Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Pünktlich zum Wochenende blickt unsere Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Dieses Mal: viel Spekulatius und verregnete Tage in Senningen.

„Moien! Ech sinn de Xav an ech sinn Ären neie Chef!“ So ähnlich, aber bestimmt noch viel enthusiastischer muss Noch-Premier Xavier Bettel die Beamten des Außenministeriums begrüßt haben. Davon ist zumindest auszugehen, denn wie das „Tageblatt“ berichtet, soll sich der künftige Chefdiplomat dort bereits bei mehreren Abteilungen vorgestellt haben.

Dabei soll es auch zu einem direkten Aufeinandertreffen mit Noch-Amtsinhaber Jean Asselborn gekommen sein, wie die Retrospect-Redaktion aus überaus schlecht informierten Kreisen erfuhr. Jang soll gerade total erschöpft vom EU-Außenministertreffen in sein Büro zurückgekehrt sein, als er Xav auf seinem Schreibtisch stehend vorfand. Noch ehe Jang fragen konnte, was das soll, meinte Xav: „Moie Jang, hei so mir mol, op dat Bild hei riicht hänkt!“

Dem verdutzten Jang blieb der Mund offenstehen beim Anblick der großen „Pringles“-Packung, die da auf einmal über seinem Schreibtisch thronte. Als er dennoch etwas sagen wollte, fiel ihm Kunstliebhaber Xav abermals ins Wort: „Och, weess de wat, looss et sinn. Wann’s du deng Biller sou ophänks, wéis du ëmmer déng Corona-Mask unhas, da gëtt dat näischt. Ech froen de Luc, wat hie mengt“, so Xav.

Nachdem Jang sich wieder gefasst hatte und Xav vom Schreibtisch gestiegen war, sollen die beiden auch kurz über die künftige Flüchtlingspolitik gesprochen haben. Xav hat da nämlich eine super Idee. Anstatt all dieser hässlichen Zelte, in denen die „Dubliner-Männer“ (dixit Jang) nun unter der Brücke wohnen, will Xav ihnen ein Trampolin zur Verfügung stellen.

Trampoline für die Welt

Wir erinnern uns: Getreu der Bettelschen liberalen Sozialtheorie ist es nicht zweckmäßig, Menschen, die Unterstützung brauchen, einen Fallschirm oder ein Netz (zum Auffangen), oder gar ein Sofa (zum „Pennen“) zu geben. Die Betroffenen bräuchten eher ein Trampolin, damit sie es aus eigener Kraft nach oben schaffen. Schwerkraft scheint nicht Teil der liberalen Theorie zu sein.

In dieser Logik ist Xav bekanntlich ja auch der Auffassung, dass Personen, wenn sie ein paar Jahre zur Miete in einer Sozialwohnung leben würden, am Ende genug gesparten haben müssten, um sich eine eigene Immobilie leisten zu können. Warum die Wohnungskrise trotzdem immer noch nicht gelöst ist, ist uns da ein Rätsel.

Jang jedenfalls soll zu all dem nichts gesagt haben, Beobachter wollen aber eine Träne im Augenwinkel gesehen haben, als er sein Fahrrad aus der Tür seines Büros schob. Xav soll Gerüchten zufolge nicht nur Außenminister, sondern auch Kooperationsminister werden. Das kommt ihm gelegen. Wie er von Kollegen aus seiner aktuellen Regierung – anscheinend trifft die sich noch gelegentlich – gehört hat, kann man auch als Entwicklungsminister die spannendsten Länder mit den besten Restaurants, Hotels und Bars bereisen.

Und wenn man da auch noch überall Trampoline verteilt, dann müsste Xav der Friedensnobelpreis doch gewiss sein. Den hätte er bereits für seinen Bemühungen um eine Lösung im Ukrainekrieg verdient gehabt. Gut informierten Kreisen zufolge – also eigentlich nur den Aussagen von Xav selbst – war er in den entsprechenden Gesprächen ganz knapp gescheitert.

Schärfster Oppositionspolitiker des Landes

Derzeit ist aber noch Franz Fayot Kooperationsminister. Obwohl man bei Firlefranz bereits seit Monaten den Eindruck hat, dass er sich in der Opposition befindet. Zumindest scheint er nur noch einer Beschäftigung nachzugehen: den armen Luc Frieden zu kritisieren. Und das für Dinge, die der alte Frieden einst tat und der neue #Luc nun vielleicht auch irgendwie erwägt, wieder zu tun. Stichwort: Austeritätspolitik. Zumindest will Firlefranz das aus den spärlichen Pressebriefings des „Formateur“ herausgehört haben, der derzeit im beschaulichen Schloss in Senningen die Wahlprogramme von CSV und DP in „exzellenter Atmosphäre“ neben- und übereinanderlegen lässt.

Zwischenzeitlich empfing #Luc auch den Großherzog – Pardon, natürlich umgekehrt – und erklärte dem interessiertesten Beobachter der Luxemburger Politik, dass nicht nur nichts mehr im Staatssäckel ist, sondern das Land offenbar auch in eine Rezession rutscht. Dabei soll der künftige Premier auch erwähnt haben, dass man sämtliche Ausgaben dahingehend analysieren müsste, wo noch Sparpotenzial vorhanden sei. Heng soll daraufhin nur kurz genickt und etwas verstohlen im Prunksaal umhergeschaut und sich gedacht haben: Hätt ich #Luc doch nur in einer bescheideneren Behausung empfangen.

So ganz einfach fällt es Xav nicht, die Hauptrolle an #Luc abzugeben. Trostpreis ist ein geschmücktes Mikrofon – in der Farbe des Neides. (Foto: SIP/Julien Warnand)

Doch zurück zu Firlefranz. Der tritt ja wenigstens noch in Erscheinung. Wenn auch nur als Oppositionspolitiker mit Regierungskarosse. Als besorgter Bürger fragt man sich da: Hat der Franz sonst nichts zu tun? Andererseits Interviews zur besten Sendezeit hatte er sonst auch eher selten. Wenn er erklären möchte, dass eine Schuldengrenze, wie sie Blau-Rot-Grün ein Jahrzehnt lang beachtete, des Teufels ist, wenn die CSV in der Regierung ist und die LSAP nicht – das hat natürlich Nachrichtenwert. Und im Übrigen waren gewisse Weinrechnungen „aus dem Kontext gerissen“, beschied Cato, äh, Fayot, der Jüngere.

Sommerpause bis Weihnachten verlängert

Was machen eigentlich die anderen Minister? Immerhin sind sie noch in Amt und Würden, wenn auch nur auf Zeit. Gibt es etwa nichts mehr zu tun? Doch das sind alles nur rhetorische Fragen. Das ist fast so, als würde man fragen, warum die gewählten und bereits am 24. Oktober vereidigten 46 Abgeordneten nicht bereits ein bisschen ihrer Arbeit nachgehen, auch wenn die neue Regierung noch im Entstehen ist.

Nur dem einzigen hauptberuflichen Studenten im Parlament fiel auf, dass die Sommerferien nahezu nahtlos bis Weihnachten verlängert wurden. „Dat ass net normal an ondemokratesch“, postete David Wagner auf „X“. Wahrscheinlich kommen die neuen Parlamentarier einfach nicht zum Arbeiten, weil die Medien sie ständig porträtieren wollen.

Xav präsentiert exklusiv in Senningen die neue Herbstmode aus München. Iron Lydie steht aber mehr auf Pariser „Créateurs“. (Foto: SIP / Jean-Christophe Verhaegen)

Wenigstens erfährt man dabei Dinge, die man noch gar nicht über die ehrenhaften Volksvertreter wusste. Dass Tom Weidig lediglich „der Mann, der gegen den Strom schwimmt“, ist, das war etwa dem „Luxemburger Wort“ zu entnehmen. Das wäre in der Tat nicht das erste Attribut gewesen, das uns zum ADR-Politiker eingefallen wäre. Zudem wissen wir jetzt aber auch, dass Tom Weidig angesichts seiner Wahl ins Parlament keine Freudensprünge macht. Denn jetzt müsse er aufpassen, was er sagt. #topert

Mëllech gefëmmt

Tatsächlich sind die neuen Abgeordneten noch in der Aufwärmphase. Manches Argument ist noch so schief, dass es „hilarité générale“ im Parlament auslösen würde. Aber im „RTL-Background“ hört das ja fast niemand. Die jungen Politiker Liz Braz, Ben Polidori und Luc Emering konnten also ganz ungestört sagen, was sie schon immer mal sagen wollten. Zum Beispiel, dass es in der Klimapolitik zu viele Verbote gibt. Also wenn es denn welche gäbe, die sie benennen könnten.

Es geht ums Gefühl. Unter den Bauern würde niemand verstehen, dass so etwas Gesundes wie Milch und Fleisch quasi verboten würde, während andrerseits jeder zu Hause Cannabis anbauen und rauchen dürfe. „Also nur als Beispiel“, sagt der Jungbauer und liberale Arbeitswütige Luc Emering. Das musste mal gesagt werden. Nur deprimierend, dass wir uns das dann auch noch anhören müssen.

Spekulatius bis zum Abwinken

Es ist eine komische Zeit, dieses politische Vakuum zwischen Wahlkampf und der Bildung einer neuen Regierung. Den Medien bleibt da oft nur, sich in Spekulationen zu üben. Natürlich kann auch die Retrospect-Redaktion mit spektakulären und absolut nicht gesicherten Informationen aufwarten, wer künftig welches Ministerressort übernimmt.

Premierminister wird – halten Sie sich fest – Luc Frieden. Zudem werden dem Premier die Medien und die Justiz unterstellt sowie auch ein neu geschaffenes Finanzressort, dass sich exklusiv um die Belange der Deutschen Bank und der BIL kümmert. Den Rest der Finanzen kann Gilles Roth übernehmen. Minister für Gesundheit, Anstand und Moral wird hingegen Jean-Louis Schiltz. Niemand kennt sich besser mit einem schnellen Zugang zur Medizin aus und kann darüber hinaus noch super mit Kritik umgehen.

Helene-Fischer-Fan Léon Gloden wird Minister für Innere Sicherheit und Schlager. Als Staatssekretär, verantwortlich für die Polizei, wird ihm Pascal Ricquier zur Seite stehen. Gaston Vogel wird Staatssekretär für die Gemeindepolizei und den Platzverweis. Ebenfalls mit dabei in der neuen Regierung: Claude Wiseler als Minister für Planwirtschaft, Astrid Lulling für den Weinbau sowie Viviane Reding als Schattenministerin für alles. Zudem gelingt der CSV der politische Coup, Monica Semedo zu rekrutieren. Sie übernimmt das neue Ministerium für Work-Life-Balance.

Bei der DP wird Xavier Bettel, wie bereits erwähnt, Außen- und Kooperationsminister, zudem wird ihm das neue Ressort für Urheberrecht zugeteilt. Max Hahn behält zwar das Familienressort, jedoch übernimmt Claude Lamberty die Großregion. Das Wohnungsbauministerium kann logischerweise nur Maggy Nagel übernehmen. Sie hat bekanntlich Erfahrung, wie man mit Nichtstun das Vermögen der Großgrundbesitzer vermehrt und hat zudem aus Dubai einige Ideen für sozialen Wohnungsbau mitgebracht. Auf das Kulturressort verzichtet Maggy Nagel aber diesmal. Das übernimmt Guy Daleiden, dem zugleich das Budget anvertraut wird.

Völlig überraschend, in den Augen der Retrospect-Redaktion aber auch lange überfällig, wird Marc Hansen endlich Mitglied der Regierung. Als „Luxchat“-Minister kümmert er sich künftig ausschließlich um den Premium-Messenger-Dienst für Staatsbeamte und peilt damit bereits die Internationalisierung an, die das Loch im Staatshaushalt füllen soll. Es kann also nichts mehr schiefgehen.