Alleinerziehende sind schon seit Jahren die am stärksten von Armut gefährdete Haushaltsform. Die aktuellsten Zahlen zeigen, dass sich daran so schnell nichts ändern wird. Verschiedene Armutsdefinitionen sollen jedoch dabei helfen, die Lage besser zu erfassen.
Elf Prozent der Kinder in Luxemburg leben in Alleinerzieher-Haushalten. Damit sind sie einem doppelt so hohen Armutsrisiko ausgesetzt wie Kinder aus Haushalten mit zwei Erwachsenen. 46 Prozent der Alleinerzieher stehen laut dem Sozialpanorama von 2018 weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens (Medianeinkommen) zur Verfügung. Hier wird in der Regel die Armutsgrenze angesetzt. Dabei handelt es sich um eine relative Erfassung von Armut. 2018 lag die Grenze für einen Haushalt mit einem Erwachsenen und einem Kind bei 2.231 Euro.
Anne-Catherine Guio vom sozio-ökonomischen Forschungsinstitut Liser macht die schwierige Lage der Alleinerzieher in Luxemburg auch am Wohnungsmarkt fest: 27 Prozent der Alleinerzieher geben mehr als 40 Prozent ihres Einkommens für ihre Wohnung aus. Dagegen sind es nur acht Prozent für andere Familien. Das erklärt auch, warum Arbeitslosigkeit oder Teilzeitarbeit in Luxemburg nicht die dringendsten Ursachen für die prekäre Lage der Alleinerzieher sind.
„Working poor“
Laut der Studie von Anne-Catherine Guio ist die Arbeitslosigkeit oder die Teilzeitarbeit bei Alleinerziehern nicht bedeutend höher als in Haushalten mit zwei Erwachsenen. Auffällig ist, dass das Phänomen der „working-poor“ in Alleinerzieher-Haushalten verbreiteter ist. Ob das daran liegt, dass acht von zehn dieser Haushalte aus Frauen mit Kindern bestehen?
Außerdem wird die Frage nach der Steuerklasse immer wieder angeführt: Das Alleinerzieher-Kollektiv etwa hat sich aus diesem Grund gebildet und fordert eine steuerliche Gleichstellung mit den Paarfamilien. Wie viel dabei unbezahlte oder nicht gestellte Unterhaltsansprüche genau dazu beitragen, lässt sich schwer sagen.
Die Forschung legt vermehrt Wert darauf, die Situation der Kinder zu analysieren und nicht nur die der Haushalte: Anne-Catherine Guio hat mit Hilfe von 17 Indikatoren die Deprivation von Kindern studiert und es ist keine Überraschung: Kinder, die in Alleinerzieher-Haushalten leben, sind einer größeren Benachteiligung ausgesetzt.
17 Indikatoren
Ein Deprivationsindex besteht aus einer Liste von Indikatoren, die je nach Studienziel festgelegt werden. Die Indikatoren der besagten Studie über Alleinerzieher und Prekarität sind speziell auf die Situation von armen Kindern in reichen Ländern aufgestellt worden.
Hierunter fallen materielle Güter wie Spielzeug oder dem Alter angepasste Schuhe, aber auch Angebote wie Hobbys oder eine Woche Ferien im Jahr. 30 Prozent der Kinder aus Alleinerzieher-Familien litten unter mehr als drei Deprivationen. Bei Kindern aus anderen Familien liegt die Quote bei vier Prozent.
Auch im europäischen Vergleich schneidet Luxemburg in der EU-SILC Studie schlecht ab. Das Großherzogtum steht an drittletzter Stelle und bildet zusammen mit Malta und Litauen das Schlusslicht in Bezug auf die Armutsgefährdung von Alleinerzieher-Familien.