Eine kurze Reise in die Absurditäten der Abfallwirtschaft: Wie hochwertige Rohstoffe größtenteils im Haushaltsmüll landen, obwohl sie einfach zu recyceln wären. Das ist die Geschichte der 570 Tonnen an Kaffeekapseln, die seit 2010 in Luxemburg als Abfall anfielen.

Es ist so praktisch: Kapsel reinschieben, Tasse hinstellen und es kommt Kaffee raus. Gerade wenn man morgens in der Küche oder im Büro noch nicht ganz wach ist, dann sind die Nespresso-Maschinen (und jene ihrer Nachahmer) einfach unschlagbar. Doch man vergisst allzu gerne die gebrauchte Kapsel, die mit einem Plopp in den Auffangbehälter fällt.

Seit 2010 tauchten die Kaffeekapseln als neuer Bestandteil des Haushaltsmülls auf, heißt es im neuen nationalen Abfallplan. Die Umweltverwaltung verzeichnete seitdem 570 Tonnen an diesem besonderen Abfall. Das entspricht 40,8 Millionen Kaffeekapseln pro Jahr in Luxemburg. Die Kapseln von Nespresso sind aus Aluminium, jene der Konkurrenten meist aus Plastik.

Kapseln gelten nicht als Verpackung

Die enormen Mengen im Haushaltsmüll zeigen, dass die meisten Kaffeetrinker die Kapseln in ihrer Mülltonne entsorgen. Nespresso bietet seinen Kunden an, die benutzten Kapseln zurückzunehmen – sei es via Lieferdienst, an den etwa 60 Sammelstellen oder in den beiden im Land bestehenden Läden der Marke. Auf diesem Weg wird etwa ein Viertel der Kapseln dem Recycling zugeführt, heißt es auf Nachfrage. Aus dem wiederverwerteten Aluminium entstehen etwa Autoteile, Fahrräder oder Dosen. Aus den Kaffeeresten wird Biokraftstoff.

Zahlen zum Marktanteil von Nespresso gibt es für Luxemburg nicht. Klar ist aber, dass es ein umkämpfter Markt ist, seitdem das Kapselsystem auch anderen Herstellern offen steht. In Frankreich hatte Nespresso 2016 einen Marktanteil von 25 Prozent, wenn man die Senseo-Pads in den Markt einbezieht.

Nespresso betreibt das Recycling aus Imagegründen – immer wieder war der Mutterkonzern wegen den Metallkapseln in die Kritik geraten. „Teurer Kaffee, viel Müll“, kritisierten etwa die Journalisten vom „Klimalügen-Detektor“ 2011. Doch es gibt keine gesetzliche Verpflichtung für Kapselhersteller, sich um den Abfall zu kümmern, betont Elise Regairaz. Sie koordiniert die Arbeit des belgischen Leichtverpackungsverbands Areme.

Und tatsächlich heißt es in der 2013 beschlossenen Neuauflage der EU-Verpackungsrichtlinie im Anhang unter dem Punkt „Gegenstände, die nicht als Verpackung gelten“: „Getränkesystemkapseln, Kaffee-Folienbeutel und Kaffeepads aus Filterpapier, die zusammen mit dem verwendeten Kaffeeprodukt entsorgt werden“. Die Kapseln gelten deshalb auch in Luxemburg als Haushaltsmüll und nicht als Verpackungsreste.

Die Hürde für den „blauen Sack“

Diese Ausnahme hat perverse Effekte, denn nicht nur haben die Kaffeefirmen somit keine Verpflichtungen, denen etwa Getränkehersteller unterliegen, die ihre Produkte in Flaschen oder Dosen verkaufen. Kaffeekapseln sind damit auch von der Sammlung im „blauen Sack“ ausgeschlossen. Der Verein Valorlux betreibt dieses System, damit dessen Mitglieder – etwa Getränkehersteller oder Supermarktketten – ihren gesetzlichen Auflagen nachkommen können.

„Selbst wenn Valorlux sich um die Kapseln kümmern wollte, dürfen wir das nicht“, sagt Valorlux-Direktor Claude Turping. „Wir sind ausschließlich für Verpackungen zuständig“, betont er. Sprich, die Verpackung der Kapseln aus Karton wird verwertet, doch die kleinen Behälter selbst nicht.

Erst im Februar erneuerte das Umweltministerium die ministerielle Genehmigung von Valorlux. Doch in diesem Punkt blieb alles beim Alten.

Damit ist Luxemburg eher die Ausnahme. In Deutschland werden die Kapseln in den Wertstofftonnen über das „Grüner Punkt“-System gesammelt. In Frankreich kann etwa ein Sechstel der Bevölkerung die Kapseln ebenfalls im „blauen Sack“ entsorgen, erklärt Elise Regairaz von Areme. Die Grundlage war ein erfolgreiches Pilotprojekt, das 2008 startete. In Belgien führt der von Nespresso gegründete Verband Gespräche, um eine ähnliche Regelung wie in Frankreich zu finden.

Fakt ist, dass die Luxemburger Akteure der Abfallwirtschaft keine Fans der Kaffeekapseln sind. Wenn die Superdreckskëscht ihr Label für Betriebe ausstellt, dann ist auch die Nutzung von Kaffeekapseln oder Einwegbechern ein Thema, sagt der Kommunikationsverantwortliche Thomas Hoffmann. Klar ist, dass die Superdreckskëscht von den Kapseln abrät.

Erst noch eine Studie

Doch in Luxemburg hakt es noch: „Wir haben Gespräche mit der Umweltverwaltung, Valorlux und Abgeordneten geführt“, sagt Elise Regairaz. Weiter sei man noch nicht gekommen und es gebe auch keinen Zeitplan. Das Potenzial wäre durchaus groß. Nespresso gibt an, dass 56 Prozent seiner Kapseln wiederverwertet werden – 24 Prozent über das eigene Recyclingsystem, 32 Prozent über andere Wege.

Im neuen nationalen Abfallplan wird auf das Problem Kaffeekapseln hingewiesen. Bis 2022 soll eine Studie helfen, die getrennte Sammlung dieses Produktes zu prüfen. Das wäre dann ganze zwölf Jahre nach der ersten Nespresso-Werbung mit George Clooney.