Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Pünktlich zum Wochenende blickt unsere Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Dieses Mal: Herdprämien für Politiker und Satire à la CSV.
Der Wahlkampf hat begonnen. Endlich. Ganz offiziell. Vorher war ja aber auch gar nichts davon zu spüren und zu sehen. Jetzt wird einem spätestens beim Blick zum Straßenrand klar: Der 8. Oktober ist nur noch ein paar kreative Wahlslogans entfernt.
Vorbei ist damit auch die Zeit des unpolitischen Diskurses. Nun muss sich endlich nicht mehr mit Belanglosigkeiten wie Steuergerechtigkeit, Wohnungskrise, Inflation oder Klimawandel herumgeplagt werden. Die Politiker können sich jetzt den wahren gesellschaftlichen Problemen widmen: Wessen Wahlplakate hingen zu früh? Welche hingen zu hoch, zu niedrig oder dort, wo sie gar nicht gedurft hätten? Im Zweifelsfall lautet die Antwort auf alle Fragen: die der Piraten.
Pirat auf dem Trockenen
Oberpirat Sven „The Brain“ Clement war denn auch an anderer Stelle wieder der Erste. Er machte nämlich den Auftakt des neuen superpolitischen „RTL“-Formats „Politik & Pasta“. Dort kredenzte er sein patentiertes „Hangover“-Gericht, Tagliatelle mit Hühnchen und Gemüse, und gab dabei Einblick in seine Küche sowie sein Seelenleben. Bis zu den Wahlen würde er nun keinen Tropfen Alkohol mehr trinken, proklamierte der Außenminister des Parlaments, nur um Sekunden später den Rotwein, den er der „RTL“-Küchenhilfe einschenkte, zu probieren. Ein Prosit auf die Glaubwürdigkeit!

Keinen Roten, dafür Weißwein schenkte David Wagner aus. Der Linken-Politiker scheint nach seinem Heraus-Rotieren aus dem Parlament viel Zeit nicht nur zum Geschichtsstudium, sondern auch zum Kochen zu haben. Zumindest dem Basilikum für seine „Pâtes au Pistou“ widmete Wagner, der nach eigenen Aussagen einst das Studium hinschmiss, „well ech domm war“, viel Zeit. Sehr viel. Sehr, sehr viel. Frei nach Max Weber ist Politik bekanntlich das Mörsern ganz dicker Basilikum-Blätter. Manche würden dazu anstelle eines Mörsers auch den „Blender“ nutzen, merkte David Wagner noch an. Doch mit Blendern kann der Leo Trotzki der Luxemburger Politik erfahrungsgemäß wenig anfangen.
My Name is Luca
Rotwein gab es wiederum bei Luc Frieden. Ob er diesen zuvor aus Wasser umgewandelt hatte, geht aus dem „RTL“-Beitrag in seiner – man siehe und staune – grünen Küche mit Gasherd nicht hervor. Ungeklärt blieb auch, ob ihm dort die Idee für die neue CSV-Herdprämie kam. Stattdessen erklärte er, warum er „Spaghetti Bolo“ zubereiten wolle, die seine Kinder ihm zu Ehren immer als „Spaghetti di Luca“ bezeichnet hätten.
Einer der Gründe sei, dass das Gericht schnell zubereitet werden könne. Wobei das natürlich nur für Friedens Kinder-Version der „Bolo“ gilt. #Luc steht halt auf Fast-Food – wer erinnert sich nicht an die authentischen Bilder des passionierten Burger-Fans. Der Vizepremier in spe und in Kochschürze verriet auch, dass er nun wieder mehr im Supermarkt erkannt werde. Daran habe er sich erst (wieder) gewöhnen müssen.
Es ist ein Schicksal, das er mit Fred Keup teilt, wie auch dieser am heimischen Herd offenbarte. Wein gab es beim ADR-Spitzenkandidaten hingegen nicht, obwohl eigenen Aussagen zufolge in seinem Kühlschrank eine Flasche Weißwein und eine Dose Bier niemals fehlen dürfen. Passenderweise forderten gerade erst die jungen ADRenalin-Wilden um ihren Vortrinker „Mad Maks“ eine Reduzierung der Mehrwertsteuer auf Wein und Bier im Horeca-Bereich von 16 auf acht Prozent.
Die „RTL“-Entsandte in Fred Keups Küche blieb trotzdem auf dem Trockenen sitzen und musste die authentische Spaghetti Carbonara ohne Getränk verspeisen. Beim Polit-Promi-Dinner droht bei solchen Fauxpas schon mal ein Punkteabzug. Doch der ADR-Chefkoch machte das mit seinen kulinarischen Fertigkeiten – „elo muss et schnell goen“ – wieder wett. Und bei Fred Keup muss man ja bereits damit zufrieden sein, dass er den Gast nicht als „Topert“ bezeichnet und ihn aus dem Land – pardon – aus der Küche schmeißt.
Drei-Tage-Woche à la Bausch
Wer kein Kamerateam in der heimischen Küche empfangen kann, der muss sich anders behelfen. Glücklich schätzen kann sich da, wer als emsiger Minister noch irgendwas findet, das er vorstellen oder einweihen kann. Und sei es auch nur von der EU-finanzierte Elektroladestationen, denen man gleich zu drei Ministern seine Aufwartung machen kann. Wenn die ministerielle Schublade gar nichts mehr hergibt, tut es auch die gute alte Bilanz-Pressekonferenz.

Erfahrene Minister-Füchse wissen dabei die ganze Bandbreite ihrer Regierungsverantwortung auszuspielen. François Bausch etwa brachte das Kunststück fertig, an drei aufeinanderfolgenden Tagen Pressekonferenzen zu Themen aus seinen verschiedenen Ressorts abzuhalten. Da wusste man als Journalist gar nicht, was man an den Bausch-freien Tagen anfangen sollte.
Taina Bofferding ihrerseits hat dieser Tage gar keine Zeit, um irgendeine Bilanz zu ziehen. Das social-media-taugliche Abklappern von Rettungszentren nimmt halt auch für eine erfahrene Insta-Queen viel Zeit in Anspruch. Claude Meisch machte derweil, was Claude Meisch immer macht: Er gründete einige neue „Lycée“-Sektionen und eröffnete eine internationale Schule.
Praktisch für die Parteien ist, wenn sie neben ihren Ministern auch gleich noch andere Kandidaten in ein medienwirksames Event einbauen können. Da macht es sich bezahlt, wenn der Direktor der Gesundheitsbehörde zugleich LSAP-Kandidat ist oder die stellvertretende Schuldirektorin sich auch auf einer DP-Liste befindet. Das ist die Partei, die laut ihrem Kapitän Xav auch allein regieren könne, immerhin sei sie eine soziale, ökologische und liberale Partei.
„Kee Kleeschen mat Kaddoen op Puff“
Als Sowohl-als-auch-Partei brauchen Xavs Liberale da eigentlich keine Koalitionspartner. Wenn da nicht diese blöde Sitzverteilung wäre und #Luc, der dreist behauptet, „das Soziale, die Wirtschaft und das Ökologische vermöge niemand besser zu verbinden als die CSV“, so das „Luxemburger Wort“. Laut Xav verspreche dieser Här Frieden aber sowieso Dinge, wie Steuererleichterungen für jedermann, die so nicht realistisch seien. Er wiederum sei nicht „de Kleeschen“, so Xav bei „Radio 100,7“. Mit ihm gebe es keine „Kaddoen op Puff“.
Apropos Sitzverteilung: Die rezente „Sonndesfro“-Umfrage prognostizierte der LSAP mehr Mandate als der DP, womit Paulette Nationale Anspruch aufs Xavs Premier-Thron erheben könnte. Wer befürchtet, dass das der Heilsbringerin der Sozialisten zu Kopf steigen könnte, der kann jedoch beruhigt sein: „Ich bin nicht Jesus…“, stellte die Philosophin unter den Spitzenkandidaten nun im Interview mit dem „Lëtzebuerger Journal“ ein für alle Mal klar. Nicht, dass es noch zu Verwechslungen mit dem Messias einer anderen Partei kommt.
#Luc, der eigenen Aussagen zufolge nur hin und wieder gläubig und diese Momente wohl eher nicht an den Nikolaus verschwendet, hat bekanntlich noch nie gekifft, Paulette ist ihm da einen Schritt voraus. „Ich habe bereits gekifft, aber nie gerne. Ich habe keinen Bezug dazu. Das gibt mir nichts. Ich trinke lieber ein Glas Wein“, offenbarte die im Ostbezirk antretende Spitzenkandidatin dem knallharten „Journal“-Fragensteller. Oder einen Whisky, aber natürlich in Massen – pardon – in Maßen.
„De Papp“ is back in town
Dass neben Whisky und Wein vor allem Bier schmeckt, weiß niemand besser als der „brewery-mayor“ aus Käerjeng. Noch vor Kurzem hatte „Michi“ Wolter die USA unsicher gemacht, nun zieht „De Papp“ mit seinen Artgenossen durch den Südbezirk. Besser gesagt, er fährt. Und das, wie es sich für einen echten Ami gehört, stilecht im quietschgelben US-Schulbus. „Um Tour mat den CSV-Südkandidaten…Flott Experienz an e puer enentdeckt Talenter 😉 😉 😉 😉 “, befand Michi auf Facebook. Damit meinte er wohl seine neue Passion für Videoreportagen.

Der Harry Hirsch unter den Wahlkämpfern ließ sich nicht nur von unschuldigen Kindern Fragen zu seinem Politiker-Dasein stellen, vor Kurzem streifte er höchstpersönlich mit einem Mikrofon durch seine Geburtsstadt Esch und belästigte dabei ebenso unschuldige Passanten. Ob er sie mit einem ortstypischen „Moien du Aarsch“ begrüßte, ist nicht auf Video festgehalten. Dafür stellte er am Ende der Aufnahme eine Quizfrage: „Wat mengt Dir, wéi vill Leit an der Politik sinn, déi vun Tuten a Blose keng Anung hunn?“ Die Retrospect-Redaktion hätte da eine Schätzung.
Satire made by CSV
Und wenn wir schon bei der CSV sind: Dieser Tage flatterte uns deren neues Satire-Magazin, in vier Regionalausgaben, ins Haus. Bereits der Titel „Zäit fir eng nei Politik“ ist ein echter Brüller. Und bei der Beschreibung der einzelnen Kandidaten griffen die parteiinternen Autoren erst so richtig tief in die Ironie-Kiste. Beispiele gefällig?
Welchen CSV-Politiker beschreibt folgender Satz wohl am besten?: „Polemik bringt das Land in diesem schwierigen Dossier (Wohnungsbau, Anm. d. R.) nicht weiter, davon ist er überzeugt.“ Richtig: Marc Lies. Denn der ist „eher der zurückhaltende Typ, ruhig und diskret. Mit seiner besonnenen, aber auch direkten Art ist Marc Lies der beste Beweis, dass man in der Politik auch ohne viel Tamtam und ohne Selfies und Posts in Endlosschleife erfolgreich sein kann.“
Die Retrospect-Redaktion hätte es nicht besser formulieren können. Ebenso wenig wie den Satz „Jung, politisch, unkompliziert, vor allem aber pragmatisch“, der natürlich nur auf Serge Wilmes zutreffen kann, sowie mit „stets gut gelaunt zieht er durch die Straßen der Hauptstadt (…), spricht mit den Leuten und hört ihnen zu“ ja nur Laurent Mosar gemeint sein kann.
„Wer ihn kennt, weiß, dass er es ernst meint“, passt denn auch wie die Faust aufs Auge zu Maurice Bauer ebenso wie, dass Paul Galles zumindest „immer in Bewegung“ und Alex Donnersbach „immer engagiert war“. „Bei Risiken und Nebenwirkungen, fragen Sie Ihren Apotheker“, heißt es hingegen etwas uninspiriert bei Alain de Bourcy, während man mit dem „bunten Hund“ Vincent Reding offenbar „Pferde stehlen kann“, Ricardo Marques „einfach nur leben“ will und Stephanie Weydert schlicht Theodore Roosevelt zitiert.
Ganz oder fast ohne Ironie gehen die CSV-Satiriker aber mit ihren politischen Schwergewichten um. Mit „Ein Mann für alle Fälle“ kann selbstredend nur Michi Wolter gemeint sein und mit „Er ist ein Macher“ niemand Geringerer als Gilles Roth. Der Satz „Sein Vorbild ist nicht Jagger, sondern Pierre Werner“, hingegen lässt einen im ersten Moment etwas stutzen, ehe ein anderer Satz zur Auflösung führt, dass es sich hier nur um Claude Wiseler handeln kann: „Er ist der Ausgleich in Person“.
In diesem Sinne wünschen wir Ihnen – ganz ohne wahlkämpferische Ironie – ein ausgeglichenes Wochenende!