Kaum haben die beiden Piraten-Abgeordneten ihre Sitze im Parlament eingenommen, gibt es den ersten Shitstorm. Zwar hat die „technische Zusammenarbeit“ mit der ADR aus pragmatischer Sicht Vorteile. Doch die Kritiker treffen einen wunden Punkt. Ein Kommentar.
Die ADR und die Piratenpartei haben sich darauf geeinigt, im neuen Parlament als „groupe technique“ zu kooperieren. Beide Parteien verhelfen sich so gegenseitig zu mehr Gewicht und politischen Gestaltungsmöglichkeiten. Was formal als rein technische Zusammenarbeit daherkommt, ist natürlich auch ein politisches Signal.
Es stimmt zwar, dass die Kooperation für beide Partner wesentliche Vorteile hat. Gemeinsam werden ADR und Piraten künftig faktisch als Fraktion behandelt. Das bedeutet: mehr Redezeit, mehr finanzielle Unterstützung, mehr Vertretung und Mitspracherecht in den Kommissionen oder sonstigen Gremien des Parlaments. Für kleine Parteien sind diese Vorzüge nicht zu unterschätzen.
Egal, wie man es dreht und wendet: Es ist eine Zusammenarbeit zwischen zwei Parteien, und das ist per se politisch.“
Und doch wird die Entscheidung in den sozialen Medien zum Teil scharf kritisiert. Im Visier sind dabei vor allem die beiden Abgeordneten der Piraten. Sven Clement und Marc Goergen betonen allerdings, dass es „keine politische Zusammenarbeit“ mit der ADR geben werde. Es handele sich um eine rein pragmatische Verbindung, so die Argumentation.
Ein deutliches politisches Signal
Doch diese Behauptung ist freilich nicht haltbar. Egal, wie man es dreht und wendet: Es ist eine Zusammenarbeit zwischen zwei Parteien, und das ist per se politisch.
Um es konkret zu machen: Durch die Kooperation als „groupe technique“ werden die sechs beteiligten Abgeordneten von ADR und Piraten mehr Redezeit und mehr Präsenz in den Ausschüssen erhalten. Damit ermöglicht die Piratenpartei, dass etwa Fernand Kartheiser und Roy Reding künftig mehr Möglichkeiten haben, ihre Politik zu vertreten. Und umgekehrt nehmen die beiden Piraten-Abgeordneten in Kauf, dass ihr gesteigerter Einfluss nur durch das Wohlwollen der konservativen ADR möglich wird.
Die Piraten müssen sich die Frage gefallen lassen, wie wichtig ihnen ihre politischen Prinzipien sind. Oder besser gesagt: Ob sie überhaupt noch welche haben.“
Entscheidender dürfte für die Piraten jedoch das politische Signal sein, das durch diese Kooperation ausgesendet wird. Clement und Goergen kooperieren jetzt mit einer Partei, die man in der Vergangenheit in Teilen immer wieder in die rechte Ecke gestellt hatte. Der „Kampf gegen Rechts“, den sich manche Piraten im Wahlkampf auf die Fahnen geschrieben hatten, ist abgesagt.
Die neue Willkür der Piratenpartei
Wenn man sich erinnert, dass etwa „Déi Lénk“ eine solche Zusammenarbeit mit der ADR immer aus politischen Gründen abgelehnt hatten, wird der Grund für die Kritik umso deutlicher. Es geht schließlich um die Frage, was einem als Partei wichtiger ist: mehr Einfluss im Parlament oder die eigenen politischen Ideale? Die Piratenpartei hat diese Frage bis auf Weiteres unmissverständlich beantwortet.
Von der einstigen Partei, die sich glaubwürdig für Datenschutz, Informationsfreiheit und mehr Transparenz des Staates einsetzte, ist heute nicht mehr viel übrig.“
Dabei gab es auch schon vor dieser Nachricht gewisse Indizien für die inhaltliche Flexibilität der Piraten. Von der einstigen Partei, die sich glaubwürdig für Datenschutz, Informationsfreiheit und mehr Transparenz des Staates einsetzte, ist heute nicht mehr viel übrig.
Stattdessen stellten die „Realos“ um Sven Clement die Partei mit dem Ziel des Parlamentseinzugs neu auf. Diesem persönlichen Machtstreben wurde alles untergeordnet. Offen populistische Strömungen in der Partei wurden zumindest toleriert. Programmatisch herrscht eine gewisse Willkür vor, die nun einen neuen Höhepunkt erreicht hat.
Machtstreben vor politischen Prinzipien
Dank dieser Wandlung und der taktisch klugen Listen-Kooperation mit der PID haben Clement, Goergen und Co. ihr Ziel jetzt zwar erreicht. Doch als fortschrittliche Bewegung der gesellschaftlichen Veränderung wird die Partei längst nicht mehr wahrgenommen.
Die Piraten sind heute nur noch eine Partei unter vielen. Ihren beiden zielstrebigen und politisch äußerst flexiblen Abgeordneten soll es recht sein.“
Das ursprüngliche inhaltliche Projekt der 2009 gegründeten Luxemburger Piraten ist spätestens jetzt am Ende. Sie stehen heute zugleich für alles und nichts und sind nur noch eine Partei unter vielen. Ihren beiden zielstrebigen und politisch äußerst flexiblen Abgeordneten soll es recht sein.
Die Piraten sind zwar im Parlament angekommen. Für die Erreichung dieses Ziels hat man jedoch schon heute einen hohen Preis bezahlt. In den kommenden fünf Jahren müssen sich die Piraten jedenfalls die Frage gefallen lassen, wie wichtig ihnen ihre politischen Prinzipien sind. Oder besser gesagt: Ob sie überhaupt noch welche haben.