Psychotherapeuten kümmern sich um psychisch kranke Menschen – doch bis sie tatsächlich Hilfe leisten können, ist es ein weiter Weg. Die Ausbildung ist zwar gesetzlich klar definiert, braucht aber nicht nur Zeit, sondern ist auch anspruchsvoll.

Noch vor ein paar Jahren war der Beruf des Psychotherapeuten in Luxemburg gesetzlich nicht anerkannt. Es gab zwar viele Praktizierende, wer davon aber eine passende Ausbildung gemacht hat, interessierte niemanden. Als Psychotherapeut konnte sich praktisch jeder ausgeben – egal, ob Profi oder Scharlatan.

Im Juli 2015 sollte damit Schluss sein. Damals ist das neue Psychotherapeuten-Gesetz in Kraft getreten. Im Gesetzestext wurde der Beruf des Psychotherapeuten klar definiert – ebenso wie die Ausbildung, die er absolvieren muss. In Luxemburg beträgt die Studienzeit acht Jahre, sie besteht aus einer fünfjährigen Ausbildung zum Mediziner (Psychiater) oder klinischen Psychologen und einem zusätzlichen dreijährigen Master in Psychotherapie, der berufsbegleitend ist.

Anders als im Ausland muss die Ausbildung in Luxemburg laut Gesetz an einer Universität stattfinden, weil die angehenden Psychotherapeuten mindestens 70 Studienpunkte (ECTS) am Ende ihres Studiums aufweisen müssen.

Experten für psychische Krankheiten

Psychiater: Fachmediziner, der medikamentös behandeln kann. Nach einer medizinischen Ausbildung absolvieren sie eine psychiatrische Fachausbildung. Sie behandeln Patienten mit psychischen Krankheiten, klären ab ob die Krankheiten mit physischen Symptomen im Zusammenhang stehen. Sie können in dem Rahmen auch beispielsweise Bluttests oder Scans verschreiben.
Psychotherapeut: In Luxemburg ist seit Juli 2015 gesetzlich festgehalten, wie Psychotherapie zu definieren ist. Voraussetzung ist ein Psychologie- oder ein Medizinstudium mit einer Zusatzausbildung in der Psychotherapie. Psychotherapeuten behandeln psychische Krankheiten, wie Verhaltensstörungen, Traumata, Depressionen. Der Einsatz von Medikamenten im Rahmen der Psychotherapie ist Ärzten vorbehalten.
Psychologe: Voraussetzung ist ein Studium der Psychologie. Kern des Studiums sind Verhalten, Empfinden und Erleben des Menschen, sowie die psychologische Diagnostik (z.B. Persönlichkeitstests).

Zwei Master, größerer Aufwand

Georges Steffgen, Professor an der Universität Luxemburg, sagt, dass die Psychotherapeuten-Ausbildung in Belval sogar über die im Gesetzestext verankerten Kriterien hinausgeht. Sie ist quasi noch besser, noch anspruchsvoller. « Durch die drei zusätzlichen Ausbildungsjahre erreichen die Studenten eine ECTS-Zahl von 120 Punkten, statt den im Gesetz vorgegebenen 70 », sagt er.

Mehr Punkte bedeutet aber eben auch einen höheren Arbeitsaufwand, ein längeres Studium und ein höheres finanzielles Investment für die Auszubildenden. Alleine der berufsbegleitende Master kostet pro Semester 2.600 Euro, also 15.600 Euro insgesamt.

Dass der zusätzliche Master eine « Herausforderung » ist, sagt aber auch Georges Steffgen. « Die Studenten werden da richtig gefordert », so der Experte. Auf der anderen Seite höre man an der Universität, dass die berufsbegleitende Ausbildung « gewinnbringend » sei, weil die Studierenden das Erlernte sofort im Berufsalltag anwenden können.

Eine Ausbildung wie sie nur hier existiert

Doch « gewinnbringend » zu welchem Preis? Der Psychoanalytiker Thierry Simonelli kritisiert den aufwändigen Studiengang an der Luxemburger Universität. Man habe anhand des Studiums versucht, aus der Psychotherapie eine Wissenschaft zu machen. Er spricht sogar von einer Ausbildung, « wie sie nur in Belval und sonst nirgendwo existiert ». Studenten, die ihre Ausbildung im Ausland absolviert hätten, würden dadurch ausgeschlossen werden.*

Wer seine Ausbildung im Ausland macht – und vielleicht nicht an einer Universität, sondern an einem Institut – muss tatsächlich seinen Abschluss hierzulande erst anerkennen lassen, um als Psychotherapeut tätig zu werden. Wie viele Studierende in dem Fall sind, konnte man beim Collège Médical auf Nachfrage hin nicht sagen.

« Die Frage nach dem Bedarf ist eine subjektive »

Wer alles in Luxemburg praktiziert, weiß auch Dr. Claus Vögele, Verantwortlicher für den Master Psychotherapie an der Universität Luxemburg, nicht. « Diese Entscheidung liegt nicht bei uns, sondern beim Collège Médical », sagt er.

Was ein Psychotherapeut ist und wie seine Ausbildung auszusehen hat, steht demnach seit dem Gesetz fest. Wer aber tatsächlich als Psychotherapeut praktiziert, scheint innerhalb der Branche immer noch nicht so ganz klar zu sein.

Doch wie wichtig ist dieser spezifische Studiengang dann überhaupt? Die brancheninterne Konkurrenz ist eigentlich schon jetzt groß. In Luxemburg gibt es laut Collège Médical 310 Psychotherapeuten. Hinzu kommen 122 Psychiater, die teilweise auch eine psychotherapeutische Behandlung anbieten. Wie viele Spezialisten braucht das Land also?

« Die Frage nach dem Bedarf ist eine sehr subjektive », sagt Claus Vögele. Die Universität bilde nicht nur für Luxemburg, sondern auch für das Ausland qualifiziertes Personal aus. Außerdem gebe es im Masterstudiengang für Psychotherapie pro Jahr im Schnitt nur zehn Studierende, etwa 20 Bewerbungen würden reinkommen. « Wenn es ums Geld geht, dann kann man natürlich – beispielsweise bei der CNS – argumentieren, dass der Bedarf gedeckt ist », so Claus Vögele. « Schaut man aber, wer alles eine Behandlung braucht, dann fehlt es definitiv an Spezialisten. »

Wie hoch die Zahl der Betroffenen in Luxemburg aber tatsächlich ist, kann niemand so genau sagen. Statistiken und Zahlen zu Menschen mit psychischen Krankheiten fehlen. Fest steht aber: Die Zahl der Experten steigt.

*Nachtrag: Die Weiterbildungskurse der Psychotherapie, die an der Universität in Luxemburg angeboten werden, sind nach den Richtlinien der « European Federation of Psychological Associations » (EFPA) erstellt worden. Das Fach gilt als wissenschaftliches Fach, in dem auch auf internationaler Ebene Forschung betrieben wird.