Im Finanzsektor sind die Regeln in Sachen Whistleblower am fortgeschrittensten. Eine Besonderheit in Luxemburg ist, dass Hinweisgeber sich direkt an die Aufsichtsbehörde CSSF wenden können. Doch es bleibt eine Frage des Vertrauens.

Im September 2014 setzte die Finanzaufsichtsbehörde CSSF eine Prozedur für Whistleblower ein. Seitdem gibt es ein entsprechendes Onlineformular, eine E-Mail-Adresse (whistleblowing@cssf.lu) und eine Telefonnummer (erreichbar während den Bürozeiten), um Hinweise entgegen nehmen zu können.

Insgesamt 94 Personen haben sich zwischen Ende 2014 und heute bei der Behörde mit Hinweisen gemeldet, erklärt CSSF-Generalsekretärin Danièle Berna-Ost auf Nachfrage von REPORTER. Es geht dabei vor allem um Verstöße von Banken und Investitionsfirmen gegen Aufsichtsregeln. Aber grundsätzlich sind alle Aktivitäten des Finanzsektors betroffen, die von der CSSF kontrolliert werden, so Berna-Ost. Das reicht von Finanzdienstleistern (PSF) über Zahlungsdienste bis zu allen Formen von Investmentsfonds. Für Banken ab einer gewissen Größe ist die Europäische Zentralbank zuständig.

Die Hinweisgeber haben Vertrauen in die CSSF.“Generalsekretärin Danièle Berna-Ost

Whistleblower können sich sowohl mit erwiesenen als auch mit potentiellen Verstößen an die CSSF wenden, heißt es im Artikel 58.1 des Gesetzes zum Finanzsektor. Es sei nicht die Aufgabe oder Pflicht der Hinweisgeber, zu prüfen, welche Art von Verstoß vorliegt, erklärt die CSSF-Generalsekretärin.

40 Prozent der Fälle betreffen strafrechtliche Verstöße

Ein Drittel der Hinweise sei sehr hilfreich für die CSSF gewesen, erklärt Danièle Berna-Ost. In 40 Prozent der Fälle ging es zudem um mögliche Verstöße gegen das Strafrecht. Es gab in der Folge auch Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft, so die Generalsekretärin. Knapp die Hälfte der Hinweise kam von Mitarbeitern der betroffenen Finanzinstitute. Der Rest stammte von Aktionären, Kunden oder Geschäftspartnern.

Historisch gesehen hatte die CSSF auch das Mandat, den Ruf des Finanzplatzes zu schützen.“Yann Baden

Die Möglichkeit zum Whistleblowing sei noch recht neu, sagt Danièle Berna-Ost. Nach einer Anlaufphase seien die Zahlen für 2016 und 2017 konstant. Klar sei aber: „Die Hinweisgeber haben Vertrauen in die CSSF.“ Rund drei Viertel der Personen geben den Namen des betroffenen Unternehmens an. Der CSSF ist die Identität der Hinweisgeber bekannt. Bevor die Behörde jedoch deren Namen etwa an die Staatsanwaltschaft weitergibt, wird die betroffene Person gefragt.

Die Vertraulichkeit sei gesichert, betont Berna-Ost. Es fällt allerdings auf, dass etwa die deutsche Aufsichtsbehörde Bafin ein deutlich aufwendigeres System nutzt. So können Hinweisgeber mit der Bafin kommunizieren und gleichzeitig durch Verschlüsselungstechnik ihre Anonymität wahren. Die Behörde kann auf dem gleichen Weg auch in Kontakt bleiben.

Es gebe weiterhin Vorbehalte gegenüber der CSSF, meint dagegen Yann Baden, Präsident von StopCorrupt. Das System der CSSF funktioniere zwar. Aber: „Historisch gesehen hatte die CSSF auch das Mandat, den Ruf des Finanzplatzes zu schützen“, meint Baden. Das könne zu einem beschränkten Blickwinkel auf bestimmte Geschehnisse führen, so der Anwalt.

Strikte Geheimhaltungspflicht in der Finanzbranche

Die Unternehmen des Finanzsektors müssen ihren Mitarbeitern ermöglichen, sich an die CSSF zu wenden. Sie müssen aber auch interne Meldesysteme einrichten, erklärt Catherine Bourin von der Bankenvereinigung ABBL. In den letzten Jahren haben sich die Texte vermehrt, die eine solche Verpflichtung enthalten. Das reicht von der Eigenkapitalrichtlinie (CRD IV) über das Gesetz gegen Marktmissbrauch bis zum Gesetz vom 13. Februar 2018 gegen Geldwäsche.

Wie die Unternehmen das umsetzen, ist nicht vorgegeben, erklärt Catherine Bourin. Meist laufen die Systeme über das Intranet und die Compliance-Abteilung bearbeitet die Hinweise. Außerhalb der Banken, Fonds und Unternehmensdienstleister sind Unternehmen bisher nicht verpflichtet, betriebsinterne Möglichkeiten zum Whistleblowing einzurichten. Mit einem Richtlinienvorschlag der EU-Kommission könnte sich das ändern.

Was nach internen Meldungen passiert, hänge von der jeweiligen Bank, meint Yann Baden: « Die einen werden der Sache auf den Grund gehen, andere werden die Hinweise unter den Tisch fallen lassen. »

Ein Problem ist dabei die sehr strikte Geheimhaltungspflicht in der Finanzbranche, erklärt Baden, dessen Verein StopCorrupt potentielle Whistleblower berät. Komme etwa ein Bankmitarbeiter aufgrund eines Verdachts von Geldwäsche zu ihnen, könnten sie ihn höchstens allgemein beraten, aber nicht die Dokumente sichten ohne sich strafbar zu machen, erklärt Baden. Das Bankgeheimnis lebt weiter.