Neben dem öffentlichen Nahverkehr wird auch der Behindertentransport Adapto ab dem 1. März 2020 kostenlos. Eigentlich eine gute Nachricht für alle Betroffenen. Das Kollektiv hinter einer Petition kritisiert die Reform des Adapto allerdings heftig.

Am 1. März ist es soweit: Dann wird in Luxemburg der öffentliche Nahverkehr für alle Nutzer kostenlos. Nach einigen Debatten und einer öffentlichen Petition wurde dann auch entschieden, den Behindertenfahrdienst Adapto kostenlos anzubieten.

Für das Kollektiv hinter der „Petition 1329“ steht aber fest, dass bei der sogenannten Adapto-Reform die Bedürfnisse der Betroffenen außen vor gelassen wurden. Bei einer Pressekonferenz erinnerte man daran, dass es immer noch viele Unklarheiten und eine Verunsicherung bei den Menschen gibt. Die Reform sei „übers Knie gebrochen“ worden.

Dabei sollte Adapto nicht nur kostenlos, sondern auch optimiert werden – so wünschten es sich zumindest das Kollektiv 1329 sowie andere Vereinigungen wie die „Patientevertriedung“ oder der Behindertenrat. „Das war aber nicht der Fall“, sagt Ana Pinto, Urheberin der Petition, im Gespräch mit REPORTER.

Ebenso wenig habe es eine Zusammenarbeit mit dem Transportministerium für die Ausarbeitung der Reform gegeben. „Wir haben uns in dieses Dossier eingearbeitet und viel Feedback von Betroffenen bekommen. Wir haben deshalb dem Ministerium unsere Hilfe angeboten. Diese Hilfe wurde aber nicht angenommen“, so Ana Pinto.

Allgemeine Unruhe

Man habe in Kooperation mit unterschiedlichen Vereinigungen gearbeitet, sagte Transportminister François Bausch vergangene Woche im Interview mit „RTL“. Das stimmte aber nur teilweise. Jeder Adapto-Nutzer sollte einen neuen Antrag für eine Fahrkarte stellen, um den Dienst ab dem 1. März auch weiterhin nutzen zu können. Das hat für Aufregung gesorgt. François Bausch sagt, man habe die Meinung des Behindertenrates für die Ausarbeitung dieses neuen Formulars eingeholt.

„Wir hatten eine Frist von zwei Tagen, um unsere Meinung zum Formular einzureichen“, sagt Patrick Hurst, Präsident des „Centre pour l’Egalité de Traitement“ und Mitglied des „Conseil Supérieur des personnes handicapées“ im Gespräch mit REPORTER. „Und unsere Vorschläge wurden so gut wie gar nicht einbezogen. Das Formular wurde praktisch eins zu eins so veröffentlicht, wie auch wir es zugeschickt bekamen.“

Das Ministerium sieht das allerdings anders. Auf Nachfrage von REPORTER heißt es, der Conseil Supérieur habe das Formular über das Familienministerium erhalten. Dieser Brief sei am 9. Dezember verschickt worden. Erst auf Nachfrage hin habe das Verkehrsministerium dann am 10. Januar eine Antwort darauf erhalten.

Es herrscht aber generell Unruhe wegen des neuen Antragsformulars für die Adapto-Karte. Die Kunden können nicht nachvollziehen, warum es einen weiteren Antrag überhaupt braucht. Außerdem wurde das Antragsformular Ende Januar vom Ministerium veröffentlicht, ohne die Menschen zuvor darüber in Kenntnis zu setzen. Eine Informationsveranstaltung über die Prozeduren wurde erst am 4. Februar abgehalten. „Und so herrschte während zehn bis 14 Tage Panik bei den Menschen, weil sie nicht wussten, was es mit dem Formular und dem neuen Antrag auf sich hat“, so Patrick Hurst.

Eine App, die nicht jeder nutzen kann

Auch Ana Pinto bemängelt, dass durch die Reform die Qualität des Fahrdienstes wohl eher ab- statt zunehmen könnte. Sie nennt gleich mehrere Beispiele: Die Einzelfahrten würden gestrichen und die Kunden an sogenannten „Sammelstellen“ abgeholt. Das bringe fast zwangsläufig längere Fahrten für die Menschen mit sich. Außerdem würde der Bus nicht mehr bei der Busfirma selbst angefragt, sondern über eine Zentrale. Die App, die die Anfrage für einen Adapto-Bus erleichtern soll, funktioniere ohne „Voice-Over“, so dass eine blinde Person sie gar nicht nutzen könne.

Das Ministerium lässt am Dienstag in einer Pressemitteilung verlauten, dass die Umwege der Adapto-Busse künftig nicht mehr als zehn Minuten betragen sollen – so dass jeder Nutzer pünktlich an seinem Ziel ankommt. Sogenannte „Sammelpunkte“ seien aber nicht vorgesehen, heißt es von der Pressestelle des Ministeriums. Lediglich eine Art „Pooling“, also Fahrten, bei denen Personen nicht mehr alleine, sondern in der Gruppe von einem Bus gefahren werden.

Die Frist für die Anfrage der neuen Karten hat das Ministerium diese Woche noch einmal nach hinten verschoben: dieses Mal von Ende März auf Ende April – bis dahin soll jeder die Möglichkeit haben, mit einer provisorischen Karte zu fahren. Die provisorische Karte muss bei Adapto direkt angefragt werden. Aktuell seien bereits 1.500 Kunden aus dem alten System in das neue übertragen worden. Man rechne damit, dass in den nächsten Tagen 360 Kunden hinzukommen.

Und die App? „Das Ministerium hat noch kein Voice-Over-System dafür“, sagt Patrick Hurst. „Uns wurde aber gesagt, dass man daran arbeite.“