Das US-Unternehmen Planetary Resources steht mit dem Rücken zur Wand. Die Aktivitäten in Luxemburg sind nie in die Gänge gekommen. Die staatliche Investitionsbank SNCI hat ihre Beteiligung an der Firma abgeschrieben. Es droht der Totalverlust von 12 Millionen Euro.
„Was ist der schnellste Weg, um zum Weltall-Millionär zu werden? Beginne als Milliardär.“ Die bittere Erfahrung hinter diesem Running Gag der Weltraumindustrie macht nun auch der Luxemburger Staat. In dieses Business einzusteigen ist risiko- und verlustreich. Der erste Rückschlag ist das Investment in das Start-up Planetary Resources, das langfristig Rohstoffe auf Asteroiden abbauen will.
Der Chef von Planetary Resources war im Februar 2016 einer der Kronzeugen, als die Luxemburger Regierung mithilfe einer international verteilten Pressemitteilung das „Space Resources“-Projekt lancierte. Das US-Unternehmen freue sich auf die Zusammenarbeit mit Luxemburg, wurde der CEO Chris Lewicki zitiert. Neun Monate später kündigte das Wirtschaftsministerium an, das Start-up mit 25 Millionen Euro zu unterstützen.
Doch bereits Ende 2017 sah die Situation düster aus für die Luxemburger Niederlassung von Planetary Resources. Ende Oktober 2017 kündigte der Geschäftsführer Ben Baseley-Walker seinen Job, im Februar 2018 verließ mit Peter Marquez der zweite Geschäftsführer das Unternehmen. Beide betreiben nun gemeinsam das Beratungsunternehmen Andart Global, das sich auf die Raumfahrt spezialisiert.
Eine Abschreibung der SNCI über 12 Millionen Euro
Das Abkommen zwischen dem Luxemburger Staat und Planetary Resources umfasste zwei Teile: erstens eine Beteiligung von zehn Prozent am US-Unternehmen, zweitens die Finanzierung von Forschungsaktivitäten.
Diese Vereinbarung ist heute jedoch infrage gestellt, da das Start-up ein Finanzierungsziel verpasste und ins Strudeln kam. Über die finanziellen Schwierigkeiten von Planetary Resources hatte das „Luxemburger Wort“ erstmals im April berichtet.
Die staatliche Investitionsbank SNCI stellte Ende 2016 knapp 14 Millionen Euro bereit für die zehn Prozent an Planetary Resources Inc. Das Investment wurde 2016 über die Zweckgesellschaft SAAM Luxembourg Sàrl. getätigt, die zu 100 Prozent der SNCI gehört.
Die am 10. Juli hinterlegte Jahresbilanz von SAAM offenbart nun den Ernst der Lage: Die Gesellschaft nahm eine Wertberichtigung in Höhe von 11.985.356,20 Euro vor. Das bedeutet konkret, dass die SNCI davon ausgeht, dass die Beteiligung an Planetary Resources Inc. Ende 2017 gerade mal ein Euro wert war. Statt 12 Millionen Euro, wie noch im Oktober 2017.
Es handele sich um eine „technische Maßnahme“, heißt es von der staatlichen Bank. Auch das Wirtschaftsministerium betont, das sei eine Vorsichtsmaßnahme. Der Luxemburger Staat behalte seine 10-prozentige Beteiligung.
Ein wankelmütiger Investor und die Folgen in Luxemburg
Der Hintergrund der finanziellen Schwierigkeiten: Anfang des Jahres sprang ein Investor ab, mit dem Planetary Resources fest gerechnet hatte. Laut dem Unternehmen ist die Entscheidung nur vertagt und nicht aufgehoben. Von den 70 Mitarbeitern mussten einige das Unternehmen verlassen. Das Netzwerk Linkedin verzeichnet für das Start-up noch 39 Mitarbeiter.
Das Unternehmen hat zwar seinen Sitz in Redmond (Bundesstaat Washington). Doch registriert ist es im sehr auf Vertraulichkeit bedachten US-Bundesstaat Delaware. Deshalb ist es schwierig, sich ein genaues Bild der finanziellen Lage zu machen. Das Unternehmensregister in Delaware verrät lediglich, dass Planetary Resources Inc. nicht in Insolvenz ist und brav seine Steuern zahlt. Mehr ist nicht zu erfahren.
In Folge der Schieflage hat Planetary Resources allerdings seine Aktivitäten in Luxemburg eingefroren, wie das Wirtschaftsministerium auf Nachfrage bestätigt. Das Unternehmen sei auf der Suche nach einem Standort hierzulande gewesen, als der Investor absprang.
Fehlende Forschungsprojekte
Im besten Fall verzögert sich damit der Aufbau von Forschungsaktivitäten zu Antriebstechniken oder Kommunikation im Weltall, die Planetary Resources versprochen hatte, hierzulande aufzubauen. Der Jahresbericht der Luxemburger Tochter für 2017 wurde noch nicht veröffentlicht.
Im schlechtesten Fall wird Planetary Resources jedoch nie in Luxemburg forschen. Denn aus dem zweiten Teil des Übereinkommens wurde bisher nichts. Das Wirtschaftsministerium habe keine Forschungsprojekte finanziert. Es seien vom Unternehmen auch keine Dossiers eingereicht worden, die die Kriterien erfüllt hätten, heißt es weiter aus dem Ministerium.
Das Gegenbeispiel ist das japanische Unternehmen Ispace, das im Rahmen der „Space Resources“-Initiative vom Forschungsfonds knapp 700.000 Euro für zwei Projekte in Zusammenarbeit mit dem LIST und der Universität Luxemburg erhielt.
Warten auf weiteres Kapital
Die im Rahmen der „Space Resources“-Initiative ausgewählten Unternehmen hätten ein Geschäftsmodell für die nächsten drei bis fünf Jahre, erklärte der Leiter für Forschung und Innovation im Wirtschaftsministerium Mario Grotz auf einer Konferenz der Zeitschrift „Forum“. Der Staat spiele für diese Start-ups die Rolle eines „venture capitalists“, also eines Risikokapitalgebers, sagte Grotz im Februar. Dazu passt allerdings nicht, dass die SNCI sich selbst ein „profil de risque prudent“ bescheinigt.
Inzwischen ist Planetary Resources vor allem das Geschäftsmodell abhanden gekommen. Zwar brachte das Unternehmen im Januar erfolgreich seinen Mini-Satelliten Arkyd-6A in den Orbit. Ursprünglich wollte Planetary Resources mit Erdbeobachtung Geld verdienen, bis die Technik reif wäre, um Rohstoffe auf Asteroiden zu entdecken und später auszubeuten.
Doch inzwischen hat die Firma den Satelliten aufgegeben. Es fehle an Kunden, die für die Bilder von Arkyd zahlen würden, sagte der CEO Lewicki dem Portal „Geekwire“. Das Management übt sich mittlerweile in Zweckoptimismus. Ende Juni sagte der Finanzchef Joe Landon: „Wir werden überleben“.
Vom Luxemburger Staat wird das Unternehmen auf absehbare Zeit keine weitere Finanzspritze erhalten, so das Wirtschaftsministerium. Dort konzentrieren sich die Beamten auf andere Kandidaten. Insgesamt will Wirtschaftsminister Etienne Schneider 200 Millionen Euro in „Space Resources“ investieren. In den nächsten Monaten – also noch vor den Wahlen – sollen weitere Partnerschaften angekündigt werden.