Ab und zu einen Joint rauchen? Das ist in Luxemburg zwar (noch) illegal, gilt aber ohnehin nicht als dramatisch. Doch vor allem bei Jugendlichen kann Cannabis-Konsum weitreichende Folgen haben. Die richtige Prävention könnte helfen. Sie gibt es aber nur bedingt in Luxemburg.

Wenn Teenager Gras rauchen, soll es entspannen, Spaß machen, vielleicht sogar ein bisschen ablenken. Doch vor allem bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen kann Cannabis mit einem hohen THC-Gehalt auch gesundheitliche Langzeitschäden mit sich bringen.

„Vor allem wenn das Gehirn nicht vollständig entwickelt ist, erhöht sich die Gefahr, irreversible Folgeschäden in Form von Konzentrationsstörungen, Gedächtnisstörungen, drogenindizierten Psychosen oder im schlimmsten Fall Schizophrenien, zu verursachen“, erklärt Bob Zeimet, Sozialpädagoge bei der Croix Rouge.

Cannabis muss nicht süchtig machen. Seine Nebeneffekte – vor allem auf Jugendliche – sind aber nicht zu unterschätzen. „Nicht jeder Teenager, der raucht, wird auch abhängig. Das Risiko, eine Psychose zu entwickeln, ist aber durch den THC-Gehalt deutlich höher“, sagt auch Dr. Claude Bollendorff.

Smartphone, Computer, Alkohol, Cannabis – der Drogeneinstieg beginnt damit, dass Kinder und Jugendliche heute nicht mehr Nein sagen können.“Jean-Nico Pierre, Jugend- an Drogenhellef

Wie Jugendliche mit Cannabis umgehen, hängt auch viel von ihrer persönlichen Situation ab. „Jugendliche sehen sich mit alterstypischen Entwicklungsaufgaben konfrontiert. Bestehen dahingehend Diskrepanzen zwischen ihrem aktuellen Zustand und jenem Wunsch-Zustand, der angestrebt wird, entsteht Entwicklungsstress“, sagt Bob Zeimet.

Jugendliche sollen „Nein“ sagen können

Auch Jean-Nico Pierre von der Jugend- an Drogenhellef ist der Meinung, dass das soziale Umfeld und die Art der Erziehung nicht zu unterschätzen sei. Wer selbstbewusst erzogen wird, könne auch mal Nein sagen, davon ist er überzeugt. Wird Cannabis aber als Selbstmedikamentierung bei Problemen, Sorgen oder Unsicherheiten eingesetzt, ist die Abhängigkeitsgefahr eine höhere.

Wer Probleme in seinem sozialen Umfeld habe, sei diesem Risiko eher ausgesetzt. „Entwickeln Jugendliche eine Abhängigkeit, hat es oft mit dem Umfeld zu Hause zu tun“, so Jean-Nico Pierre. „Es besteht vielleicht ein Problem in der Beziehung zu den Eltern. Oft kommt noch Druck in der Schule hinzu.“

Aber auch den gesellschaftliche Wandel sieht er als Problem an. Heute müsse immer alles verfügbar sein. Auch das sei eine Art Sucht. „Smartphone, Computer, Alkohol, Cannabis – der Drogeneinstieg beginnt damit, dass Kinder und Jugendliche heute nicht mehr Nein sagen können“, so das Urteil des Experten. Ihnen würden keine Grenzen mehr gesetzt werden. Warum sollten sie dann bei einen Joint plötzlich ablehnen?

Qualifikation der Experten verbessern

Um Jugendliche im Umgang mit Drogen und insbesondere Cannabis zu stärken, muss demnach die Prävention verbessert werden. Die Regierung scheint für die Zukunft bereits eine Idee zu haben. Die Einnahmen des Staates durch den Verkauf von Cannabis sollen laut Regierungsprogramm in die Prävention und Sensibilisierung fließen. Soweit die Theorie. Wie die Legalisierung und die dadurch finanzierte Prävention konkret aussehen soll, ist noch alles andere als klar.

Hilfe wäre aber schon jetzt nötig. Oft sei es die Schule, die versuche, die Jugendlichen aufzufangen – Eltern wollen nicht immer wahrhaben, dass ihre Kinder Probleme haben, sagt Bob Zeimet. Und oft werden die Probleme erst erkannt, wenn es zu spät ist. „Das Wichtigste ist deshalb, dass die Multiplikatoren qualifiziert sind, damit Suchtprävention nachhaltig wird.“

Die Sozialpädagogen der Croix Rouge versuchen einen Draht zu den Jugendlichen aufzubauen, Vertrauen zu schaffen – und sie über die Konsequenzen des Cannabis-Konsums aufzuklären. „Haben wir das geschafft, können wir mit den Jugendlichen über ihre Situation sprechen“, erklärt Bob Zeimet. Bei der Croix Rouge bestehe auch die Möglichkeit, die Betroffenen mit Psychologen in Kontakt zu bringen. Denn jeglicher Konsum illegaler Substanzen wird in den Strukturen der Organisation nicht toleriert.

Ähnlich sieht es Jean-Nico Pierre. „Um diese Multiplikatoren aber auszubilden, braucht es Zeit und eine Koordination zwischen den Aktionen der Polizei und der Suchtsozialarbeit. Diese Koordination soll vom Centre de Prévention des Toxicomanies übernommen werden“, fordert er. 30 Psychologen und Sozialarbeiter werden seiner Einschätzung nach für die Primärprevention in Luxemburg benötigt.

Cannabis ist keine Einstiegsdroge, aber…

Überhaupt soll Prävention stärker thematisiert werden. Für Jean-Nico Pierre muss die Schule besser mit eingebunden werden. Ebenso wie das Centre de Prévention des Toxicomanies. Außerdem sei wichtig, wer mit den betroffenen Jugendlichen rede. „Es werden zwar regelmäßig Präventionskurse an Schulen abgehalten. Die Stunden reichen aber eigentlich nicht aus“, so Pierre. Auch die Primärprävention in der Grundschule und den Tagesstätten für Kinder und Jugendlichen müsse in jeder Gemeinde Pflicht werden.

Außerdem dürfe auch nicht unterschätzt werden, wer mit den Betroffenen spricht. „Ein Polizist in Uniform wirkt natürlich ganz anders als beispielsweise ein Psychologe – auch, wenn beide ihren Teil zur Prävention beitragen.“ Er ist sich aber sicher: Nicht Cannabis ist die Einstiegsdroge. Sondern der Fakt, dass Jugendliche nicht mehr Nein sagen können – weder zu Alkohol, Tabak oder Cannabis.