Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Pünktlich zum Wochenende blickt die REPORTER-Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Diese Woche: Lahme Enten, lustige Grüne und auferstandene Zombies.

An wen denken Sie, wenn Sie „level playing field“ oder „Triple A“ hören? Natürlich. An den besten Finanzminister seit der Kopernikanischen Wende, the one and only Pierre Gramegna. Doch zum Abschied zeigte der volksnahe „Jong vun Esch“ eine Seite, die wir noch nicht kannten: seine poetische Seele. „Lëtzebuerg ass eng sozialgerecht Gesellschaft an eng Pärel um Planéit, passt gutt op eist Land op“, deklamierte der baldige Frührentner im Parlament.

Der vor Bescheidenheit nahezu explodierende Minister ist aber, und das wissen nicht viele, nicht nur ein biegsamer Budgetsanierer, sondern auch ein Träumer. Jemand, der das Schöne und Liebe sieht, auch da, wo es nicht ist. Bei der Pressekonferenz mit der EU-Kommissarin Mairead McGuinness träumte der Noch-Minister von seinem Olivenhain in der Toskana.

Und bei der letzten „Tripartite“ freundete sich die liberale Lame Duck mit einem Senninger Enterich an, den er mit Floskeln über „grüne Finanzen“ fütterte, ohne dass das arme Tier widersprechen konnte. #Goldig

Foto: Julien Garroy/Twitter.com

 

Ein bisschen werden wir ihm ja schon nachtrauern, dem Mann, der tatsächlich damit durchkam, in Rekordhöhen steigende Staatsschulden als nachhaltig zu verkaufen. Obwohl er kritische Journalisten ja eher als lästige Spezies empfindet, wie wir spätestens seit Luxleaks, dieser wahrlich „schlimmsten Attacke in der Geschichte unseres Landes“ (Gramegna), wissen. #MissYouAlready

Danger Dan

Während Pierre Gramegna höfliche Ratschläge verteilt und in Gedanken schon in der Toskana weilt, ist Dan Kersch ebenfalls auf Abschiedstournee – allerdings mit mehr Krawall. Vergangene Woche bescheinigte er seinen neuen alten Kollegen im Parlament, dass die Arbeitslast eines Ministers nicht mit der eines Abgeordneten zu vergleichen sei. Wie er das wissen kann, obwohl er nur einige Tage Abgeordneter war, erschließt sich uns zwar nicht. Aber das mit der Rechtfertigung seiner Kabinettsflucht ist wohl so wie mit Kerschs Erfolgsrezept Corona-Steuer. Allein die Idee zählt, der Rest ist in einigen Wochen schon wieder vergessen.

Gute Ratschläge hat Kersch natürlich auch. Beispiel Impfpflicht, da hält es der in den eigenen Reihen als „Erdodan“ gefürchtete „Sozialist“ nämlich mit dem deutschen Klassenfeind: „Ech zitéieren den Friedrich Merz, dee gesot huet, et geet net duer, eng allgemeng Impfpflicht anzeféieren, et muss een se dann nach ëmsetzen. Solle mer d’Arméi bei d‘Leit heemschecken an dann zwangswéis an d‘Spidol brengen, bei d‘Nol bréngen?“

Wir wissen zwar, dass man die aufbrausenden Worte des Noch-Ministers nicht auf die Goldwaage legen darf. Und auch Paulette Lenert hat ihrem Förderer nach dem „RTL-Background“ sicher erklärt, dass es einen Unterschied zwischen Pflicht und Zwang gibt. Da hält es Luxemburg nämlich wie mit Wählen und Steuern zahlen. Beides muss man als braver Bürger tun, doch meist geschieht trotzdem nichts, wenn man es sein lässt. #Pssst

Die nackte, grüne Wahrheit

Die Grünen sind allerdings das genaue Gegenteil von „Danger Dan“ – immer lieb, nett und konstruktiv. Nur keinem wehtun. Deshalb wird der sozialistische Bulldozer aus Monnerich auch Müsli aus ihnen machen, wenn er im Januar ins Parlament wechselt und aus dem unbedingten Koalitionszwang auf einmal nurmehr eine „Pflicht“ wird. Aber das ist andere Geschichte.

Nein, die Grünen sind allzeit bereit, um Gutes in der Welt zu tun – besonders Chef-Scout François Benoy. Sie kennen ihn bisher vielleicht weniger als schlagfertigen Politiker, sondern als Nacktfuß-Model für energetisch einwandfreies „Schöner Wohnen“ bei den Kollegen von „Paperjam“. Natürlich machte er auch brav mit beim „sozialen Happening“ des Jahres: #Lëtzebuergtestsech. Doch das ging in die … Nase. #Höhö

Für die gute Sache ziehen die Grünen sogar blank – also im übertragenen Sinne. Das neue Transparenzregister des Parlaments (bisher eine splitterfasernackte Tabelle) reicht ihnen offenbar nicht. Sie wollen jedes Treffen mit Lobbyisten offenlegen. Nur wer der nackte Mann in ihrem Werbevideo zur vollen Transparenz ist, sagt natürlich niemand. Aber wir haben da einen Verdacht …

Ein entlaufener Zombie

Immer wenn man glaubt, es ist vorbei, geht es weiter – in neuen Varianten. Nein, es geht nicht um die Pandemie, sondern um den Index. Was ist ein potentiell tödliches Virus gegen ein Instrument, das den Unternehmen jede Luft zum Atmen nimmt. Der Pierre Gramegna für Anfänger aka Carlo Thelen ließ diese Woche die Zombie-Debatte aus dem Verlies im untersten Keller der Handelskammer. Dabei sind die Wahlen erst in zwei Jahren!

Gegen die Index-Debatte kann man leider nicht impfen. Was aber die Hobby-Ökonomen vom Kirchberg nicht bedacht haben: Selbst einer der ihren, der liebe Pierre, ist mittlerweile immun. Die neosozialliberale DP brüstet sich gar damit, dass in der zweiten Amtszeit von Blau-Rot-Grün drei Indextranchen „die Kaufkraft gestärkt“ haben. So dreist würde nicht mal „Danger Dan“ mit dem Index Parteipolitik machen.

Grundsätzlich unterschätzen die Index-Gegner aber die Armee, die die Befürworter in der Hinterhand haben. Denn wenn des Luxemburgers liebste Maßnahme auch nur etwas „gedeckelt“ würde, dann reichen wohl 100 Wasserwerfer nicht, um die Horden an wütenden Staatsbeamten in Schach zu halten. #LibertéLiberté

Die ADR-Mutanten

Apropos Wasserwerfer: Wer dachte, die ADR sei die „Law and Order“-Partei des Landes, wurde diese Woche eines Besseren belehrt. Demonstranten, die sich der Polizei widersetzen, seien doch nur ganz nette besorgte Bürger. Der Einsatz am vergangenen Samstag sei „übertrieben“ gewesen, meinte Fernand Kartheiser. Sein Kollege Fred Keup hatte das Memo nicht erhalten und meinte, das sei eine böse Unterstellung der perfiden Presse.

Die Ansichten der ADR mutieren dabei schneller als das Coronavirus. So schnell, dass mancher den Überblick verliert. Fred Keup lobt Demonstranten, die auf Französisch Parolen skandieren. Man weiß natürlich nicht, ob er alles verstanden hat. Schließlich ist der gute Luxemburger schnell mal überfordert mit dieser Sprache.

Die ADR ist nun also obrigkeitskritisch und schaut der Polizei genau auf die Finger. Und auf der anderen Seite outen sich so manche notorische Systemkritiker und aktive Anhänger von Luxemburgs linksliberaler Intelligentsia („Twitter“) als inbrünstige Polizeistaatfans, die der Ordnungsmacht spontan Applaus spenden. #WhatATimeToBeAlive

Neue Spürnasen

Wir leben aber wirklich in einer verkehrten Welt: Während die Rentner auf Facebook zum Systemsturz aufrufen, will die Jugend nur Netflixen und chillen. Damit endlich mal alle ein wenig runterkommen, wäre eine Cannabislegalisierung sicher hilfreich. Doch Luxemburg ist bekanntlich bloß eine „Pärel“ und definitiv keine Insel.
Und deshalb ist das mit der Legalisierung anscheinend etwas komplizierter als versprochen. Wie das auf einer Insel funktioniert, beweist diese Woche hingegen Malta. Die Malteser haben als erstes Land der EU Anbau und Konsum von Cannabis legalisiert und damit dem „first mover“ der Herzen aka Pärel um Planéit ganz schön die Show gestohlen.

Humor im Umgang mit Drogen bewies diese Woche derweil die Gefängnisverwaltung. Um den Drogen in Schrassig auf die Spur zu kommen, arbeiten seit dieser Woche nämlich zwei Drogenspürhunde im Strafvollzug. Ausgebildet wurden die beiden Spürnasen dabei vom Zoll. Die beiden belgischen Malinois-Vierbeiner tragen dabei Namen, die so mancher Drogendealer noch aus seinem Berufsalltag kennen dürfte: Vic und Haze. #NasenBranding

An dieser Stelle wollen wir Ihnen aber schon mal eine möglichst geruhsame Vorweihnachtszeit wünschen. Lassen Sie sich nicht provozieren oder polarisieren und machen Sie es sich im Zweifel zu Hause gemütlich. Bleiben Sie gesund und mindestens so ungezwungen gut gelaunt wie das Team um die europäische Wellbeing-At-Work-Beauftragte Monica S. #SmileItAllAway

Foto: Monica Semedo/Twitter.com

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