Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Immer samstags blickt die REPORTER-Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Diese Woche: Der Tod von Großherzog Jean und andere « Breaking News ».

Ein Land verneigt sich vor seinem früheren Staatschef. Im Alter von 98 Jahren ist Großherzog Jean von uns gegangen. Und nicht nur die Medien schalten kollektiv in den (Staats-)Trauer-Modus. Pressetermine, Events, Konferenzen – alles wurde entweder abgesagt oder verschoben. Aus Respekt, versteht sich. Also kein Duck Race in Luxemburg-Stadt, keine Nuit de la Culture in Esch, ja auch vorerst kein Europawahlkampf im Land. Aus historischer Hochachtung und Respekt haben auch wir kurz überlegt, ob wir diesen Wochenrückblick absagen müssen. Doch wie es Serge Tonnar auf den Punkt brachte: « Vive heescht Liewen! »

Doch die Trauerphase hatte für die Medien paradoxerweise auch etwas von Routine. So schaltete « wort.lu » schon wenige Stunden nach der offiziellen Bestätigung des Todes von Großherzog Jean in den bewährten « Breaking News »-Modus. Ob ein « Live-Ticker » jetzt rein etymologisch die beste Idee war – da gingen die Meinungen der Leser laut Twitter und sonstigen Kommentaren dann doch auseinander. Nachruf, Bildergalerie, Reaktionen aus dem In- und Ausland, Rückblicke, Ahnentafel, und, und, und: Ansonsten funktionierte die Medienmaschinerie aber nach dem bekannten Todesfall-Muster.

Jean, Garant für Luxemburg als Weltmacht

Da es sich aber um ein besonderes, ja historisches Ereignis handelte, konnte sich selbst das sozialistische, ehemals dezidiert republikanische « Tageblatt » dem « Live »-Event nicht entziehen. « Als eine Ente den Großherzog Jean glücklich machte », « Des Großherzogs Friseur », « Trauer im ‘Bistrot de la presse’ vor dem Palais »: Im Vergleich mit der klassisch-staatstragenden Hofberichterstattung von « Wort » und « RTL » setzte die Konkurrenz aus Esch dabei aber eher auf alltägliche Human-Interest-Stories.

Recht nüchtern (und überaus analog) analysierte dagegen das « Land » das Ereignis. Während die meisten Luxemburger von der Nachricht wohl durch eine Push-Benachrichtigung auf ihrem Smartphone erfuhren, hatte laut Chefredakteur Romain Hilgert « RTL am frühen Dienstagmorgen den Tod des Großherzogs in einer SMS » gemeldet. Wir finden: Hauptsache die Nachricht ist angekommen.

Wie groß das Ereignis wirklich war, erkannte dabei aber nur die US-Botschaft. Denn Großherzog Jean, das war letztlich der Garant für Luxemburg als Weltmacht auf Augenhöhe mit dem großen Bruder jenseits des Atlantiks: « Without him, the Grand Duchy of Luxembourg would not exist as it does today – thriving, expanding, and standing on its own as one of the most influential nations in the world », schrieb der lokale Vertreter von US-Präsident Donald Trump in einem Statement.

Doch es ging nicht nur um Macht und weltweiten Einfluss, sondern um Anerkennung, Mitgefühl und Beileid. Großherzog Jean war unter anderem, « integrer Mensch, fürsorgliches Familienoberhaupt und liebevoller Ehemann », schrieb der Chefredakteur des « Luxemburger Wort » in seinem Leitartikel vom Dienstag. « Großherzog Jean vermittelte den Luxemburgern das sichere Gefühl, dass er ihre Sorgen und Freuden teilte. »

Greta Thunberg, der Dämon

Nicht ganz so fürsorglich und liebevoll ging die Tageszeitung drei Tage später aber mit Greta Thunberg um. Sie wissen schon, jene junge Klimaaktivistin, « un croisement entre Pippi Langstrumpf et Calamity Jane, qui à 16 ans déjà annonce la fin des temps », wie das « Wort » sie beschrieb. Anders als beim grundgütigen Großherzog Jean (« Einer von uns ») hat die junge Greta für ältere, zunehmend verbitterte Glossenschreiber dann doch etwas, was beunruhigt, ja verängstigt.

Wir geben zu: Wir zittern an dieser Stelle auch schon vor Angst. Allerdings weniger vor Greta Thunberg als vor Gaston Carré, dem Autor der folgenden wirren Zeilen, die das katholische « Luxemburger Wort » in einem Anflug von exzessiver Nächstenliebe genau so abdruckte:

« Greta est une jeune fille inquiète. Inquiétante aussi. Ce regard tranchant, un peu comminatoire, cette expression matoise du galopin qui tient une mèche allumée dans le dos  – on le voit dans les films d’épouvante ce regard-là, un ange vous sourit et l’ange soudain est démon, le mal se déchaîne et la maison en effet est en feu. Elle porte des nattes de Lolita, Greta, mais il semble que les nattes pourraient vriller et la tête tourner, comme dans le film de Friedkin, quand devant l’exorciste la binette de la fillette soudain fait un tour complet. »

Aktenzeichen ungelöst: Leiter sucht Besitzer

Wir sind jedoch beruhigt: Nach der ersten Trauerphase zeigte sich, dass es doch auch noch andere Ereignisse gab, die das Land beschäftigten. So wurde die Abstimmung im Parlament über den Staatshaushalt nicht abgesagt. Auch sonst widmeten sich die Medien bald wieder den großen Stories, ungelöste Kriminalfälle inklusive. Der Tatverdächtige in einem besonders aufregenden Fall: eine Leiter. Sie hat lange Endlos-Beine, rote Füße, ist aus Aluminium, trägt schwarze Schnallen und hört auf den Namen Altrex.

(Screenshot: RTL)

Kommt sie Ihnen bekannt vor? Haben Sie die Leiter genutzt, um irgendwo einzubrechen? Sind Sie ihr vielleicht im Raum Capellen über den Weg gelaufen oder unter ihr durchgegangen? Dann bitte tun Sie uns den Gefallen und melden Sie sich bei der Polizei, damit dieser mysteriös-skandalöse Fall endlich abgeschlossen werden kann und wir alle nachts wieder ruhig schlafen können.