In sieben Jahren soll alles anders sein. Das wünscht sich Gesundheitsminister Etienne Schneider für Luxemburgs Krankenhäuser. Die Infrastrukturen sollen die besten in ganz Europa werden. Dafür braucht es aber mehr als neue Gebäude und innovative Geräte. Ein Kommentar.
Es ist noch gar nicht so lange her, da griff Etienne Schneider noch nach den Sternen. Als er als Wirtschaftsminister 2016 die Space-Resources-Initiative ins Leben gerufen hat, war das Journalisten weltweit eine Erwähnung wert. Niemand konnte sich wirklich etwas darunter vorstellen – darüber berichtet wurde trotzdem. Es hörte sich innovativ und bahnbrechend an. Schneider konnte punkten – auch international. Das Magazin « Politico » taufte ihn im Jahr 2018 sogar « The Space Miner ».
Jetzt ist Schneider nicht mehr nur « Space Miner », sondern auch Gesundheitsminister. Und als solcher will er noch einmal versuchen, Luxemburg groß rauszubringen. Das Land soll « die modernsten Krankenhausinfrastrukturen in ganz Europa » bekommen, ein Pionier und Vorbild der modernen Krankenhausmedizin werden. In sieben Jahren soll es so weit sein, sagt Schneider. Das hört sich fast nach einem Versprechen an. Nach den Sternen wird jetzt die Gesundheit in Angriff genommen.
Die Krankenhäuser sollen eine Frischzellenkur verpasst bekommen und in sieben Jahren jünger, besser und moderner als alle anderen sein. Vieles wurde von seinen Vorgängern angegangen, er müsse die Projekte nur noch vorantreiben, so der Minister. Das große Problem dabei: Nur innovative Infrastrukturen reichen für ein besseres Krankenhaussystem längst nicht aus.
Viel Platz für mehr Ärzte
Es braucht auch Menschen, die dort arbeiten. Welche, die mit den neuen Strukturen und Geräten umgehen können. Es braucht Ärzte. Gut ausgebildete und viele Ärzte. In Luxemburg sind sie aber Mangelware. Auf 1.000 Einwohner kommen etwa 2,35 Mediziner. Das sind zu wenige. Und von denen, die es noch gibt, steuern viele mit großen Schritten auf ihre Rente zu. Luxemburg gehen die Ärzte aus – da können moderne Infrastrukturen nur wenig helfen.
Der nationale Mediziner-Nachwuchs lässt auf sich warten. Ihn innerhalb von sieben Jahren aufzustocken, wäre utopisch. Es müssen also auch Ärzte aus dem Ausland kommen. Nur mit ihrer Hilfe kann das Land das „modernste“ sein. Nur mit mehr Personal lässt sich besser planen und betreuen. Mit modernen Strukturen mag man diese Ärzte zwar vielleicht anlocken können, doch auch die Abläufe hinter den Kulissen müssen funktionieren, wenn man junge Talente auf Dauer halten will.
Und die funktionieren noch lange nicht. Denn größere Infrastrukturen lassen das Klagelied der Ärzte und Krankenhaus-Vertreter über viel Bürokratie, Hierarchien und die Großorganisation der Krankenhäuser sicherlich nicht kleiner werden. Ganz im Gegenteil.
Groß ist nicht immer besser
Eine adäquate und bessere Betreuung ist dann womöglich in kleineren Strukturen einfacher und effizienter. Patienten sind zufrieden, wenn ihnen der Zugang zur Medizin und zur richtigen Behandlung vereinfacht wird. Wenn die Betreuung stimmt, rückt die innovative Hülle in den Hintergrund.
In großen, schwerfälligen Infrastrukturen ist das aber nur selten der Fall. Ambulante Behandlungen in Privatpraxen könnten eine schnelle und effiziente Lösung sein. Moderne Medizin geht eben nicht mehr nur im Krankenhaus. Wenn ambulante Eingriffe schnell und minimalinvasiv in Privatpraxen vorgenommen werden, muss der Patient erst gar nicht mehr ins Krankenhaus. Das ist dann nur noch für schwer Erkrankte gedacht – so wie es eigentlich sein sollte.
Etienne Schneider sagte in einem Fernsehinterview, dass Luxemburgs Krankenhausinfrastrukturen momentan « noch eine Durststrecke » durchlebten. Bis sie die « modernsten in ganz Europa » sind, sei es noch ein weiter Weg. Fraglich ist, ob er innerhalb von fünf (eventuell sieben) Jahren so große Sprünge machen kann.
Fest steht aber, dass ein Minister, der buchstäblich nach den Sternen greift und sich vor ein paar Monaten schon auf dem Weg nach Brüssel sah, sich jetzt mit den nüchternen Sorgen des luxemburgischen Gesundheitssystems auseinandersetzen muss. Ob « Space Mining » oder die Revolution im Krankenhauswesen. Großen Visionen müssen erst einmal große Taten folgen.