Luxemburg wird auf absehbare Zeit keine gesetzliche Impfpflicht gegen Covid-19 einführen. Das kündigte die Regierung am vergangenen Freitag im Anschluss an eine Kabinettssitzung an. Demnach wird die kürzlich erst von einer unabhängigen Expertengruppe empfohlene verpflichtende Impfung für Über-50-Jährige nicht zurückbehalten. Für eine solche Regelung hatte sich die Koalition aus DP, LSAP und Déi Gréng noch im Januar ausgesprochen.
Der Grund für die Kehrtwende sei, dass sich die epidemiologische Lage konstant verändere, erklärte Premierminister Xavier Bettel (DP) vor der Presse. Zum aktuellen Zeitpunkt sei die Verhältnismäßigkeit zwischen dem angestrebten Schutz der vulnerablen Bevölkerung und dem massiven Eingriff in die persönlichen Freiheiten der Bürger nicht gegeben, so der Regierungschef, weiter. Dennoch heiße das nicht, dass man für immer von einer Impfpflicht absehe. Sollte sich das Coronavirus wieder stärker verbreiten und zu einer angespannten Lage in den Krankenhäusern führen, könne man jederzeit gegensteuern, so Xavier Bettel.
Deshalb wolle man ein entsprechendes Gesetz, das bereits im Justizministerium ausgearbeitet wurde, auch dem Parlament und dem Staatsrat zur Begutachtung vorlegen. Die darin vorgesehene Impfpflicht für Menschen ab 50 Jahren solle jedoch nicht auf den Instanzenweg geschickt werden. Dennoch sei man so zu jeder Zeit bereit, eine solche Maßnahme schnell zu treffen, betonten sowohl der Premier als auch Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP).
Justizministerin Sam Tanson (Déi Gréng) argumentierte auch mit rechtlichen Bedenken. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte halte eine allgemeine Impfpflicht unter bestimmten Bedingungen zwar für zulässig. Diese Voraussetzungen seien aktuell allerdings nicht erfüllt, sagte Sam Tanson. Es drohe keine akute Überlastung des Gesundheitssystems und man habe es nicht mit einer ausgesprochen virulenten Virusvariante zu tun. Deshalb sei die aktuelle Lage „zu hypothetisch“, um einen so fundamentalen Schritt wie die gesetzlich verpflichtende Impfung gegen Covid-19 zu machen.
Am kommenden Mittwoch soll die Impfpflicht und das entsprechende Gutachten des Expertenrats noch einmal Thema im Parlament sein. Doch bereits vor der Regierungserklärung haben sich die Koalitionsparteien sowie die CSV in dieser Frage neu positioniert. Waren im vergangenen Januar noch 52 von 60 Abgeordneten für eine Impfpflicht, dürfte die politische Unterstützung für diese Maßnahme mittlerweile gegen Null tendieren. (CB)