Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Pünktlich zum Wochenende blickt die REPORTER-Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Diese Woche: Parlamentarische Spielchen und das Ende einer Odyssee.
Was tut man als Oppositionspartei, wenn man mit den eigenen Vorschlägen bei der Regierung stets auf taube Ohren stößt? Die meisten Parteien finden sich damit ab, die Politik zu kritisieren. Die CSV will allerdings wie ein Streber unbedingt wieder gestalten. Also heißt es: Schnell mal das Koalitionsabkommen aufschlagen und sich die Punkte aussuchen, mit denen man selbst auch einverstanden ist.
Eigentlich ein lupenreiner Plan: Die Regierung kann ja schlecht gegen etwas stimmen, was sie selbst umsetzen will. Das dachten sich zumindest die christlich-sozialen Schlaufüchse Laurent Mosar und Gilles Roth. Die beiden Finanzexperten der CSV wollen für mehr Steuergerechtigkeit sorgen, indem die „stock options“ verboten und die Spezialfonds („d’Fissen“) transparenter besteuert werden. Beide Instrumente wurden zwar von der CSV eingeführt, aber egal: Heute werden sie ausgenutzt, um Steuern zu vermeiden, was in Luxemburg bekanntlich ein absolutes No-Go ist.
Wer weiß schon, was passiert…?
Die Rechnung haben Mosar und Roth allerdings ohne den blau-rot-grünen Wirt gemacht. Die Oppositionspartei wollte die Regierung doch tatsächlich dazu auffordern, noch bis Ende des Jahres diese Steuernischen abzuschaffen oder anzupassen. Das wäre dann doch ein bisschen zu voreilig für die Regierungsparteien. Also schmetterten sie die Motion lieber mit fragwürdigen bis keinen Argumenten ab.
„Wir wissen nicht, was passiert, wenn wir die Stock options abschaffen“, sagte etwa DP-Fraktionschef Gilles Baum, dessen Partei sich im Koalitionsvertrag für eine Abschaffung des Instruments ausgesprochen hat. Wer weiß schon, was passiert? Das ist natürlich ein unschlagbares Argument. Zur Sicherheit sollte man es zur Leitlinie jeglicher Regierungspolitik erheben. Denn wer weiß schon wirklich, was passiert, wenn Cannabis legalisiert wird? Oder wenn die Tram einmal fertig ist? Lieber weiter abwarten als vorschnell Politik zu gestalten, die man der Öffentlichkeit einmal in schriftlicher Form versprochen hat, lautet das neue Baum’sche Gesetz.
„Ech soen näischt zum Frank Engel“
Witzigerweise hält sich auch die CSV bei ihren Interna an diese Devise. Ob er meine, dass Frank Engel auch noch im kommenden Jahr Parteichef der CSV sein werde, wurde Laurent Mosar bei Radio 100,7 gefragt. Die Antwort: Darüber wolle er nicht sprechen. Was dann zur legendären Schlagzeile führte: „Laurent Mosar: Ech soen näischt zum Frank Engel“.
Apropos: Auch Frank Engel hat schon eine Zeit lang nichts mehr gesagt. Nachdem er im ausgehenden Sommerloch für eine (sehr, sehr) latente Debatte über Steuergerechtigkeit gesorgt hatte, dann von der eigenen Partei zurückgepfiffen wurde, lebt der Parteivorsitzende zurückgezogen in seinem trauten CSV-Generalsekretariat.
Das Ende des Industriestandorts ist nahe
War sonst noch was? Ach ja, die Sache mit der Joghurtfabrik… Jetzt hat „Fage“ (sprich: Fayyééee) doch tatsächlich die Reißleine gezogen. Eine Gemeinde, die sie sowieso nicht bei sich haben wollte, eine Regierung, die sich nicht einig ist, und dann auch noch Diskussionen über ihre Geschäfts- und Buchhaltungspraktiken: Das müssen sich die Griechen nun wirklich nicht bieten lassen.
Wir finden: Schade, äußerst schade! Jedem, dem das Wohl des Wirtschaftsstandorts Luxemburg am Herzen liegt, wird es genauso gehen. Nach dem Motto „Je suis Fage“ zeigte sich auch Fedil-Präsidentin Michèle Detaille im Interview mit den Nation-Branding-Fachleuten von „Paperjam“ wahrhaftig „scandalisée, déçue et en colère“.
Andererseits können wir genauso wie im Umweltministerium unsere Schadenfreude nicht ganz verbergen. Letztlich wissen wir aber nicht genau, was wir fühlen sollen. „Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust“ – Die eine glaubt noch immer an die romantische sozialistische Idee von einer Rückkehr der Industriemacht Luxemburg, die andere will genau dies wie die Grünen heimlich verhindern, ohne dass sie selbst den Schimmer eines Plans zur Diversifizierung unserer ach so nachhaltigen Wirtschaft hätte.
Bei einer Frage sind wir uns aber absolut sicher: Wer hätte es ahnen können?! Sich während mehr als vier Jahren durch Prozedurendschungel und politisches Hickhack kämpfen, das ist doch noch lange kein Grund aufzugeben. Vor allem weil „Fage“ doch auch schon ohne jegliche Substanz nationaler Steuerzahlungsmeister war, wenn man sich an die Aussage eines gewissen Etienne Schneider erinnert …