Sport ist mehr als reine Freizeitbeschäftigung. Wer sich bewegt, tut seiner Gesundheit etwas Gutes. Dafür muss man allerdings oft tief in die Tasche greifen. In manchen Ländern wird Bewegung als Prävention angesehen – und finanziell unterstützt. In Luxemburg könnte das auch bald so sein.
Der Mensch ist sesshaft geworden. „Wir sitzen im Schnitt acht Stunden pro Tag“, sagt Dr. Charles Delagardelle. Das ist zuviel, wie er findet. Der Luxemburger Kardiologe hielt Mitte Juni einen Vortrag über Bewegung als Präventionsmittel gegen Krankheiten. „75 bis 150 Minuten sollte der Mensch sich pro Woche bewegen“, sagt der Experte und bezieht sich auf die Ergebnisse einer Studie des Fachmagazins The Lancet Global Health.
Dass Bewegung wichtig ist, sei den Menschen durchaus bewusst, doch zwischen Theorie und Praxis klafft noch eine Lücke. Immerhin: Etwa 40 Prozent der Luxemburger Einwohner bewegen sich pro Woche mindestens 150 Minuten. Das sei im Vergleich mit anderen Ländern nicht schlecht, meint Dr. Delagardelle. Es würde aber noch besser gehen.
Ein Bewegungsmangel kann schwerwiegende Folgen auf die Gesundheit und das Wohlbefinden haben. Wer sich nicht genug bewegt, der steigert das Risiko von Gelenkbeschwerden, Diabetes, Herz-Kreislauf-Problemen.
Zwar funktioniert jeder Mensch anders und nicht alle Werte und Statistiken treffen auch auf jedes Individuum zu. Doch die Zahlen, die Dr. Delagardelle vorlegt, sind erschreckend. Pro Jahr seien weltweit zwischen 3,2 und 5 Millionen Todesfälle auf körperliche Inaktivität zurückzuführen und vor allem in wohlhabenden Ländern steigt die Zahl der inaktiven Erwachsenen.
Wenn der Arzt Bewegung verschreibt
Interessant ist aber auch, dass Dr. Delagardelle nicht nur als Kardiologe an der Diskussionsrunde teilgenommen hat. Er ist auch Präsident der Fédération Luxembourgeoise des Associations de Sport de Santé (FLASS) und wünscht sich, dass Sport als Präventionstherapie anerkannt wird. „Die CNS macht schon viel, im Bereich der Prävention könnte sie aber noch mehr unternehmen“, so Dr. Delagardelle in seiner Rede.
Doch um Sport und Bewegung stärker zu fördern, will er, dass auch auf politischer Ebene Initiative ergriffen wird – und macht einen Vorschlag: Künftig könnte eine körperliche Aktivität vom Arzt verschrieben werden und der Patient so zu mehr Bewegung motiviert werden. Sport auf Rezept also. Und zwar nicht erst dann, wenn der Patient krank ist, sondern eben als präventives Mittel.
Die Idee dahinter ist einfach: Der Mediziner verordnet Bewegung und Physiotherapeuten oder Sportlehrer kümmern sich um das richtige Training, um die Probleme des Patienten in den Griff zu bekommen.
Ministerium ist nicht abgeneigt
Gespräche mit der Politik hat es zwar noch nicht gegeben, Delagardelle hat aber bereits jetzt eine ganze Liste an positiven Effekten parat. Und er ist zuversichtlich. Nicht nur, weil mehr Bewegung ganz im Sinne der Gesundheit des Patienten wäre. Sondern auch, weil das System mit gesunden Leuten Geld einsparen kann.
Geld ist bekanntlich bei Verhandlungen meist ein ausschlaggebendes Argument. Delagardelle argumentiert, dass die Zahl an Krankheiten und somit die Pflegekosten geringer ausfallen, je intensiver in die Prävention investiert wird. Der Luxemburger wird im Schnitt 82 Jahre alt – älter als der EU-Durchschnitt. Doch mit dem Alter schwächelt auch der Körper. Je schwacher eine Person, desto mehr Hilfe benötigt sie.
Aus dem Gesundheitsministerium heißt es, man sei einer solchen Initiative nicht abgeneigt. Konkrete Pläne gebe es aber momentan keine. So auch das Feedback der CNS. Allgemein sei es aber das Ziel, dass die Menschen einen möglichst gesunden Lebensstil führen sollten.
Andere Länder machen es vor
Andere Staaten sind da schon weiter. Dort wird Bewegung nicht nur als Hobby, sondern als Präventionsmaßnahme anerkannt und gefördert. In Deutschland, in Schweden oder in Kanada können Ärzte beispielsweise Sport auf Rezept verschreiben.
Die Idee dahinter: Der Patient soll an Sport und Bewegung herangeführt werden und durch Training seine individuellen Probleme in den Griff bekommen. Während dies in Schweden und Kanada nicht von der Kasse zurückerstattet wird, beteiligt sich die Krankenkasse in Deutschland mit maximal 80 Prozent an den Kosten oder mit maximal 75 Euro pro Kurs. Der Patient kann unter Sportarten- oder Sportverbänden wählen, die eine entsprechende Zertifizierung haben. Allerdings werden nur maximal zwei Kurse pro Jahr zurückerstattet, deren Dauer auf acht bis 12 Stunden begrenzt ist.
Bewegung kann teuer werden
In Luxemburg gibt es diese Form der Prävention bisher nicht. Zumindest nicht von der gesetzlichen Krankenkasse. Nur die Zusatzversicherung DKV hat eine Kooperation mit dem Fitnessstudio Luxfit S.A. DKV-Kunden erhalten eine einmalige Rückvergütung von 20 Prozent auf ein Luxfit-Abonnement – unter Voraussetzung, dass ein Training pro Woche absolviert wird und das während sechs Monaten. Das hört sich zwar gut an, ist aber immer noch teuer. Eine Mitgliedschaft kostet bei Luxfit 110 Euro pro Monat.
Die Genossenschaft Caisse Médico-Complémentaire Mutualiste (CMCM) bietet gemeinsam mit dem Thermalbad in Mondorf das Programm Mondorf Plus an. Hier wird der Kunde zwölf Wochen lang von einem Trainer betreut, bekommt einen Fitnessplan aufgestellt und macht zwei Sport-Tests. Das Ganze kostet in der Regel 458 Euro, CMCM-Mitglieder zahlen 400 Euro (und bekommen weitere 60 Euro, wenn sie ihre Ziele nach zwölf Wochen erreichen). Viel Geld, um seiner Gesundheit etwas Gutes zu tun.
Auch herkömmliche Mitgliedschaften in Fitnessstudios sind im Schnitt recht teuer. In Mondorf kostet ein Monatsabo 167 Euro und wer im Studio Factory 4 trainieren will, zahlt für eine Laufzeit von sechs Monaten mindestens 80 Euro pro Monat, für 12 Monate mindestens 75. Andere Studios sind günstiger, bieten zum Teil aber weniger individuelle Betreuung und fachliche Beratung an.
Wer nicht inaktiv bleiben will und eine professionelle Betreuung sucht, muss demnach viel zahlen. Doch nicht jeder kann sich ein teures Fitnessstudio oder personalisierte Trainingskurse leisten. Von der Politik und Ärzten geförderte Sportaktivitäten wären demnach von Vorteil für viele Patienten. Das findet zumindest Dr. Charles Delagardelle. Und er hofft, dass genau das auch in Luxemburg umgesetzt wird.