Wo fängt Inklusion an und wo hört sie auf? Vor allem bei akademischen Laufbahnen scheint sie schwierig. Dort gibt es starke Unterschiede zwischen Jugendlichen mit Migrationshintergrund und jenen, deren Eltern im Inland geboren sind – mit potenziell langfristigen Folgen.

Luxemburg ist multikulturell und multilingual. Die Politik rühmt sich oft damit, sich für Inklusion stark zu machen. Doch wieweit sind Migranten tatsächlich mit eingeschlossen? Und wie gut funktioniert Inklusion heute im Großherzogtum? Das war die Frage, die am Mittwoch bei der Konferenz „Inclusion“ von ASTI diskutiert worden ist.

Eigentlich waren sich dabei alle einig – Luxemburg gibt sich Mühe. Dass das aber nicht ausreicht, zeigt die gelebte Realität von Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Darauf machte auch Migrationsexperte Thomas Liebig von der OECD aufmerksam. Er hebt hervor, dass Inklusion nicht nur bei den Migranten selbst, sondern auch bei deren Nachkommen wichtig ist. Nur wenn Kinder und Jugendliche die gleichen Möglichkeiten hätten wie diejenigen, deren Eltern im Inland geboren sind, wäre es „ein Zeichen einer gelungenen Inklusion“, so Thomas Liebig.

Vernachlässigte Inklusion

In Luxemburg scheint das schwer umsetzbar zu sein. Gerade hierzulande gibt es markante Unterschiede zwischen den beiden Gruppen was die akademischen und beruflichen Chancen anbelangt. „Dafür reicht ein Blick auf die Nachkommen portugiesischer und italienischer Migranten“, so Thomas Liebig. Mittlerweile gebe es eine sogenannte „zweite Generation“ in Luxemburg, die aber bei der Inklusion vernachlässigt werde.

Bei 15-jährigen Schülern hatten im Jahr 2015 in Luxemburg im Schnitt 70 Prozent einen oder beide Elternteile, die im Ausland geboren wurden. Damit liegt Luxemburg weit über dem OECD-Durchschnitt.

Und obwohl junge Erwachsene mit Migrationshintergrund einen so beachtlichen Teil der Schülerschaft ausmachen, haben sie längst nicht die gleichen Chancen. Die Ungleichheiten von 15- bis 34-Jährigen im Bereich der Ausbildung und Schule sind in Luxemburg größer als in anderen EU-Staaten.

„Besonders unterrepräsentiert“

Wie aus der OECD-Studie hervorgeht, haben im Inland geborene Erwachsene, deren Eltern zugewandert sind, im allgemeinen „ein höheres Bildungsniveau, als Gleichaltrige deren Eltern im Inland geboren sind“. In Luxemburg – neben Belgien und Griechenland – sind diese jungen Erwachsenen aber bei den Hochqualifizierten unterrepräsentiert. Unter den Hochschulabsolventen sind sie sogar „besonders unterrepräsentiert“, wie es in der Studie heißt.

Laut OECD-Statistik liegt der Wert von Hochqualifizierten mit im Inland geborenen Eltern in Luxemburg bei fast 25 Prozent. Bei jenen mit im Ausland geborenen Eltern aber lediglich bei etwa 13 Prozent.

Familien- und Migrationsministerin Corinne Cahen hat auch an der Konferenz teilgenommen. Sie sagt, dass sich das nationale Schulsystem vor allem in den vergangenen Jahren geändert habe und vielseitiger geworden sei. Der frühere Gedanke des „One size fits all“ würde heute nicht mehr funktionieren. Ob das neue System auch wirklich mehr Migrantenkindern bessere akademische und berufliche Chancen ermöglicht, muss sich erst noch zeigen.