf Korruption, Vorteilsannahme im Amt und gesetzeswidrige Einflussnahme. Im Visier der Ermittler stehen dabei neben dem Bürgermeister auch eine Immobilienfirma und eine Privatperson.

Zuständig bei Verstößen gegen das Gemeindegesetz ist wiederum das Innenministerium. Und dieses verfügt in solchen Fällen durchaus über weitreichende Befugnisse. Das schärfste Schwert stellt dabei Artikel 63 dar. Dieser sieht im Falle von „Inconduite notoire, de faute ou de négligence grave“ eines Bürgermeisters vor, dass dieser für drei Monate suspendiert oder gar abgesetzt („démis“) werden kann. Davor muss er vom zuständigen Innenminister angehört werden.

Wie das Innenministerium von Taina Bofferding (LSAP) auf Nachfrage von Reporter.lu betont, habe ein Jurist des Ministeriums den Bürgermeister von Wiltz kontaktiert, nachdem die Staatsanwaltschaft ihre Pressemitteilung zu den Ermittlungen veröffentlicht hatte. In dem Gespräch habe Fränk Arndt jedoch keine Stellung zur laufenden Untersuchung bezogen und die ihm zur Last gelegten Vergehen auch nicht eingestanden. Damit seien dem Innenministerium vorerst die Hände gebunden, erklärt eine Sprecherin.

„Weiterhin der Bürgermeister“

Denn Artikel 63 des Gemeindegesetzes könne nur angewandt werden, wenn ein mögliches Fehlverhalten als erwiesen erachtet werden könne, so das Ministerium weiter. Da die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft jedoch dem Ermittlungsgeheimnis unterliegen würden, habe das Innenministerium aktuell auch keinen Zugang zu jenen Dokumenten, die die Ermittler bei einer Hausdurchsuchung im Gemeindehaus beschlagnahmt hätten. Demnach lägen dem Innenministerium zurzeit auch keine Beweise für ein Vergehen vor und es gelte die Unschuldsvermutung.

Deshalb darf Fränk Arndt sein Amt weiterhin vollumfänglich ausüben. Dazu gehört auch das Ausstellen von Baugenehmigungen. „Fränk Arndt ist weiterhin der Bürgermeister der Gemeinde Wiltz und in dieser Funktion auch jene Autorität, die Baugenehmigungen in der Gemeinde ausstellt“, erklärt das Innenministerium schriftlich.

Zugleich betont das Ministerium, dass seit Bekanntwerden der Ermittlungen am 12. Februar lediglich ein Teilbebauungsplan (PAP) der Gemeinde Wiltz genehmigt worden sei und dass darin keine der Firmen involviert gewesen sei, die in den Recherchen von Reporter.lu erwähnt wurden.

Wahlen oder Verfahren

Wie es in der Affäre weitergeht, hängt nun maßgeblich davon ab, wann die Ermittlungen abgeschlossen sein werden und ob es zu einem Verfahren kommt. Sollte Fränk Arndt schuldig gesprochen werden, werde man auch im Innenministerium Konsequenzen ziehen, heißt es. Denn sollte der Bürgermeister in diesem Fall nicht aus eigenen Stücken zurücktreten, werde das Ministerium Artikel 63 geltend machen.

Gleichwohl betont das Innenministerium, dass Artikel 63 bis dato noch kein einziges Mal genutzt wurde, um in Luxemburg einen Bürgermeister abzusetzen, so das Ministerium zum Schluss. Will heißen: In der Praxis sind angeklagte Mandatsträger entweder von sich aus oder auf politischen Druck hin zurückgetreten.

Demnach deutet alles auf ein Spiel auf Zeit hin. Denn da derzeit noch nicht absehbar ist, ob es überhaupt zu einem Verfahren kommt und vor allem wann dies der Fall sein wird, dürfte Fränk Arndt wohl vorerst im Amt bleiben. Da der Lokalpolitiker und ehemalige Abgeordnete jedoch bereits vor den Ermittlungen angekündigt hatte, dass er keine weitere Amtszeit im Gemeinderat von Wiltz anstrebe, bleibt fraglich, was zuerst kommen könnte: ein mögliches Verfahren oder die Gemeindewahlen 2023.


Mehr zum Thema