Mit einem Spaziergang durch die Festungsstadt, Fortbildungen und einem Projektaufruf will die Regierung das kulturelle Erbe einem breiteren Publikum zugänglich machen. Besonders für Menschen mit Behinderungen soll das Recht auf Kultur besser gewährleistet werden. 

Festungsstadt Luxemburg: Der Unesco-Rundgang „Luxembourg, vieux quartiers et fortifications“ ist ein Tourismus-Schlager des Großherzogtums. Doch für Menschen mit Behinderungen wurde er bis vor kurzem größtenteils erschwert. Treppen, Steigungen und Mauern, die die Sicht aus einem Rollstuhl versperren: Schon alleine die architektonischen Barrieren machen Kultur und kulturelles Erbe nicht für jeden gleichermaßen zugänglich.

Am Dienstag nun stellte das Kulturministerium Projekte und Initiativen vor, durch die die Auflagen der auch von Luxemburg per Gesetz ratifizierten Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen zumindest ein Stück weit erfüllt werden sollen. „Die Vertragsstaaten anerkennen das Recht von Menschen mit Behinderungen, gleichberechtigt mit anderen am kulturellen Leben teilzunehmen“, heißt es in der Konvention.

Den Zugang zu Orten kultureller Darbietungen sowie zu Denkmälern und Stätten zu ermöglichen, Formate anzupassen und Materialien bereitzustellen ist demnach obligatorisch. „Ein inklusives Kulturangebot auszuarbeiten und anzubieten, ist nicht von der Nachfrage abhängig. Es ist eine Pflicht“, sagte auch Kulturministerin Sam Tanson (Déi Gréng) auf der Pressekonferenz.

Audioguide und Broschüre in leichter Sprache

Die Einrichtung eines „Unesco-Spazierganges für alle“, der zwar nicht an alle Orte und Ecken führt, wie der andere Festungsspaziergang, ist ein erster Schritt in die Richtung eines verstärkten Zugangs zu Kultur und kulturellen Stätten für Menschen mit Behinderungen. In einer dreijährigen Zusammenarbeit mit Vereinen ist dieser Rundgang sowie begleitende Audioguides und eine Broschüre entstanden. Das Besondere: Sowohl der Audioguide, als auch die Broschüre, die die 19 Attraktionen des Rundgangs vorstellen, sind auch in leichter Sprache erhältlich.

„Wir begrüßen die Initiative des Kulturministeriums“, sagt Yannick Breuer. „Wir haben Begehungen gemacht mit Menschen im Rollstuhl“, erzählt er, „die Typographie Luxemburgs ist sehr eigenwillig, schon alleine wegen all der Steigungen“, sagt der Verantwortliche für Barrierefreiheit und Tourismus vom rund 60 Mitglieder zählenden Dachverband „Infohandicap“. Doch Breuer unterstreicht, dass der Zugang zu Kultur und kulturellem Erbe für Menschen mit Behinderung nicht nur an architektonische Barrierefreiheit gekoppelt ist.

Sensibilisierungsarbeit in den Institutionen

„Wir brauchen stärkere Sensibilisierungsarbeit in den Institutionen“, sagt er und führt aus: Kopfhörer für Blinde, Untertitel für Gehörlose, aber auch spezielle, leisere Kinovorführungen zum Beispiel für Menschen mit Autismus-Spektrum-Störungen seien in anderen Städten bereits Usus, hier jedoch noch eine Seltenheit. „Vielen Entscheidungsträgern fehlt es hier noch an Bewusstsein“, sagt Yannick Breuer. „Es gibt sehr viele technische Möglichkeiten, sie werden nur nicht ausgeschöpft, weil die Verantwortlichen oft nicht wissen, dass es sie gibt und dass sie relativ leicht umzusetzen sind.“

Zu diesem Zweck bieten infohandicap und klaro, das Zentrum für leichte Sprache, bereits seit letztem Jahr und nun auch verstärkt Fortbildungen für Verantwortliche in Kultureinrichtungen an. In Zusammenarbeit mit dem Kulturministerium sollen so die Kommunikation, die Programmation und der Empfang an die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen angepasst werden. Die Kurse unterteilen sich in Theoriestunden, praktische Übungen, sowie technische Wissensvermittlung. „Einen gesunden Menschen für einen halben Tag in einen Rollstuhl zu setzen oder ihm die Augen zu verbinden, kann sehr hilfreich sein“, beschreibt Yannick Breuer eine Art der Sensibilisierung.

Projektaufruf an Kulturhäuser

Des Weiteren hat das Kulturministerium einen Projektaufruf gestartet, der sich an Kulturinstitutionen richtet, die spezielle Programme anbieten möchten, um ihr Angebot einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Die Projektvorschläge setzen die Zusammenarbeit mit einem Sozialpartner voraus, um bei der Projektentwicklung die Expertise jener Menschen zu nutzen, die sich in ihrem Alltag mit den Bedürfnissen behinderter Menschen auseinandersetzen. Insgesamt stehen für die Projekte jährlich 40.000 Euro zur Verfügung. Die ersten Projekte können bis zum 25. Juni eingereicht werden. Die zweite Bewerbungsrunde endet am 26. November.

„Es ist schon Einiges geschehen in den letzten Jahren, aber es bleibt noch viel zu tun“, sagt Yannick Breuer abschließend. Ideen hat er viele, sie müssten nur von den Institutionen umgesetzt werden.