Es muss nicht eine ganze Schachtel sein – Medikamente können einzeln verpackt werden. Luxemburgs Apotheker bieten diese innovative Dienstleistung zwar an, bekommen dafür aber keine Rückerstattung. Wieder einmal geht es bei der CNS ums Geld.
Schmerztabletten, Blutverdünnungsmittel, Kreislauf-Pillen: Wann ist welches Präparat fällig? Morgens, mittags oder doch abends? Es ist praktisch, wenn der Patient weiß, wann er welche Pille einnehmen muss. Und wenn der Apotheker sie ihm separat verpackt. Apotheken bieten diesen Dienst zwar an, bezahlt werden sie dafür aber nicht. Obwohl sie es müssten.
In einem Konflikt zwischen Apothekern, CNS, Gesundheits- und Sozialministerium geht es ums Geld. Darauf warten die Apotheker, weil es ihnen in einer Verordnung vom Mai 2019 versprochen wurde. Der Text des Gesundheitsministeriums stellt ein Honorar von 11,20 Euro in Aussicht, wenn sie für Kunden Medikamente einzeln verpacken.
Offiziell ist die Verordnung am 1. Juni in Kraft getreten, Geld gab es bisher aber nicht. Dabei steht bereits im Koalitionsvertrag, dass das „Finanzierungsprojekt“ für Blister (also einzelne Sichtverpackungen) „schnellstmöglich“ umgesetzt werden soll.
Von der CNS ausgebremst
Seitens der Apotheker heißt es, Sozialministerium und Gesundheitskasse CNS würden sich davor drücken, die Verordnung umzusetzen. Wenn, dann sei frühestens im Januar 2020 mit einer Rückerstattung zu rechnen. Solange die aber nicht von der CNS bewilligt ist, wollen die Apotheker nichts für ihre Dienste berechnen. Machen sie es trotzdem, muss der Kunde selbst dafür zahlen. Die Kasse übernimmt bis dato nichts.
Aus dem Sozialministerium heißt es, die Apotheker dürften den Tarif anwenden, es würde eben nur noch keine Rückerstattung auf die Dienste geben. Außerdem sei der Text von den Kollegen des Gesundheitsministeriums unterschrieben worden. Somit seien sie für die Umsetzung verantwortlich. Auch müsse die Gesundheitskasse CNS festlegen, welche Rückerstattung für die Medikamenten-Sortierung gilt. Bis Redaktionsschluss gab es kein Feedback der CNS.
Altenheime sind auf Einzelverpackungen angewiesen
„Die Nachfrage der Kunden ist jedenfalls da. Nur bekommen wir für den Aufwand keine Unterstützung“, sagt Danielle Becker-Bauer. Sie ist Apothekerin und bietet Einzel-Verpackungen seit gut acht Jahren an. „Mittlerweile arbeiten wir mit mehreren Seniorenheimen zusammen. Sowas spricht sich natürlich rum“, sagt sie.
Vor allem Alten- und Pflegeheime würden mit einzel verpackten Medikamenten arbeiten. Sie habe in ihrer Apotheke extra einen Raum für das Sortieren reserviert. Drei Mitarbeiter kümmern sich ausschließlich darum. „Wir verpacken manuell, aber es wird alles mit einer Maschine zugeschweißt“, so Becker-Bauer.

Einige Apotheker machen die Verblisterung selber. Müssten sie aber gar nicht. Denn seit 2018 gibt es in Foetz eigens dafür ein Verpackungszentrum: die CPL Blister SA. Als Entlastung für die Apotheken. Der Clou: Eine Kooperative bestehend aus dem Comptoir Pharmaceutique Luxembourgeois und dem Verband der Apotheker (Syndicat des Pharmaciens Luxembourgeois) hat die Gesellschaft gegründet. Kostenpunkt für Bau und Ausstattung: Eine Million Euro. Jetzt wird das Zentrum aber kaum genutzt, weil die Apotheker nicht für den Service von CPL Blister SA zahlen können.
„Eine Zentrale für Blister wäre die effizienteste Lösung – es fehlt aber ein passendes Honorar“, sagt Alain de Bourcy, Präsident des Apotheker-Verbandes. „Wir warten nur darauf.“ Das Gesundheitsministerium hat das Projekt, sowie die Produktion der Verpackungen per Dekret genehmigt.
Einzelverpackungen sind die Zukunft
Das Zentrum wurde gegründet, weil eine große Nachfrage vonseiten der Senioren- und Altenheime besteht. Jean Reding, stellvertretender Leiter des Seniorenheims Maredoc bestätigt das: „Für uns ist die maschinelle Einzelverpackung die Zukunft. Seit Januar haben wir ein Pilotprojekt mit der CPL Blister SA laufen“, sagt er.
Zahlen muss das Seniorenheim dafür nichts. Zumindest nicht während der Testphase. Das bringt aber viele Vorteile. „Eine maschinelle Abpackung ist nicht nur sicherer, sondern sorgt auch für weniger Abfall von Medikamenten und Verpackungen“, so Reding.
Krankenpfleger müssten die Medikamente nur noch kontrollieren, würden aber nicht mehr damit in Kontakt kommen. „Manche Präparate können nur durch die Berührung eine Reaktion auslösen. Auch wenn der Pfleger Handschuhe trägt, bleibt ein Restrisiko bestehen. Mit Hilfe der maschinellen Verarbeitung können wir das umgehen“, so Reding.
Die CPL Blister SA verkauft ihr Verpackungssystem als „Service am Kunden“. Alles wird maschinell verpackt, es gibt eine ganze Kontrollkette bis die Medikamente am Ende beim Patienten auf dem Tisch liegen. Menschliche Fehler sollen dadurch keine mehr passieren. „Die Sicherheit des Patienten steht im Vordergrund“, sagt auch Frédéric Hasdenteufel, Leiter des Zentrums.
„Die Aufträge reichen nicht aus“
Doch der CPL Blister SA geht das Geld aus – auch, weil die Verordnung nicht umgesetzt wird. Im Jahr 2018 machte der Betrieb einen Verlust von 100.000 Euro. Hasdenteufel sagt, dass für die zwei festen Mitarbeiter für den Monat August bereits Kurzarbeit (chômage partiel) angefragt worden ist. „Unser Business ist von dieser Verordnung abhängig“, sagt er.
Das bestätigt auch Alain de Bourcy. Ein Honorar für die Dienstleistung sei versprochen worden und es sei wichtig, dass sie auch umgesetzt wird. Sonst sehe die Zukunft von Blister Concept düster aus. „Denn Investoren finden sich keine, wenn das Zentrum nicht funktioniert und keine Kunden hat“, so de Bourcy.
Zwischen 70 und 90 Bestellungen gehen pro Woche im Zentrum ein. Pro Patient und pro Woche liegt der Preis einer Einzelverpackung aktuell bei sechs Euro.
„Wir haben zwar Aufträge, die reichen aber bei Weitem nicht aus“, sagt Hasdenteufel. 2016 gab es in Luxemburg 101 Apotheken, er arbeitet momentan mit sieben zusammen. Und rechnet vor: „In Luxemburg leben etwa 7.500 Menschen in Pflegeheimen. Wenn nur 20 Prozent davon ihre Medikamente über uns verblistert bekommen, reiche das aus, um zu überleben.“ Von diesen 20 Prozent ist Hasdenteufel allerdings noch weit entfernt.