Mit Bloggen Geld verdienen? Das geht sogar in Luxemburg. Auch, wenn das Phänomen hierzulande noch nicht weit verbreitet ist und Werbeagenturen lieber auf klassische Marketingstrategien setzen. Wie man es macht, zeigt Influencerin Emilie Higle. Einblick in ein wachsendes Geschäft. 

Eben noch war sie auf der Fashion Week in New York. Jetzt macht sie einen kurzen Zwischenstopp in Luxemburg, dann geht es weiter zu den Schauen in London und Paris geht. Emilie Higles Leben hört sich nach Jet-Set an. Und genau das ist es auch. Sie reist rund um den Globus. Sie schläft jedoch nicht auf der Couch von Bekannten, sondern in schicken Hotels, isst in den besten Restaurants und trägt auf ihren Reisen die angesagteste Kleidung.

Meistens zahlt sie nichts. Im Gegenzug dafür stellt sie ein Bild des Hotels, in dem sie schläft, des Restaurants, in dem sie isst, oder des Looks, den sie trägt, ins Netz. Wer sich davon einen Eindruck machen will, muss nur über ihre Seite „My Little Fashion Diary“ oder ihren Instagram-Account scrollen. 114.000 Menschen wollen täglich sehen, was Emilie Higle so macht.

Die 35-Jährige hat vor gut sechs Jahren als Bloggerin angefangen. Heute ist sie „Influencerin“ und „Public Figure“, wie sie auf ihrem Instagram-Account schreibt. Influencer ist laut Duden jemand, der „in sozialen Netzwerken besonders einflussreich ist und deshalb bevorzugt mit bestimmten Werbebotschaften o.Ä. konfrontiert wird“.

Beim Gedanken an Blogs hält sich hartnäckig das Bild von zahnspangentragenden It-Girls in den Köpfen der Menschen. Dabei hat sich die Szene – vor allem international – längst zu einer eigenen Berufssparte entwickelt. Manche können davon leben, einige wenige sogar sehr gut. So wie Emilie Higle.

Ich kann auf Instagram genau nachverfolgen, wie viele User von meinem Account auf die Seite der Marke klicken.“Influencerin Emilie Higle

600 bis 1.000 Euro pro Foto

In Luxemburg gibt es um die 100 Blogger oder Social-Media-Influencer. Im Vergleich zu anderen Ländern ist die Szene übersichtlich (in Deutschland sind es schätzungsweise 2.500 Blogs) und die gebürtige Französin ist die einzige, die ihren Blog und Social Media hierzulande hauptberuflich führt.

Dafür schmiss sie ihren Job als Kommunikations- und Marketingleiterin hin. „Mein Blog war zunächst nur ein Hobby von mir. Als dann die ersten Angebote für Kooperationen kamen, wurde der Aufwand aber immer größer. So dass ich irgendwann die Entscheidung traf, mich hauptberuflich auf meinen Blog zu konzentrieren“, sagt sie.

Heute arbeitet sie unter anderem mit dem Luxemburger Luxus-Concept-Store „Smets“ zusammen, modelt für das italienische Label „Calzedonia“ und nimmt an Events wie den Modeschauen in Paris, London und New York oder den Filmfestspielen in Cannes teil. Alles gegen Bezahlung.

Im Gegenzug dafür bekommen die Marken Werbung auf Emilie Higles Seite – und werden vielleicht von Menschen gesehen, die sie auf traditionellen Werbeplakaten oder in Fernsehspots gar nicht erreicht hätten. Mit einem Instagram-Post verdient sie im Schnitt zwischen 600 und 1.000 Euro. „Es ist schwer, einen konkreten Preis zu nennen. Der hängt davon ab, was eine Marke will. Soll es nur ein Foto sein oder ein Post und dazu ein paar Instagram-Stories? Je nach Package variieren die Preise.“

Emilie Higle zeigt ihre Welt und ihre Looks auf Instagram. (Screenshot: Instagram)

Influencer-Marketing als Strategie

Es ist ein Geschäft, das sich lohnt. Das zeigt sich auch beim Blick ins Handelsregister. Die Bloggerin hat ihre Firma „My Little Fashion Diary S.à.r.l“ im Jahr 2015 registriert. 2016 konnte sie einen Gewinn von 16.689 Euro verbuchen, im Jahr 2017 waren es sogar 29.183 Euro.

Was die Selfmade-Frau so erfolgreich macht, nennt sich Influencer-Marketing. Dieses Konzept löst zum Teil die klassische Werbung ab. Higle postet Produkte auf ihrer Seite und ihre Follower können diese dort direkt anklicken – und dann kaufen. „Ich kann auf Instagram genau nachverfolgen, wie viele User von meinem Account auf die Seite der Marke klicken“, sagt sie.

Der Vorteil für die Marke: Auch sie sieht, wie viele Produkte über den Weg des Blogs oder Instagram gekauft werden. „Dieses System ist für die Labels viel interessanter als eine klassische Werbung. Weil es viel transparenter ist.“ Die Firmen erhalten klare Zahlen dazu, wie viele Kunden Emilie Higle ihnen auf ihre Seiten gebracht hat.

Delhaize setzt auf Blogger

In Luxemburg ist dieser „Influencer“-Effekt bisher aber nur wenig spürbar. Während im Ausland Werbeagenturen zunehmend mit Bloggern zusammenarbeiten, um Produkte zu vermarkten, ist die Antwort bei Luxemburger Agenturen immer die gleiche: Man arbeite nicht mit Bloggern zusammen – und setze auf klassisches Marketing. Wer sich Seiten von nationalen Influencern anschaut, sieht dennoch, dass sie für Produkte werben. Wo kommen diese dann her?

Die Influencer werden meist von den Firmen direkt kontaktiert. Das erzählt auch Anna Seyser, die als „Anna Roslily“ postet. „Mir schicken vor allem kleine Marken und Designer Produkte, wie Schals, Ohrringe oder Ketten“, sagt sie. Für Posts mit den Sachen wird sie zwar nicht bezahlt, sie darf diese aber behalten.

Die Grundschullehrerin betreibt ihren Blog und ihre Instagram-Seite nur nebenberuflich, bekommt aber regelmäßig Anfragen von Firmen: „Pro Monat kommen etwa zwei Pakete bei mir an.“ Nur mit der Uhrenmarke Swatch habe sie eine Kollaboration, für die sie bezahlt wird. „Eigentlich wollte ich sowas nie machen. Swatch finde ich aber so cool, dass ich mich für sie umentschieden habe“, so Seyser.

Hauptsache bunt: „Das bin zu 100 Prozent ich selbst“, sagt Anna Seyser über ihre Gute-Laune-Looks (Screenshot: Instagram)

Eine Firma, die aktiv mit Bloggern aus Luxemburg zusammenarbeitet, ist die Supermarktkette Delhaize. Mit dem ganz einfachen Ziel, so mehr Menschen zu erreichen. Aus der Presseabteilung der Supermarktkette Delhaize heißt es, man würde mittlerweile Events für Journalisten und Blogger zusammen organisieren. Das funktioniere gut, weil beide Sparten ein unterschiedliches Publikum ansprechen.

Die Blogger-Sphäre in Luxemburg sei aber eine andere als in anderen Ländern, so Karima Ghozzi von Delhaize. Sie sei viel kleiner und man würde nur diejenigen auswählen, die „authentisch“ seien. Außerdem gebe es hierzulande kaum professionelle Blogger – auch das würde die Auswahl eingrenzen. Gezahlt wird auch bei Delhaize nichts. Es gibt eine Einladung, Produkttests und am Ende des abends ein Goodie-Bag.

Bloggerin Carmen Baustert, die die Facebook-Gruppe „Blogger_LU“ ins Leben gerufen hat, erklärt, dass die meisten Kooperationen in Luxemburg unbezahlt seien, dass die Influencer aber sowohl mit nationalen als auch mit internationalen Marken zusammen arbeiten würden.

„Es ist ein Geben und Nehmen“

Wie diese Kooperationen aussehen, zeigen vor allem Luxemburger Start-ups und junge Marken. Sie verzichten auf große, klassische Marketingkampagnen und kümmern sich lieber selbst um die Vermarktung ihrer Produkte. Mit Hilfe von Bloggern, bekannten Gesichtern, Freunden.

So wie „Fox Drinks“. Die Gründer der Marke arbeiten oft mit Freunden zusammen. Sie posieren für Instagram-Kampagnen, nehmen an Events teil – und posten darüber auf ihren Social-Media-Kanälen – natürlich.  Als Dankeschön gibt es zwar keine Gage, sondern ein Sixpack Bier. „Es ist quasi ein Geben und Nehmen“, sagt Pierre Beck, Mitgründer von Fox Drinks. Man unterstütze sich gegenseitig – und die Vermarktung über Social Media laufe gut.

Ähnlich macht es die Modemarke „Voltage“. Erst kürzlich hat das Label über Instagram einen Aufruf gestartet. Junge Frauen sollen sich melden, wenn sie Lust an einem Shooting haben. Das Ziel der Marke: Möglichst unterschiedliche Gesichter sollen mit der Marke in Verbindung gebracht werden.

Wer als Influencer erfolgreich sein will, muss seine eigene digitale Strategie entwickeln und sich bewusst werden, welches Bild er nach außen hin vermarkten will.“Emily Higle

Doch nicht jeder nimmt diese Art von Marketing ernst. Vielleicht auch deshalb, weil es oft Laien sind, die in den Bereich von Profis eindringen – und den Fachmännern Konkurrenz machen. Emilie Higle schätzt ihre Arbeit ganz anders ein: „Sie ähnelt der einer Moderedakteurin. Die Leute kommen auf meine Seite, um sich inspirieren zu lassen und um sich neue Looks anzusehen“, so die Influencerin. „Nur wer Content liefert, der zu einem selbst passt, ist erfolgreich.“

Wie eine Empfehlung eines Idols

Der Effekt von Social-Media-Kanälen als Werbeplattform: Es wird eine direkte Nähe zwischen dem Influencer und dem Follower erzeugt. Die Werbung, die hier gemacht wird, sieht nämlich meist nicht nach Werbung aus. Sie wirkt eher wie eine Empfehlung, die man von einem Idol oder Vorbild bekommt.

Diese Strategie verfolgt auch Emilie Higle. Sie zeigt sich auf Instagram mit den neuen Luxus-Pumps und will von ihren Followern wissen: „What’s your favorite pair of shoes this season?“ Auf einem anderen Bild trägt sie eine angesagte Haarspange der Marke Gucci und schreibt dazu die Zeilen: „Life goes by in a blink of an eye. So live it.“

Die Follower werden direkt angesprochen und in ihre Traumwelt mit einbezogen. Ihnen wird ein Gefühl von Nähe und Zugehörigkeit vermittelt. Sie können teilhaben an Emilie Higles Luxus-Kosmos. Und von ihr lassen sie sich deshalb vielleicht eher etwas empfehlen als von einer unpersönlichen Werbung.

Und diese Strategie geht auf. Für Emilie Higle läuft sie so gut, dass mittlerweile eine persönliche Assistentin und ein Fotograf für sie arbeiten. Selfies findet man auf ihrer Seite so gut wie nie. Alles ist professionell aufgezogen, die Fotos haben einen einheitlichen Stil, die Marken, die sie präsentiert, sind so gut wie immer Luxusmarken.

Das ist ihr Konzept – und das zieht sie konsequent durch. „Es ist wichtig, seine eigene Nische zu finden“, sagt Emilie Higle. „Wer als Influencer erfolgreich sein will, muss seine eigene digitale Strategie entwickeln und sich bewusst werden, welches Bild er nach außen hin vermarkten will. Die Marken wollen mit einem Blick auf die Instagram-Seite oder den Blog genau wissen, was sie erwartet.“