„Die Stadt ist nicht tot“, „die Stadt ist weiterhin zugänglich“, „es fehlt nicht an Parkplätzen“: Wenn es nach der Politik geht, gibt es kein wirkliches Problem im Stadtzentrum. Doch was unternehmen Staat und Gemeinde konkret für die Aufwertung des Stadtzentrums?

1. Unterstützung des Geschäftsverbandes

Die Stadt Luxemburg will den Handel aufwerten und stützt sich dabei auf die Zusammenarbeit mit der „Union commerciale de la Ville d03e Luxembourg“ (UCVL). Die finanzielle Beteiligung der Gemeinde am städtischen Geschäftsverband wurde erhöht und beläuft sich seit 2018 auf 300.000 Euro pro Jahr – davor waren es 250.000 Euro. Angesichts der für 2019 geplanten Gesamtausgaben der Gemeinde von 929,8 Millionen Euro handelt es sich dabei jedoch um eine sehr geringe Summe.

2. Verbesserter Online-Auftritt

Seit 2018 unterstützt die Gemeinde die E-Commerce-Plattform Letzshop mit 150.000 Euro im Jahr. Diese soll den regionalen Handel der Einzelhändler fördern und Geschäftsleuten eine Online-Präsenz ermöglichen. Denn auch im Jahr 2019 verfügen viele luxemburgische Geschäfte gegenwärtig nicht über eine eigene Homepage.

Zehn Monate nach dem Start werden auf dieser Plattform 230 Geschäftsleute vorgestellt. Lediglich 33 Marken sind im Online-Shop mit mehr als 20 Produkten vertreten. Nur 13 von ihnen bieten mehr als 50 Produkte an. Hinzu kommen rund 40 weitere Marken, die ein sehr beschränktes Angebot auf dieser Plattform zeigen. Zum Vergleich: die Handelsföderation CLC und die UCVL sind dabei, ein Inventar aller Geschäftsflächen in Luxemburg zu erstellen und haben bisher 8.000 Lokale im ganzen Land gezählt.

3. Schönere Schaufenster

Einen tristen Anblick bieten gegenwärtig einige der über 30 leeren Schaufenster der Hauptstadt. Um dies zu vermeiden, wurde das Projekt „Art on the street“ von der Stadt Luxemburg, der UCVL und des „Art Work Circle“ ins Leben gerufen. Die Besitzer der Geschäftslokale können dank dieser Initiative für eine kurze Zeit gratis Kunstwerke in ihrem Fenster ausstellen, um ihre Gewerbefläche aufzuwerten, bis sie einen neuen Mieter finden.

4. Den öffentlichen Raum nutzen

Ungenutzte öffentliche Räume wie der Theaterplatz werden regelmäßig mit Leben gefüllt. Ob das aktuelle Projekt „Theaterplage“ das willkommene Urlaubs-Feeling ins Stadtzentrum bringt, bleibt jedoch noch abzuwarten.

5. Langwierige Bestandsaufnahme

Das Inventar der CLC und der UCVL soll es ermöglichen, die Ladenschließungen von Jahr zu Jahr zu vergleichen. „Bisher konnte man die Ladenschließungen nicht so recht quantifizieren. Wir würden die Debatte gerne auf einer objektiven Ebene führen“, erklärte der beigeordnete Direktor der CLC, Claude Bizjak, jüngst im Gespräch mit REPORTER. Die besagte Analyse wurde bereits 2016 im „Pakt Pro commerce“ festgehalten. Für erste Rückschlüsse sei es aber heute zu früh, sagte der Minister für Tourismus und Mittelstand, Lex Delles (DP), jüngst im Parlament. Dabei ermittelt die UCVL bereits seit Jahren regelmäßig eine Leerstandsquote der Geschäfte in der Hauptstadt. Ferner sprach der zuständige Minister im Parlament von einem Pilotprojekt in vier Gemeinden im Land – wollte dazu aber noch keine Details nennen.

6. Kunden da anziehen, wo sie fehlen

Die Stadt Luxemburg misst gegenwärtig in einer Studie den Kundenfluss an unterschiedlichen Ecken der Innenstadt und innerhalb der Wohnviertel. Diese soll ermitteln, welche Straßen und Gegenden von einer geringeren Laufkundschaft betroffen sind als andere. Das Ziel: Maßnahmen ausarbeiten, um diese Straßen attraktiver zu gestalten. Dabei sind nicht nur die Geschäftsleute der Textilbranche auf die Laufkundschaft angewiesen. 

7. Schlechter Zugang zu einigen Geschäften

Besonders in der Avenue der la Liberté, rund um die Baustelle der Tram, aber auch in der Altstadt leiden die Geschäftsleute besonders. Im Gespräch mit REPORTER erklärte der Geschäftsführer von Extrabold im Bahnhofsviertel, dass er in den ersten sechs Monaten dieses Jahres Einbußen von rund 20 Prozent hinnehmen musste. Während mehreren Monaten war der Zugang zu seinem Geschäft nur auf Umwegen möglich, bemängelte er. Am Schaufenster selbst führte zum Teil nicht immer ein durchgehender Gehweg vorbei.

(Foto: Martine Pinnel)

8. Schlechte Kommunikation

Die Geschäftsleute beklagen eine schlechte Kommunikation über die Baustellen. „Es wurde wohl unterschätzt, dass lange nicht ausführlich genug über die Baustellen kommuniziert wurde. Das betrifft nicht nur die Gemeinde, sondern auch Luxtram“, sagt Serge Wilmes, der Erste Schöffe der Hauptstadt. Die Stadt Luxemburg führt inzwischen alle Baustellen auf ihrer Homepage auf.

9. Simultane Baustellen

Die von den Baustellen betroffenen Geschäftsleute beschweren sich darüber, dass die Gemeinde zu viele Baustellen gleichzeitig in Angriff nimmt. Auf der Webseite der Stadt Luxemburg sind die Baustellen leicht zu visualisieren: Zwischen der Rue Des Bains in der Oberstadt und der Rue Notre-Dame, bis hin zur Altstadt sind auf dieser Karte 17 Punkte für Baustellen eingetragen, die gegenwärtig allein in der Innenstadt existieren. Hinzu kommen mehrere Baustellen am Bahnhof. Einige davon sind Privatprojekte. Auf die Frage hin, ob man einige Baustellen auf einen späteren Zeitpunkt hätte verschieben können, um die Geschäftsleute nicht zunehmend zu belasten, antwortete die Bürgermeisterin Lydie Polfer (DP) in einem RTL-Interview: „Vun all de Chantieren, do as net een, deen net néideg as.“ Einige Baustellen rund um die Stadt wurden aber sehr wohl verschoben, bestätigte der Erste Schöffe der Hauptstadt auf Nachfrage.

Die Stadt Luxemburg hat alle Baustellen auf einer Karte aufgelistet. (Sreenshot: vdl.lu)

10. Mangelnde Parkplätze?

Zu den häufigsten Vorwürfen der Geschäftsleute gehören mangelnde Parkplätze. Kurz nach der Ankündigung der Schließung ihres Geschäftes Tapis Hertz in der Groussgaass, sagte die Geschäftsführerin: „Viele Menschen gehen lieber ins Einkaufszentrum, weil es dort mehr Parkmöglichkeiten gibt.“

Dabei stehen am renovierten Parkhaus „Royal-Hamilius“ auch außerhalb der Schulferien samstags oft über 200 Parkplätze leer. Warum? Im Gespräch mit REPORTER gab der Erste Schöffe der Stadt Luxemburg, Serge Wilmes (CSV), zu: „Diese Tiefgarage ist in dieser Form neu, die Leute kennen sie noch nicht, oder aber, sie finden den Eingang nicht. Ich gebe zu, dass die Beschilderung hier nicht sehr gut ist.“ Das soll nun geändert werden, so Wilmes.

11. Keine Entschädigung für alle

Geschäftsleute, die durch die Baustelle der Tram nachweislich Einbußen ihres Umsatzes verzeichnen, dürfen Entschädigungen beantragen. Dies erfolgt allerdings nur unter bestimmten Kriterien – unter anderem werden nur jene Inhaber entschädigt, deren Geschäftslokale direkt auf der Tram-Trasse liegen. Geschäfte in den Nebenstraßen können nicht von einer finanziellen Hilfe profitieren. Die Auszahlung der Hilfen erfolgt nicht durch die Gemeinde selbst, sondern durch Luxtram.

Die Möglichkeit, auch Geschäftsleute zu entschädigen, die von anderen Baustellen als die der Tram betroffen sind, zieht die Gemeinde nicht in Erwägung. Die Inhaberin von „Honey Mustard“ in der Altstadt, Carolyn Gobran, sagt: „Es macht wenig Sinn, dass nur jene Geschäftsleute entschädigt werden, die die Tram direkt vor ihrer Haustür haben. Denn wir leiden alle.“

12. Kein gezieltes Aufkaufen von Gewerbeflächen

Könnte die Politik aktiver zur Lösung des Problems beitragen? Dies wollte der Abgeordnete Dan Biancalana (LSAP) Anfang Juli im Parlament von Mittelstandsminister Lex Delles (DP) wissen. Die Antwort des zuständigen Ministers: „Ich denke nicht, dass es die Rolle einer Gemeinde ist, leerstehende Gewerbeflächen aufzukaufen, um sie dann zu einem günstigen Preis zu vermieten“, so der Minister. Dies würde lediglich zu einer „Konkurrenzverschiebung“ zwischen den Geschäftsleuten führen.


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