Reduzierung der sozialen Kontakte, Ausweitung der Maskenpflicht, nächtliche Ausgangssperre: Die Regierung kündigt neue Schritte zur Eindämmung der neuen Corona-Infektionswelle an. Parlament und Staatsrat sollen schnellst möglich handeln, damit die Maßnahmen in Kraft treten können.
Die heutige Lage sei eine völlig andere als noch in der vergangenen Woche, sagte Xavier Bettel (DP) am Freitagnachmittag vor der Presse. Die Infektionszahlen steigen weiter an und auch die Krankenhäuser wappnen sich längst für einen rasanten Anstieg von Covid-19-Patienten. Wie Reporter.lu am Donnerstag berichtete, haben bereits mehrere Kliniken faktisch die sogenannte « Phase 3 » eingeleitet, wonach stationäre Aktivitäten reduziert werden, um die zunehmende Behandlung von Covid-19-Patienten sicherzustellen.
Laut dem Premierminister seien zusätzliche restriktive Maßnahmen unausweichlich, um die neue Infektionswelle einzudämmen. Die Regierung will demnach die Anzahl der Personen, die man zu Hause einladen kann und mit denen man in einer Gaststätte an einem Tisch sitzen darf, von zehn auf vier verringern. Ebenso soll die Maskenpflicht ausgeweitet werden. Sowohl im Innenbereich als auch im Freien muss demnach bei Zusammenkünften von mehr als vier Personen eine Atemschutzmaske getragen werden. Bei öffentlichen Veranstaltungen, bei denen mehr als zehn Personen anwesend sind, gilt zudem die Pflicht der Einhaltung des Mindestabstands von zwei Metern.
Eine weitere Maßnahme betrifft die Einführung einer nächtlichen Ausgangssperre. Zwischen 23.00 und 6.00 Uhr darf man sich nicht mehr in der Öffentlichkeit aufhalten. Ausnahmen sollen nur für bestimmte Situationen gelten, etwa Berufstätige in der Nachtschicht, Urlaubsrückkehrer oder Menschen, die in einem gewissen Perimeter von Zuhause ein Haustier spazieren führen.
Eine « neue Faktenlage »
Die Regierung sei sich bewusst, welchen Einschnitt diese Maßnahmen für die Freiheit der Bürger bedeuten, sagte Xavier Bettel am Freitag. Eine « neue Faktenlage » habe die Regierung jedoch zu dieser Entscheidung geführt. Dazu gehört der Anstieg des Altersdurchschnitts der mit dem Coronavirus infizierten Menschen. Ebenso bereite der Regierung Sorge, dass in mehreren Krankenhäusern und Pflegeheimen Infektionscluster ausgemacht wurden. Genauso wie beim Ausbruch der Corona-Pandemie im März gelte es, die medizinischen Einrichtungen zu entlasten, erklärte Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP). Das könne man letztlich nur, wenn man die Infektionszahlen in den Griff bekomme.
Entscheidend sei auch die Analyse der Kläranlagen gewesen. Im Abwasser lassen sich Spuren des Coronavirus Sars-CoV-2 nachweisen. Laut Paulette Lenert habe man hier in den vergangenen Tagen eine « Vervierfachung » der Werte festgestellt. Das Virus habe sich wieder landesweit verbreitet, so die Ministerin. Die Abwasseranalysen würden zudem darauf hindeuten, dass es eine hohe Dunkelziffer an Infektionen gebe. Deshalb habe man als Regierung « keine andere Wahl », als zu handeln.
Auf die Frage, ob man nicht schon früher hätte handeln müssen, betonte Lenert, dass die Lage sich erst in den vergangenen drei Tagen zugespitzt habe. Wenn die Regierung eine Gesetzesänderung anstrebt, dann muss diese auf soliden Fakten beruhen. Diese veränderten Fakten würden erst jetzt auf dem Tisch liegen und vor einer Woche noch nicht, so die Ministerin.
Parlament muss zustimmen
Die angekündigten Maßnahmen sollen vorerst für einen Zeitraum von einem Monat gelten. Allerdings erst ab dem Moment, wenn das Parlament eine Änderung der Gesetzgebung verabschiedet hat. Über das Wochenende will die Regierung den Gesetzvorschlag erst ausarbeiten. Am Montag soll dann das Kabinett zusammen kommen, für nachmittags ist auch schon eine Sitzung des Gesundheitsausschusses des Parlaments geplant.
Erst nach einem Gutachten des Staatsrats und der Verabschiedung durch die Abgeordnetenkammer können die am Freitag angekündigten Maßnahmen in Kraft treten. Und erst ab dann beginne die genannte Geltungsdauer von einem Monat, präzisierte der Premier auf Nachfrage. Realistisch gesehen können die Anpassungen an den Covid-Gesetzen laut Bettel erst « Mitte bis Ende nächster Woche » rechtskräftig werden. Allerdings richtete der Regierungschef bereits am Freitag den eindringlichen Appell an die Bürger, dass sie sich schon ab sofort an die neuen Auflagen halten sollten.
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