Die Asylverfahren dauern in Luxemburg viel kürzer als noch vor ein paar Jahren. Das belegen bisher unveröffentlichte Statistiken. Organisationen, die Asylbewerber betreuen, begrüßen den positiven Trend, fordern aber weitere Verbesserungen.
Vor zwei Wochen brachte die Plattform „Ronnen Desch“ ihren Unmut zum Ausdruck. „Die Ausnahmen neigen dazu zur Regel zu werden“, heißt es in einem Schreiben an die Verhandlungsdelegationen von DP, LSAP und Déi Gréng. Die Plattform bemängelt, dass die Behörden die gesetzlich vorgeschriebene Frist für Asylanträge „nur selten“ respektieren würden. Auch der Luxemburger Flüchtlingsrat (LFR) hat die zukünftige Regierung aufgefordert, die vorgeschriebenen Fristen „genau zu respektieren“.
Der Hintergrund: Seit Anfang 2016 sollen Asylbewerber spätestens sechs Monate nachdem sie ihren Antrag eingereicht haben, eine Antwort erhalten – so ist es im Gesetz vorgesehen. In Ausnahmefällen darf diese Frist auf 21 Monate ausgeweitet werden.
Neue Zahlen der Einwanderungsbehörde zeigen: Bei den allermeisten Anträgen, die 2017 eingereicht wurden, hielten die Behörden die gesetzliche Regelfrist ein.
Maximal sechs Monate sind die Regel
67,9 Prozent der 2.315 Asylbewerber, also mehr als zwei Drittel, erhielten demnach spätestens sechs Monate nach Einreichen ihres Antrags eine Antwort. 25,6 Prozent der im vergangenen Jahr eingereichten Anträge wurden zwischen dem sechsten und dem elften Monat beantwortet. 111 Personen bzw. 4,8 Prozent warten noch immer auf eine Antwort.
Damit bestätigt sich eine Tendenz: Die durchschnittliche Dauer der Asylverfahren ist in den vergangenen drei Jahren deutlich kürzer geworden. 2015, auf dem Höhepunkt der jüngsten „Flüchtlingskrise“, mussten Asylbewerber im Schnitt noch 21 Monate auf eine Entscheidung der Behörde warten. Für die 2017 eingereichten Anträge beträgt die durchschnittliche Bearbeitungsdauer laut offizieller Stelle bis jetzt drei Monate.
Es gibt immer noch viele Anträge, die länger brauchen als sechs Monate. Marc Piron, Sprecher des Luxemburger Flüchtlingsrats (LFR)
„Unter der blau-rot-grünen Regierung hat es in den letzten Jahren tatsächlich Fortschritte gegeben“, sagt der Sprecher des LFR, Marc Piron. Die Prozeduren seien wesentlich kürzer geworden. Und auch die Aufnahme und Unterbringung der Asylbewerber klappe jetzt besser als noch vor einigen Jahren. Er sieht aber nach wie vor „Luft nach oben“.
„Es gibt immer noch viele Anträge, die länger brauchen als sechs Monate. Das erleben wir im Rahmen unserer täglichen Arbeit“, so der LFR-Sprecher. Die Einwanderungsbehörde verweist auf „verschiedene Gründe“, um zu erklären, dass die vorgegebene Zeitspanne nicht immer eingehalten wird. So sei es nicht immer möglich, die Echtheit der eingereichten Dokumente rechtzeitig zu überprüfen. Außerdem seien manchmal zusätzliche Sprachtests nötig, um die Herkunft betroffener Personen zweifelsfrei festzustellen.
Gesetzliche Fristen sind nicht einklagbar
„Ich hatte rezent einen Klienten, der dreieinhalb Jahre warten musste, bis er den Flüchtlingsstatus erhielt“, erzählt der Anwalt Frank Wies, der seit fast 20 Jahren Asylbewerber betreut. Ein Experte aus Deutschland hatte festgestellt, dass der Mann gar nicht aus Syrien, sondern aus Algerien stamme. „Doch dann stellte sich heraus, dass der Gutachter sich geirrt hatte“, so Wies: „Er hatte nämlich den arabischen Akzent des Übersetzers analysiert und nicht den meines Klienten.“ Das Verfahren verzögerte sich in der Folge, weil zwei zusätzliche Gutachten beantragt wurden.
Das Gesetz sieht zwar seit 2016 Fristen vor, es gibt für die Betroffenen aber keine Möglichkeit diese vor Gericht einzuklagen.“ Frank Wies, Anwalt
Solche „Extremfälle“ seien mittlerweile selten, betont der Anwalt. Fest steht jedoch, dass die gesetzlich festgeschriebene Maximalfrist von 21 Monaten weiterhin nicht in allen Fällen respektiert wird. Die Einwanderungsbehörde teilte REPORTER auf Nachfrage mit, dass zurzeit 13 Anträge in Bearbeitung seien, bei denen diese Maximalfrist überschritten wurde.
Drohen der Behörde hier also rechtliche Konsequenzen? „Nein“, sagt Frank Wies: „Das Gesetz sieht zwar seit 2016 Fristen vor, es gibt für die Betroffenen aber keine Möglichkeit diese vor Gericht einzuklagen.“ Das gilt sowohl für die erste Frist von sechs Monaten als auch für die 21-monatige Ausnahmefrist. Von der Einwanderungsbehörde heißt es, die 13 erwähnten Anträge würden „intensiv bearbeitet“, um sie „schnellstmöglich abzuschließen“.