Während die Zahl der Covid-19-Patienten insgesamt fällt, steigt sie auf der Intensivstation erneut an. Die Auswirkungen der Impfkampagne werden zwar deutlich, da die Patienten im Schnitt nun jünger sind. Allerdings müssen sie auch für einen längeren Zeitraum beatmet werden.
Stand Freitag mussten lediglich 87 Patienten noch im Krankenhaus behandelt werden. Seit dem 1. April nimmt die Zahl der Menschen, die eine Behandlung im Krankenhaus benötigen, kontinuierlich ab. Dies, obwohl die Neuinfektionen sich seit Monaten stabilisiert haben. Der Grund dafür liegt vor allem in der Impfkampagne. Seit Mitte April haben mehr als 70 Prozent der über 80-Jährigen einen vollständigen Impfschutz erhalten, bei den Bewohnern von Alters- und Pflegeheimen sind es laut dem Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) gar 90 Prozent.
Der steigende Impfschutz bei älteren Mitmenschen hat dementsprechend das Altersprofil der Patienten verändert. Auf Basis einer von Reporter.lu angepassten Modellrechnung der „Inspection Générale de la Sécurité Sociale“ wird deutlich, wie sich die Dynamik seit der ersten Aprilwoche verändert hat.
Würde der Verlauf der Krankenhausaufenthalte den vorigen Monaten folgen, wären weiterhin fast 100 Betten belegt. Die Zahl an Menschen mit über 65 Jahren, die an Covid-19 erkrankt sind, ist seitdem gefallen. Doch selbst wenn sie sich infizieren sollten, ist die Wahrscheinlichkeit eines Krankenhausaufenthalts gering.
Erste Studien zu neuen Varianten
Auf den Intensivstationen spitzt sich die Lage hingegen zu. Zurzeit müssen dort 34 Menschen behandelt werden. „Wir beobachten, dass die Patienten immer jünger werden“, sagt Dr. Jean Reuter im Gespräch mit Reporter.lu. Eine genaue Erklärung hierfür gibt es zurzeit noch nicht. Der Intensivmediziner des Centre Hospitalier du Luxembourg (CHL) vermutet, dass die britischen und die südafrikanischen Varianten hierfür verantwortlich sind. Eine Vermutung, die sich anhand von ersten Studien bestätigen lässt.
Eine Forschergruppe hat Daten aus acht Ländern, darunter auch Luxemburg, untersucht, um einen möglichen Zusammenhang zwischen den Varianten und einem schweren Krankheitsverlauf zu überprüfen. Zu den Autoren gehören auch Joël Mossong und Anne Vergison aus dem Gesundheitsministerium.
Das Ergebnis: Sowohl die britische als auch die südafrikanische und brasilianische Variante erhöhen bei Erwachsenen die Wahrscheinlichkeit, im Krankenhaus behandelt zu werden. Vor allem bei den 40- bis 60-Jährigen ist das Risiko, auf der Intensivstation beatmet werden zu müssen, demnach um bis zu acht Mal höher.
Jünger, dafür aber länger beatmet
Allerdings ist nicht nur die Wahrscheinlichkeit höher, sondern auch der Zeitraum der Behandlung länger. „Im CHL konnten wir bereits beobachten, dass die Patienten der zweiten Welle etwa drei Wochen lang beatmet werden mussten. Nun hat sich der Zeitraum noch weiter verlängert“, sagt Dr. Jean Reuter. Zudem nimmt auch die Zahl von jüngeren Infizierten kontinuierlich zu. Zurzeit sind 72,5 Prozent der Infizierten unter 50 Jahre alt. Zuletzt wurde ein ähnlicher Wert nur Anfang Februar gemessen, als die Infektionen in den Schulen schlagartig stiegen. Zum damaligen Zeitpunkt machten die Unter-50-Jährigen 74,1 Prozent aller Infektionen aus.
Bei den jüngeren Patienten ist dem Intensivmediziner zufolge ein weiterer Unterschied auszumachen: „Entweder sie können die Erkrankung ohne Komplikationen wegstecken oder sie müssen intensiv behandelt werden – die Zwischenetappe eines kurzen Krankenhausaufenthalts kommt bei ihnen seltener vor“, so seine Erklärung der aktuellen Zahlen.