Eigentlich waren sie Partner, doch nun stehen sich ACL und LaLux vor Gericht gegenüber. Vordergründig geht es dabei um vermeintlich falsche Werbeversprechen. Doch der ACL sieht auch sein Kerngeschäft bedroht und wehrt sich gegen neue Konkurrenz.

An was denken Sie bei einer Autopanne? Wahrscheinlich ist es gelb, hat einen Abschlepphaken und die Jahresmitgliedschaft kostet zwischen 27 und 90 Euro. Zweite Frage: An was denken Sie bei einem Verkehrsunfall? Wenn er glimpflich ablief, wohl zunächst an die Autoversicherung. Im Zweifel an jene mit dem orangenen Logo und den kultigen Werbespots in den 1990er Jahren. Sowohl der „Automobile Club du Luxembourg“ (ACL) als auch die Versicherungsgesellschaft „LaLux“ sind eingebrannt im kollektiven Unterbewusstsein, sie stehen für unbesorgtes Autofahren.

Seit Anfang des Jahres stehen sich die beiden Organisationen vor Gericht gegenüber. Denn der ACL hat LaLux wegen irreführender Werbeversprechen verklagt. Eigentlich geht es bei dem Verfahren aber um eine Partnerschaft, die nach fast 20 Jahren Zusammenarbeit zerbrach.

Kostenlos ist nicht gleich kostenlos

Konkret wirft der ACL der Versicherungsgesellschaft vor, dass sie potenzielle und aktuelle Kunden bei ihrer Autoversicherung in die Irre führe. Denn seit Anfang dieses Jahres bietet der Versicherer einen Abschlepp- und Pannendienst als Teil der Police an. Diesen bewirbt LaLux sowohl im Internet als auch in Werbebroschüren als „kostenlos“.

Ich muss sagen, ich bin über das Vorgehen der Lalux enttäuscht.“Yves Wagner, Präsident des ACL

Der Vorwurf des Automobilclubs: Der Dienst sei keineswegs kostenlos, schließlich habe die Versicherungsgesellschaft seit Jahresbeginn die Beiträge erhöht. Zudem würde das Drittunternehmen, das die Pannenhilfe für LaLux übernimmt, dies auch keineswegs gratis tun. Demnach sei die Beschreibung „kostenlos“ irreführend, so die Argumentation des ACL.

Die Praxis verstoße gegen das Gesetz zu irreführender Werbung aus dem Jahr 2016. Dieses sieht vor, dass unter anderem unrealistische Preisversprechen strafbar sind, wenn sie Personen zu einer ökonomischen Handlung verleiten. Außerdem habe der ACL durch die neue Police einen finanziellen Schaden erlitten, da manche Kunden ihre Mitgliedschaft nicht verlängert hätten. 2021 hatte der „ACL“  rund 194.000 Mitglieder, wovon etwa 9.300 dem Automobilclub laut Aktivitätsbericht neu beigetreten sind.

Doch der Versuch des ACL gegen die vermeintlich „kostenlose“ Pannenhilfe eine einstweilige Verfügung einzuklagen, scheiterte in erster Instanz. Denn, so das Gericht in einer richterlichen Verfügung: Eine direkte Verbindung zwischen der neuen Pannenhilfe und der Erhöhung der Beiträge sei nicht ersichtlich. Somit sei die Werbung als solche auch nicht irreführend.

Der ACL legte Einspruch ein. Doch die Richter der zweiten Instanz folgten der Argumentation der ersten. Eine Täuschung könne auch deshalb nicht vorliegen, weil die Kunden sich bewusst sein dürften, dass die Leistung, die als „gratis“ beschrieben werde, Teil eines kostenpflichtigen Vertrags sei, so das Gericht.

Gescheiterte Verhandlungen

Es ist eine Lesart, die auch die Versicherungsgesellschaft vor Gericht vertritt: Der Abschleppdienst sei eine bloße Zusatzleistung und nur in Zusammenhang mit dem Versicherungsvertrag zu betrachten. Die vorgeblich gleichzeitige Erhöhung der Versicherungsgebühr sei unabhängig von der neuen Leistung, betont derweil der Anwalt von LaLux. Den Kunden sei mitgeteilt worden, die Gebühren seien seit fünf Jahren nicht angepasst worden. Zudem seien diese auch durch die Wirtschaftslage begründet und nicht durch eine neue Dienstleistung.

Neben dem vermeintlichen Wettbewerbsnachteil erklärt sich die Klage des ACL gegen LaLux noch durch einen weiteren Punkt. Denn Informationen von Reporter.lu zufolge stand der Verein bis zum vergangenen Jahr selbst in Verhandlungen mit der Versicherungsgesellschaft, um den Abschlepp- und Pannendienst als Teil der neuen Police anzubieten. Allerdings habe es laut gut unterrichteten Quellen unterschiedliche Preisvorstellungen gegeben, was einen Abschluss verhindert habe. Der Versicherer habe dann auf einen günstigeren Anbieter aus dem Ausland gesetzt.

Mit den gescheiterten Verhandlungen endete am 1. Januar 2022 gleichzeitig eine fast 20-jährige Partnerschaft zwischen dem ACL und der LaLux. Denn der Automobilclub hatte seit 2001 einen Rahmenvertrag mit dem Versicherer, um bei Unfällen Abschleppdienste anzubieten.

Folgen im Verwaltungsrat

Auch wegen dieser langen Partnerschaft zeigt sich der Präsident des ACL, Yves Wagner, im Gespräch mit Reporter.lu ernüchtert: „Ich muss sagen, ich bin über das Vorgehen der LaLux enttäuscht. Der ACL ist ein gemeinnütziger Verein, der im Dienst der Allgemeinheit steht und einen Großteil der Gesellschaft abdecken soll. Diese Vorgehensweise widerspricht unseren Werten.“ Auf das Urteil angesprochen, betont Yves Wagner, dass man aktuell noch prüfe, ob man dagegen Berufung einlegen werde.

Die Versicherungsgesellschaft betont auf Nachfrage von Reporter.lu, dass beide Urteile die LaLux in ihren Analysen bestärkt hätten. Weiter wolle man sich zum Sachverhalt nicht äußern.

Die Fehde zwischen den beiden Parteien hatte, neben den rechtlichen, bereits personelle Konsequenzen. Quasi zeitgleich mit dem Auslaufen der gemeinsamen Konvention endete auch ein Mandat im Verwaltungsrat des ACL. Pit Hentgen, Verwaltungsratspräsident der LaLux, wird seit dem ersten 1. Januar 2022 nicht mehr als Mitglied des Aufsichtsgremiums des ACL geführt. Wie es aus gut unterrichteten Kreisen heißt, hätten dabei auch die gescheiterten Verhandlungen ein Rolle gespielt.