In Luxemburg arbeiten mehr als 100 Gynäkologen. Aber nur einer beim Planning Familial. Die Beratungsstelle sucht händeringend nach Verstärkung. Das Rekrutierungsproblem wirkt sich nicht zuletzt auf die Praxis des Schwangerschaftsabbruchs aus.

„Ob und wann wir jemanden finden werden, ist reine Glückssache“, sagt Catherine Chéry. Die Leiterin des Planning Familial versucht zuversichtlich zu bleiben. Dabei sucht sie seit gut einem Jahr nach Verstärkung für ihr Team. Gesucht wird ein Frauenarzt. Aktuell arbeitet nur eine Medizinerin für Frauenheilkunde für die Beratungsstelle. Und das nicht in Vollzeit, sondern lediglich 30 Stunden pro Woche.

„Die Frauen und Paare kommen zu uns, um Unterstützung und Beratung zu bekommen. Wenn wir aber unterbesetzt sind, können wir diese Unterstützung nicht mehr gewährleisten“, sagt Catherine Chéry. Die Konsequenz des Ärztemangels: Die Patienten müssen warten. Auf die Beratung, auf wichtige Informationen, möglicherweise sogar auf einen Schwangerschaftsabbruch. Und gerade dafür bleibt nicht viel Zeit.

„Wenn unsere Ärztin nicht da ist, geht den Schwangeren wichtige Zeit verloren“, warnt Catherine Chéry. „Vor allem deshalb, weil bei einem Schwangerschaftsabbruch der erste Ultraschall laut Gesetz nur von einem Frauenarzt gemacht werden darf. Die Frau ist auf einen Gynäkologen angewiesen. Ist unsere Frauenärztin aber nicht da, muss die Schwangere warten – oder zu einem anderen Gynäkologen.“ Abtreibungen sind in Luxemburg bis zur 12. Woche straffrei, beziehungsweise bis zur 14. Woche nach der letzten Regelblutung. Innerhalb dieses Zeitfensters muss die Prozedur stattfinden.

Besonderes Profil gesucht

Catherine Chéry weiß, dass die ausgeschriebene Stelle nicht unbedingt für jeden Frauenarzt infrage kommt. Vor allem nicht für junge Ärzte, die erst ins Berufsleben starten. Das grenzt die Suche ein. „Der Alltag bei uns ist ein anderer als in einer klassischen Praxis oder in einem Krankenhaus“, erklärt sie. „Ein junger Arzt will das, was er an der Universität gelernt hat, auch umsetzen. Er will Kinder auf die Welt bringen, operieren, eine Schwangerschaft begleiteten“, so Chéry. All das bietet das Planning Familial nicht an.

Dagegen wird der Bereich der Prävention und der Information groß geschrieben. Der Kandidat muss zudem die Frauen betreuen, die sich einen Schwangerschaftsabbruch wünschen. In einer Privatpraxis könnte er diesen Wunsch laut Gesetz ablehnen. „Man muss sich darüber im Klaren sein, dass das ein Teil unserer Aufgabe ist“, sagt Chéry. „Wir wollen den Frauen die Wahl lassen – sowohl für als auch gegen ein Kind.“

Keine Antwort vom „Formateur“

Chéry glaubt, dass die Stelle vor allem für diejenigen interessant sind, die am Ende ihrer Karriere eine neue Herausforderung suchen und Privat- und Berufsleben flexibler gestalten wollen. „Wir suchen nicht unbedingt jemanden, der Vollzeit für uns arbeitet. Der Arzt muss sich allerdings bewusst sein, dass er auch weniger verdient, als wenn er als freischaffender Mediziner tätig ist“, so Chéry.

Auch das ist ein Problem bei der Suche. Das Planning Familial ist eine gemeinnützige Organisation, die zu fast ausschließlich vom Gesundheitsministerium finanziert wird. Der Arzt, der eingestellt wird, bekommt das Gehalt eines Mediziners, der für den Staat arbeitet. „Natürlich ist das auch ein Hindernis beim Rekrutierungsprozess“, so Chéry. Spielraum sei ihr hier nur bedingt gegeben.

Das Planning Familial hat sich mit ihrem Rekrutierungsproblem auch an den „Formateur“ der neuen blau-rot-grünen Regierung gewendet. In einem Schreiben vom 5. November 2018 machten die Verantwortlichen der Vereinigung darauf aufmerksam, dass sie nach Verstärkung suchen und, dass der Ärztemangel Konsequenzen für die auf Beratung angewiesenen Kunden hat. „Bis heute haben wir dazu aber kein Feedback erhalten“, so Catherine Chéry.