In den USA längst Normalität, in Luxemburg noch ein Randphänomen: Heimunterricht ist hierzulande zwar erlaubt, aber noch nicht wirklich bekannt. Was den „Homeschoolern“ fehlt, ist vor allem ein konkreter gesetzlicher Rahmen.
Seit 1912 ist gesetzlich festgehalten, dass in Luxemburg Eltern ihre Kinder zu Hause unterrichten können. Damit gehört das Großherzogtum zu den Ländern, die das sogenannte „Homeschooling“ schon recht früh erlaubt haben. In einem überarbeiteten Gesetz vom 6. Februar 2009 zur Schulpflicht wurde dieser Punkt wieder übernommen.
Genaue Zahlen dazu, wie viele Kinder in Luxemburg von ihren Eltern unterrichtet werden, gibt es allerdings nicht. Die Zahl der Heimschüler kann schon alleine dadurch stark schwanken, weil viele Expats ihre Kinder zu Hause unterrichten, statt sie in eine Luxemburger Schule zu schicken. Da sie häufig nur einen begrenzten Zeitraum im Großherzogtum leben, können die Zahlen zu den Heimschülern von Monat zu Monat schwanken.
Aus einer parlamentarischen Antwort von Bildungsminister Claude Meisch aus dem Jahr 2016 lässt sich aber ableiten, dass die Zahl in den vergangenen Jahren angestiegen ist. 2015 waren es 37 Schüler, 2016 stieg die Zahl auf 56 und im Jahr 2017 wurden 70 Homeschooler gezählt. Die Zahlen für das laufende Schuljahr würden erst im ersten Trimester 2019 bekannt gegeben, heißt es aus dem Bildungsministerium.
Vorteile für Expats
Homeschooling hat vor allem für Expats eine Reihe Vorteile: Nicht nur kennen viele von ihnen das System bereits aus ihrem Heimatland (in den USA und in Großbritannien ist Heimunterricht eine gängige Methode). Sie können ihr Kind zu Hause auch in ihrer Muttersprache unterrichten. So muss das Kind nicht kurzfristig in das mehrsprachige Luxemburger Schulsystem eingegliedert werden.
„Es ist aber nicht nur das“, erklärt Katy Zago von der Association Luxembourgeoise pour la Liberté d’Instruction (ALLI). „Viele dieser Familien finden in Luxemburg gar keinen Platz für ihr Kind in der internationalen Schule. Ihnen bleibt also oft nichts anderes übrig, als ihr Kind zu Hause zu unterrichten.“ Der Zuwachs an Expats sei so groß, dass die Strukturen bei Weitem nicht ausreichen würden.
Es gibt demnach zwei Arten von „Homeschooling“-Familien. Diejenigen, die nur kurze Zeit hierzulande leben. Und diejenigen, die es aus Überzeugung machen.
Es fehlt ein Gesetz
Wo und wie Eltern die Kurse abhalten, ist ihnen selbst überlassen. Sie können sich an nationale und internationale Lehrpläne halten (wie die des anerkannten französischen Centre National d’Enseignement à Distance) oder sich ihre eigenen Lernmethoden überlegen.
Die Eltern sind frei, den Unterricht nach den Wünschen und Bedürfnissen des Kindes zu gestalten. Nur zweimal im Jahr muss sich das Kind einem Gespräch mit dem zuständigen Direktor stellen und seine Kompetenzen unter Beweis stellen. Diese müssen den Kompetenzen des Rahmenlehrplans entsprechen.
Viele Regeln gibt es beim Homeschooling demnach nicht zu beachten. Allgemein ist die Gesetzeslage recht vage gehalten. Familien, die die Option des Hausunterrichts für Kinder zwischen vier und zwölf Jahren in Anspruch nehmen wollen, müssen lediglich einen begründeten Antrag an den zuständigen Regionaldirektor schicken und die Gemeinde informieren.
Für Jugendliche ab zwölf Jahren gibt es für Homeschooling keine rechtliche Grundlage. Aus dem Ministerium heißt es, dass alle Anfragen zum Hausunterricht ans Bildungsministerium gerichtet werden müssen. „Wenn das Ministerium dem Antrag zustimmt, wird der Rektor der Schule, die sich im Einzugsgebiet des Schülers befindet, mit der pädagogischen Kontrolle beauftragt“, heißt es weiter.
Neue Regeln sollen kommen
Die schwammige Gesetzeslage soll aber bald der Vergangenheit angehören. Eine Reform des aktuellen Gesetzes ist in Planung. Wie es in der Zeitschrift „Forum“ heißt, soll die Reform „die formalen Zulassungsformen, die Form der Kontrolle sowie die Regelung der Lehrinhalte“ betreffen.
Unter anderem soll der Lehrplan für die Kinder „kohärenter“ werden und die Kontrolle nicht mehr die Regionaldirektoren übernehmen, sondern im Bildungsministerium „zentralisiert werden“. So wolle man regionale Unterschiede bei den Bewertungen aus dem Weg zu räumen. Außerdem sollen laut „Forum“ Lehrpläne entwickelt werden, die auch anderen oder alternativen Auffassungen von Erziehung Rechnung tragen.
Am Text sei schon konkret gearbeitet worden, heißt es aus dem Bildungsministerium. In den ersten Monaten der neuen Legislaturperiode soll er dann auf den Instanzenweg gehen.