Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Immer samstags blickt die REPORTER-Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Diese Woche: Transparenz im Überfluss und ziemlich linke Sozialisten.
Diese Woche hieß es: Abschied nehmen. Nein, nicht von der Großherzogin oder gar von der ganzen Monarchie. Letztere soll nun von Premier Xavier Bettel höchst persönlich vor sich selbst geschützt werden. Ein Bericht eines pensionierten Beamten, ein Machtwort des Regierungschefs und eine bald folgende große Reform sollen dafür sorgen, dass endlich wieder Ruhe im Palast einkehrt. Schluss also mit dem Personalkarussell, vorbei die Gerüchte um die Auswüchse unkontrollierter royaler Herrschaftsgebaren. Also doch irgendwie ein Abschied.
Dabei ist das Staatsministerium geradezu im Transparenzrausch. Nicht nur wurde der kritische Waringo-Bericht ratzfatz online gestellt. Auch veröffentlichte die Regierung den Abschlussbericht über das SRE(L)-Archiv, in dem laut „Tageblatt“ zwar „kein Bommeleeër“, dafür aber „viel Angst vor dem Kommunismus“ zu finden ist. Bei der Vorstellung des Berichts zeigte sich der Premier denn auch auffällig gut gelaunt und scherzte mit den anwesenden Journalisten, dass der heutige SRE nichts mehr mit dem skandalträchtigen SREL zu tun habe, ja komplett harmlos sei. Großes Premier-Ehrenwort!
Fragen über Fragen …
Weniger harmlos ist natürlich der sogenannte Corona-Virus. Auch in Luxemburg bewegten sich die Medien in ihrer Berichterstattung der vergangenen Tage zwischen nüchterner Aufklärung und latenter Panikmache. Nur „RTL“ ging der Sache jedoch so richtig auf den Grund. In den Abendnachrichten ging die Moderatorin jedenfalls ernsthaft der Frage nach, ob der Corona-Virus denn irgendwas mit dem bekannten „Corona-Béier“ zu tun habe. Tja, man weiß es nicht.
Es handelt sich aber leider nicht um eine exklusive etymologische Corona-Recherche. Denn nicht nur Luxemburgs größter TV-Sender, auch die BILD-Zeitung hakte in der Sache schon investigativ nach.
Wir finden jedenfalls: Im Dienst des journalistischen Wahrheitsanspruchs sollte man hier jeder, auch noch so lächerlich klingenden Spur nachgehen! Und die Untersuchung auch auf andere Bereiche ausweiten: Ist Großherzogin Maria TERESA eine Reinkarnation von Mutter TERESA? Verdient Etienne SCHNEIDER sein Geld wirklich mit der handwerklichen Textilverarbeitung? Und ist CSV-Chef Frank ENGEL tatsächlich ein Abgesandter Gottes in himmlischer Menschengestalt? Fragen über Fragen, deren dringende Beantwortung wir uns vom nächsten „RTL Journal“ erhoffen.
Die Kehrseite der „Freiheit“
Aber eigentlich waren wir ja beim Thema Abschiednehmen. Dieses betrifft nämlich nicht den Monarchen, sondern einen selbsternannten Macher. Etienne Schneider hat nun offiziell wieder sein Leben zurück. Und mit dieser Freiheit gehen natürlich auch Ungewissheiten einher. Wie soll man sich etwa als Ex-Minister, der jahrelang immer nur in einer vom Staat gesponserten Luxuskarosse umherkutschiert wurde, jetzt fortbewegen?
Ein wahres Dilemma, wie Schneider diese Woche verriet. Denn mit der Aufgabe von Amt und Würden geht nicht nur der Verlust des Chauffeurs und Personenschützers einher. Nein, auch das Auto vom Staat darf man nicht einfach behalten. Wir finden das ähnlich skandalös wie der Ex-Minister, der sich nun doch tatsächlich in seinem schäbigem Rolls Royce von A nach B bewegen muss. Oder, Gott bewahre, sich von seinem Minister-Übergangsgehalt ein eigenes SUVchen zulegen muss, um landesweit im Stau zu stehen. Und dann ist noch genau einen Tag vor Schneiders Abschied das Autofestival zu Ende gegangen. Das Leben ist wahrlich nicht fair.
Rote Socke statt rote Sohle
Fest steht aber: Etienne Schneider war ein Wirtschaftsminister, wie ihn sich die Unternehmer wünschen: Er sorgte sich stets um das Wohl der Luxemburger Wirtschaft, was ihm dieser Tage auch den uneingeschränkten Dank seiner Fans im Patronat einbrachte. Schneider genoss das wie ein wahrer Gentleman ohne große Worte.
Ganz dezent, wie man ihn kennt, trat der Genosse der Bosse auch bei seinem Abschied im Palais auf. Er trug Schuhe von Christian Louboutin, Modell Larrieu, zum Spottpreis von 850 Euro – und den berühmten roten Sohlen. Falls Sie es nicht wissen: Der Pariser Louboutin ist stolzer Besitzer eines Ladens in der Rue Philippe II und (natürlich) einer Holding mit ganz viel wirtschaftlicher Substanz.
Schneiders Nachfolger Franz Fayot hat dagegen nicht so viel Stil. Vor allem ist er eine rote Socke, ein ganz und gar verbitterter Sozialist, wenn man den Porträts in den Medien glauben darf. Fayots Vergangenheit als tüchtiger Geschäftsanwalt und sein smartes, urbanes Hipster-Outfit sind dabei nur Tarnung.
Wessen Geistes Kind der neue Minister ist, stellte er rezent wieder unter Beweis: „Ich war nie besonders wirtschaftsliberal“, sagte er dem „Land“. Demnach versetzt er laut den Medien denn auch die Arbeitgeber des Landes bereits in Angst und Schrecken. Die „Luxembourg Times“ nennt ihn gar einen „left wing favourite“ seiner Partei. Schlimmer geht es für einen stolzen Luxemburger Sozialdemokraten nun wirklich nicht.