Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Immer freitags blickt die REPORTER-Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Diese Woche: Wahlanalysen und andere ordinäre Aufreger.
Wussten Sie eigentlich schon, dass die CSV weiterhin die stärkste Partei im Land ist? Falls nicht, dann werden Sie mit Sicherheit noch mehrmals in den kommenden Wochen daran erinnert werden. Die Enttäuschung bei der stolzen Volkspartei muss angesichts der wiederholten Wahlniederlage am Sonntag schon ziemlich groß sein. Das wolterhafte Auftreten von 2013 hat man zwar mittlerweile abgelegt. Die einstige Arroganz ist der blanken Verzweiflung gewichen.
« Keiner spricht mehr mit uns », aber « wir bleiben dennoch gesprächsbereit », heißt die neue Devise der Christsozialen. Da würde man die CSV doch am liebsten in den Arm nehmen und drücken. Sie hört sich nämlich nicht an wie eine gestandene, kämpferische Volkspartei, sondern eher wie ein trauriger 12-Jähriger, der gerade seinen ersten Liebeskummer durchlebt. Von der ganz großen Liebe sitzengelassen, aber jederzeit für eine Versöhnung bereit.
Eventuell ist die neue christlich-soziale Mitleidsmasche aber auch nur eine ausgefeilte machtpolitische Strategie. Die CSV muss vielleicht nur weiter jede Woche mindestens zwei Pressekonferenzen abhalten, bei der die Parteiführung so bedröppelt dreinschaut wie in dieser Woche, bis sich eine der anderen Parteien ihrer endlich erbarmt und Claude Wiseler doch noch Premier wird. Obwohl, selbst das scheint nicht mehr ausgemacht. Vor der Presse schlossen Wiseler, Spautz und Co. am Mittwoch nicht aus, dass sie zur Bildung einer Koalition mit den Liberalen sogar auf den Posten des Regierungschefs verzichten könnten. Wir finden: Allein wegen dieser originellen Perspektive sollte es Formateur Xavier Bettel doch einmal mit Gesprächen mit der « bei weitem stärksten Partei » versuchen.
Die pure Wählerverarsche
Vom sogenannten « Wählerwillen » hört man dagegen fast gar nichts mehr. Das war bei vergangenen Wahlen definitiv anders. An dieser Stelle ein kleines Quiz für Sie, liebe Leser. Die Preisfrage lautet: Von wem stammen folgende Worte? « Der Untergrabung des Wählerwillens sollte man furchtlos entgegentreten. Indignons-nous! » ? A) Michel Wolter, Ex-Parteichef der CSV – B) Marc Spautz, aktueller Noch-Parteichef der CSV – C) Ein Leitartikler des « Luxemburger Wort »
Die Antwort lautet D) – Alvin Sold, ehemaliger Alleinherrscher bei « Tageblatt »-Herausgeber « Editpress ». Schon im Jahre 2011 kam dieser in einem Leitartikel auf die bahnbrechende Idee, dass man die Koalitionsbildung gesetzlich regeln müsse, um sicherzustellen, dass dem heiligen « Wählerwillen » Folge geleistet wird. « Die stärkste Partei schließt dort, wo es nötig ist, eine Koalition mit der Partei, die ihr programmatisch am nächsten kommt », so die gesetzgeberische Anregung von Sold im Zuge der Gemeindewahlen von 2011.
Der Grund: Die LSAP war bei den Kommunalwahlen in manchen Gemeinden als stärkste Partei von drei anderen Parteien ausgebootet worden. Unerhört, befand Sold. Oder vielmehr: « undemokratisch », « skandalös », ja « zumeist ekelhaft ». Der besagte Leitartikel wurde übrigens unter dem ebenso nachdenklichen wie einprägsamen Titel veröffentlicht: « Verarschung des Wählers ».
Carrément « verascht » – an geknäipt…
Zwei Jahre später, als die « stärkste Partei » – wenn wir uns richtig erinnern, die CSV – auf nationaler Ebene bei der Regierungsbildung leer ausging, hatte der politische Leitartikler plötzlich aber nichts mehr dagegen. Erst wieder 2017, als die LSAP wiederum bei den Gemeindewahlen als « stärkste Partei » nicht überall in den Schöffenrat berufen wurde, regte sich wieder sozialistisch-publizistische Sympathie für den « Wählerwillen ». Sogar Innenminister Dan Kersch (LSAP) sprang Sold und Co. zur Seite und drohte kommunalen Verschwörern gegen die « stärkste Partei » mit einem Wählerwillengarantierungsgesetz. Dazu kam es bekanntlich nicht. Und 2018 ist für das « Tageblatt » wählerwillenmäßig ja auch wieder alles in Butter.
Doch nicht nur mit der politischen Konsistenz, sondern auch mit der Akzeptanz der Wirklichkeit ist es ja immer so eine Sache. Denen einen fällt es leicht etwas zu akzeptieren, andere versuchen es erst gar nicht. Den Wahlausgang – oder vielmehr die neuen Koalitionsverhandlungen von Blau-Rot-Grün kann auch Marc Lies (CSV) nicht so ganz akzeptieren. Und macht seinem Ärger auf Facebook Luft. Vor allem einer ist ihm ein Dorn im Auge: LSAP-Spitzenkandidat Etienne Schneider. Als « 13 gewielten » im Zentrum habe dieser « keng Légitimatioun méi an eng Regierung » (sic), schreibt Lies.
Der « Wählerwille » ist also doch noch nicht ausgestorben. Denn dann haut der CSV-Politiker noch einmal alles raus, was die Sold’sche Terminologie zu bieten hat: « Dat ass keng Moral bewiesen an de Wieler carrément verascht…! » (sic) Wir finden das überhaupt nicht ok. Denn Marc Lies hätte zumindest auf die Originalquelle seiner ordinären Anklageschrift verweisen sollen: vgl. Sold, Alvin, in: Tageblatt, 19.10.2011.

Claude, der „Energy Producer“
Ganz anders war die Stimmung bei den Grünen. Vor allem Claude Turmes lief bei der Wahlparty im Atelier zur Höchstform auf. Aber klar: Beste Wahlresultate haben auch die beste Stimmung verdient. „Energy Producer“ Turmes motivierte deshalb die gesamte grüne Party-Truppe. So sehr sogar, dass Francois Bausch seine Euphorie vor den Kameras ein bisschen bremsen musste (sonst wird’s noch peinlich!). Doch Feierbiest Turmes ließ sich nicht aus der Stimmung bringen – und hüpfte, tanzte und posierte fröhlich weiter.
Die gute Laune scheint dem grünen Kandidaten sowieso im Blut zu liegen. Bereits vor Jahren haute er zusammen mit Xavier Bettel ordentlich in die Plastiksaiten einer Spielzeug-Gitarre. Zu toppen wäre dieses Foto (es ist angeblich 2010 entstanden) wahrscheinlich nur, wenn beide Luftgitarre gespielt hätten. In den nächsten Wochen gibt es für die beiden aber nicht mehr allzu viel zu rocken – abgesehen von den Koalitionsverhandlungen.

Die Abwege des Bauer Guy
„Inka, du hast einen Rechtspopulisten im Stall!“, titelte diese Woche die Bild-Zeitung. Die hat nämlich rausgefunden, dass „Bauer sucht Frau“-Kandidat Bauer Guy (der Luxemburger Guy Arend) doch tatsächlich Politiker ist. Und nicht nur das, er ist auch noch Mitglied bei der „rechtspopulistischen ADR“. Ein Schelm, wer Böses denkt! Gut, dass die Bild-Zeitung ihre journalistische Arbeit ernst nimmt, wenn es denn der Showproduzent UFA schon versäumt, seine Liebeskandidaten zu durchleuchten.
Tatsächlich ist Guy Arend aber nicht nur Mitglied der ADR, sondern war auch Kandidat bei den Kammerwahlen letzten Sonntag. Vielleicht hat ihn ja Bauer Guy (das Original) inspiriert. Denn Guy Arend war keineswegs der erste Luxemburger Politiker und Bauer bei „Bauer sucht Frau“. Der hiesige Landwirt Guy Wester war ebenfalls Kandidat bei der Show. Er fand nicht nur seine Liebe, sondern schaffte es dank der gewonnen Popularität sogar in den Hesperinger Gemeinderat – allerdings für die CSV. Wir müssen zugeben: „Inka, du hast einen Christsozialen im Stall!“, wäre wohl keine Schlagzeile wert gewesen.

Ein wenig Medienpräsenz kann wohl nicht schaden, dachte sich daraufhin jedenfalls Guy Arend. „Vom Stall in die Abgeordnetenkammer“ konnte die Bild jedoch nicht titeln: Guy Arend war mit 3.690 Stimmen nur Drittgewählter der ADR im Norden. Als sei das nicht genug, musste er sich prompt auf « RTL » gegen die Vorwürfe verteidigen, dass die ADR eine rechte Partei sei. „Wir sind ausländerfreundlich. Ich habe viele ausländische Freunde auf dem Hof“, verteidigt er sich in mehr oder weniger holprigem Deutsch.
Klappt es schon nicht mit der Politik, dann aber vielleicht mit der Liebe? Doch wer jeden Montagabend fleißig « Bauer sucht Frau » verfolgt hat, weiß: Bauer Guy hat es faustdick hinter den Ohren. Da verschmähte er doch auf der Scheunenparty seine drei Herzensdamen („die passen nischt bei misch“) und krallte sich einfach das Date von Bauer Klaus … welch Schurke!
Falls die Suche nach dem Liebesglück noch scheitert, sollte Guy, oder sonstwer, aber einfach mal bei der CSV nachfragen. Die ist nämlich offensichtlich bereit, mit jedem « in Gespräche einzutreten », solange sie danach doch noch irgendwie im gemütlichen Regierungsbett landet.