Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Immer samstags blickt die REPORTER-Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Diese Woche: Größenwahn trotz Minderwertigkeitskomplex und das endgeile Luxemburg.
„Wir Luxemburger schwanken zwischen Minderwertigkeitskomplex und Größenwahn“, sagte der große Tonnar. „Mir ware schonn an der Spillschoul déi Coolst“, rappte der kleine Tonnar. Damit wussten die für die große Pressekonferenz angereisten Journalisten Bescheid. Von nah und fern waren sie gekommen, um dem größten Event seit der Mondlandung, der Erfindung des Rads und der Schwerkraft beizuwohnen.
In Luxemburg ist eben alles besser, schöner und größer – selbst die Staus sind unvergleichlich. Damit die ausländischen Pressemenschen darüber nicht allzu betrübt sein sollen, wie endgeil Luxemburg und wie schlecht ihr eigenes Land ist, kam der Schnee am Donnerstag zur rechten Zeit. Busse hatten mindestens eine Viertelstunde Verspätung beziehungsweise kamen gar nicht. Man will ja „relatable“ bleiben, wie die Kommunikationsmenschen sagen.
Aber pünktliche Busse und Züge, die einen auch noch dahin bringen, wo man hin will – das wäre ja quasi wie eine Landung auf dem Mars.
Die unbekannten Helden aus Bus und Bahn
Doch wer jetzt fürchtet, dass die Busse nicht nur im Stau stehen, sondern auch noch ab Montag überfüllt sein werden – keine Sorge! Minister François Bausch gibt Entwarnung: Bisher waren die Tickets bereits so günstig, dass „das Risiko gering ist, dass es aus Opportunismus zu einem Zuwachs an Passagieren kommt.“
Kurz, die Regierung schmeißt 57 Millionen Euro pro Jahr aus dem (Zug)Fenster und ist sich jetzt schon absolut sicher, dass es komplett sinnlos ist. Aber hey, Luxemburg hat es ja – also das Geld.
Niemand denkt allerdings an die Schwarzfahrer. Nur dank ihrer Konsequenz ist das Einführen des kostenlosen Transports heute überhaupt möglich. Klingt komisch, ist aber so: Hätten alle gezahlt, wäre das Loch im Staatshaushalt künftig größer. Also ein Hoch an die Nation der Schwarzfahrer, deren Lebensstil nun Regierungspolitik wird: Let’s not pay for it!
Und weil das alles so endgeil ist, waren natürlich schon immer alle Politiker dafür. „Ich war von Anfang an für die Tram. Und genauso habe ich mich für den gratis öffentlichen Transport eingesetzt“, hört man Lydie Polfer voller Inbrunst sagen. Auch François „der Knipser“ Bausch war bereits in seiner wilden Zeit als Schaffner für ein Abschaffen der Fahrkarten. Hasta la victoria, siempre! Selbst die Piraten haben das bereits gefordert, als sie noch keine willkürliche Spaßpartei waren.
Und es ist gar nicht so, dass DP-Chefin Corinne Cahen erst jetzt entdeckt, dass es sowas wie Bus oder eine Tram überhaupt gibt. Fahrgast Corinne war nur etwas verwirrt, dass man dann gar keinen Parkplatz braucht. Sie rät jetzt allen Kunden ihres Schuhgeschäfts per offizieller Minister-E-Mail zu diesem revolutionären Transportmittel. Toll!
Um Staminee mam Frank
Nur einer ist nicht auf der coolsten Party der Welt. Frank Engel sitzt mal wieder allein am Tresen. Zumindest sieht es so aus. So, als hätte jemand ihm geflüstert, er solle sich doch bitte für sein Facebook-Video so hinsetzen, als würde er an der Bar ein tiefgründiges Gespräch mit dem Wirt führen. So richtig vertraulich und nur unter vier Augen.
Gesagt, getan. Der CSV-Parteipräsident weiß, was zu tun ist. Und wie ein Wirt, würden auch wir eigentlich jetzt gerne verschwinden und uns unserer Arbeit wieder zuwenden. Doch Frank Engel sitzt so nah an der Kamera, dass wir uns das nicht mehr trauen. Also einfach so tun als würde man zuhören – und an etwas anderes denken.
Wie beim wöchentlichen Stammtisch legt er dann auch gleich los. Aufregerthema dieses Mal: Das Aus von weiteren Spuerkeess-Filialen. „D’Spuerkeess-Filiale sollen zougemaach ginn. Queesch uechter d’Land. Eelef Stéck. Alt nees eng Kéier“ – legt Frank Engel in kurzen und absolut prägnanten Sätzen los.
Und wer trägt die Schuld daran? Nein, nicht die Spuerkeess selbst. Wo denken Sie denn hin? Es ist natürlich der blaue Finanzminister, der so mir nichts dir nichts bei diesem Skandal zuschaut. „Wann de Minister seet, hien hätt mat näischt eppes ze dinn, hien hätt näischt kennen änneren a näischt kenne bewierken – da seet hien net d’Wourecht.“
Darauf bitte noch ein Bier. Denn es gibt tatsächlich noch eine Zugabe. Das Thema: Die „kleinen Autofahrer werden belastet“. Wir wissen nicht genau, was kleine Autofahrer sind. Aber wir stellen uns traurige Minions vor, die verzweifelt in ihrem „SUVchen“ sitzen, weil sie sich wegen „Gambia“ keinen Sprit mehr leisten können. Unser Rat: Sie sollten wie alle guten Luxemburger einfach Bus fahren und sich selbst so richtig abfeiern.