Zerstörte Dächer, kaputte Fenster, beschädigte Autos: Der Tornado, der am Freitag über den Südwesten des Landes zog, hat großen Schaden hinterlassen. Regierung, Gemeinden und Versicherungen haben Hilfe versprochen. Doch in manchen Fällen könnte die Finanzierung schwierig werden.

19 Verletzte, davon zwei schwer, 314 beschädigte Häuser, hinzu kommen kaputte Autos, Möbel, persönliche Gegenstände, Gartenanlagen. Häuser müssen repariert, Autos ersetzt, Material aufgefrischt werden. Es braucht schnelle Hilfe, damit die Menschen nach dem Tornado vom vergangenen Freitag wortwörtlich wieder ein Dach über dem Kopf haben.

Luxemburgs Versicherungsagenturen reagierten prompt und sprachen bereits am Samstag die erhoffte Hilfe zu. „Die Versicherer erinnern daran, dass sie ihren Kunden zur Seite stehen“, so die „Association des Compagnies d’Assurances et de Réassurances“ (ACA) in einem Schreiben. Agenten machten sich noch am Wochenende in Petingen und Käerjeng ein Bild der Lage.

„Der Schaden ist riesengroß“, sagt der Geschäftsführer der ACA, Marc Hengen. „Er wird größer ausfallen als bei den Überschwemmungen im Ernztal vor drei Jahren.“ Damals schätzten die Versicherer den Schaden auf fünf bis zehn Millionen Euro. Dieses Mal werden sie einen Schaden in Höhe von 100 Millionen Euro übernehmen, wie es am Mittwoch in einem Presseschreiben heißt. „Das ist ihre Verantwortung und die müssen sie übernehmen“, sagt Marc Hengen.

Nicht die gleichen Fehler wiederholen

Bis Mittwoch zählte die ACA 2.400 Anträge auf Schadensregulierung. Ob es tatsächlich bei einem Schaden von 100 Millionen Euro bleiben wird, ist noch nicht absehbar. Auf Nachfrage von REPORTER sagt Franck Marchand von „Foyer Assurances“, alleine bei seiner Agentur seien bis am Dienstag rund 1.000 Anfragen eingegangen. 200 bezüglich Autoschäden, 800 wegen Hausschäden.

Nach den Überschwemmungen vom Juli 2016 war der Ton noch ein anderer – die Versicherer standen in der Kritik. Manche Betroffene mussten feststellen, dass sie gegen die verursachten Schäden gar nicht versichert waren. Entweder weil ihre Versicherung keinen Schutz gegen Unwetterschäden beinhaltete. Oder weil die Versicherung nur Schäden abdeckt, die entstehen, wenn die Kanalisation überlastet ist. Überschwemmung durch Starkregen war nicht immer abgedeckt.

Es kam zu einem Gespräch zwischen den Versicherungen und Finanzminister Pierre Gramegna (DP), das schließlich Ergebnisse brachte. Danach hieß es von den Versicherern, man sei bereit „Kulanz“ zu zeigen.

Der Tornado löste sich auf, die Verwüstung bleibt: Am Wochenende haben erste Aufräumarbeiten begonnen. (Foto: CGDIS)

Erst 2017 wurde dann bei den Versicherern nachgebessert und eine Police für Überschwemmungen eingeführt. Dass man jetzt das Versicherungsangebot auch wieder aufbessern muss, glaubt Marc Hengen nicht. Die meisten Haushalte hätten eine Hausversicherung, in der die Sturmversicherung mit inbegriffen ist. Sie gilt auch für die Schäden des Tornados.

Allgemein sind die luxemburgischen Haushalte besser gegen Sturmschäden versichert als gegen Überschwemmungsrisiken – weil das Land bereits von schweren Stürmen heimgesucht wurde. Der Sturm von 1990 kostete Luxemburg laut dem „Lëtzebuerger Land“ 290 Millionen Euro, der von 1996 zehn Millionen, der von 2010 23 Millionen.

Schaden geht über kaputte Dächer hinaus

„Die Versicherung übernimmt nach dem Sturm den Wert des Hauses“, so Marc Hengen. Dass damit aber sämtliche Renovierungskosten übernommen werden, ist nicht gesagt. Die Versicherung greift laut dem ACA-Chef vor allem bei beschädigten Dächern, Fenstern, Schäden an Fassaden, großem Mobiliar.

„Alleine ein Dach kann um die 100.000 Euro kosten. Wie hoch sich die Kosten für die Betroffenen belaufen werden, muss aber individuell begutachtet werden“, sagt Marc Hengen. Bei manchen Häusern ist das Dach komplett weggeweht worden. Und damit entsteht ein weiteres Problem.

Nämlich die Schäden, die im Innern des Hauses oder um das Haus aufgetreten sind. Für Gegenstände auf dem Dachboden, im Innern und im Keller wird je nach Vertrag lediglich ein Teil des Schadens übernommen. „Man sollte möglichst Fotos von den Gegenständen machen“, sagt Marc Hengen. Rechnungsbelege von Möbeln oder einer Innenausstattung seien aber nicht notwendig. „Der Versicherer glaubt seinem Kunden ja auch, was er angibt“, so Hengen.

Wenn die Zusatzpolice entscheidet

Für alles andere wie private Gegenstände, Gartenhäuschen, Elektrogeräte, kann, muss die Versicherung aber nicht greifen. Hier bieten viele Agenturen Zusatzpolicen an. Wer eine hat, kann seinen Schaden abdecken lassen. Wer nicht, muss wohl selbst in die Tasche greifen.

Die Lalux bietet den Zusatz „Naturgewalt-Schaden an Garten und Terrassenmobiliar, Grillgeräten“ an, für „Neuwertentschädigung von tragbarem Computermaterial“ oder auch noch „Neuwertentschädigung von nicht-tragbaren audiovisuellen Geräten“. Der Preis dieser Policen sei variabel, heißt es auf Nachfrage.

Bei Foyer sind Gartenmöbel bis zu einem Wert von 10.000 Euro in der Hausrats- und Sturmversicherung inbegriffen. AXA bietet den Zusatz „Multimediageräte“ im Wert von 10.000 Euro an, bei einer Selbstbeteiligung von 125 Euro. Allerdings greift die Versicherung nur „infolge eines Diebstahls, Falls, Schocks oder Eindringen eines Fremdkörpers“.

Das Problem bei der Autoversicherung

Die Versicherung übernimmt prinzipiell auch Schäden an Autos, heißt es im Schreiben der ACA. Hört sich gut an, hat aber einen Haken: Die Hilfe trifft nur auf jene Fahrzeuge zu, die entweder per Vollkasko oder Teilkasko (petite Casco) versichert sind. Also jene, die zumindest auch gegen Diebstahl, Brand, Naturgewalten oder Glasbruch versichert sind. „Diejenigen, die keine dieser Versicherungen haben, müssen die Kosten selbst tragen“, so Marc Hengen.

Neben Häusern wurden auch jede Menge Autos beschädigt oder komplett zerstört. Ob die Betroffenen eine finanzielle Unterstützung für einen Neuwagen bekommen, hängt von ihrer Versicherung ab. (Foto: CGDIS)

Zahlen dazu, wie viele Bürger eine Voll- oder Teilkasko haben, liegen Marc Hengen eigenen Aussagen nach nicht vor. „Weil dem Luxemburger sein Auto aber generell am Herzen liegt, schätze ich, dass die meisten diese Versicherung haben“, sagt er. Allein 200 beschädigte Autos sind der Versicherung „Foyer“ seit dem Tornado gemeldet worden.

Wie der Wert eines Wagens berechnet wird? Auf zwei unterschiedliche Arten. Ist das Auto nicht älter als drei Jahre wird in der Regel der Neuwert zurückerstattet. Ist es älter, wird der Zustand und das Alter des Fahrzeugs berechnet, bevor es beschädigt worden ist. Dementsprechend hoch fällt die Erstattung aus.

Regierung bietet außerordentliche Hilfe an

Wie auch schon nach den Überschwemmungen der vergangenen Jahre, bietet die Regierung nach dem Tornado eine Finanzhilfe an. Wie hoch sie ausfallen wird, steht noch nicht fest. Sie soll aber vor allem denjenigen helfen, die keine passende Versicherung haben. Das entsprechende Antragsformular ist auf der Seite des Familienministeriums abrufbar und kann bis Anfang November eingereicht werden. „Wir ersetzen keine Versicherung, aber wir lassen niemanden im Regen stehen“, sagte Premier Xavier Bettel am Samstag nach einer Kabinettssitzung.

Wie hoch die Beihilfe ausfällt, hängt vom Ausmaß des Schadens ab, aber auch von der finanziellen Lage des Haushalts und der Anzahl der zum Haushalt zählenden Personen. Konkret heißt das aber: Die staatliche Hilfe dürfte eine ganze Reihe an Gegenständen nicht abdecken. Beispielsweise Autos und Fahrräder, Kunst- oder Freizeitgegenstände, Kellermobiliar oder Gartenzubehör oder Gartenhäuschen.

Marc Hengen glaubt übrigens nicht, dass die Versicherungen ihre Beiträge nach dem Tornado erhöhen werden. Dabei wird das Risiko von Naturkatastrophen immer höher, ihr Ausmaß immer schlimmer. 2018 zählten unter anderem Waldbrände in Kalifornien oder Taifune in Japan zu den großen Naturkatastrophen. In Europa war es 2018 die Dürre, die massive Schäden in Höhe von 3,2 Milliarden Euro hinterlassen hat. Stark betroffen war die Landwirtschaft.

Ähnliches könnte die Bilanz für dieses Jahr ergeben – war es doch einer der heißesten Sommer überhaupt in Europa und in Luxemburg. Und einer, der bereits jetzt unübersehbare Spuren hinterlassen hat.