Die Argumente zur Bildung einer „groupe technique“ im Parlament liegen auf der Hand. Doch die Vorteile einer solchen Zusammenarbeit zwischen Parteien sind nicht mehr so entscheidend wie noch vor einigen Jahren. Das liegt besonders an einer Reform aus dem Jahre 2014.
Bei den Rechten der „sensibilités politiques“ hat das Parlament einen langen Weg hinter sich gebracht. In den 1980er Jahren wurden Parteien ohne Fraktionsstatus noch auf vielfältige Weise benachteiligt. Spätestens seit der Reform von 2014 wurden diesbezüglich aber wesentliche Fortschritte erzielt.
Unmittelbar nach den Parlamentswahlen vom Oktober 2013 hatten sich alle damals im Parlament vertretenen Parteien darauf geeinigt, die Rechte für Nicht-Fraktionen auszuweiten. Berichterstatter der entsprechenden Reform des Reglements der Abgeordnetenkammer war Gast Gibéryen, Abgeordneter der „sensibilité politique“ ADR.
Ausschüsse und Präsidentenkonferenz
Demnach dürfen bereits heute Abgeordnete einer „sensibilité politique“ als „Beobachter“ an allen Ausschusssitzungen teilnehmen, auch wenn sie dort nicht Mitglied sind. Allerdings beschränkt sich die Teilnahme nur auf die Debatten und nicht auf die Abstimmung. Seit 2014 kann auch jede „sensibilité politique“ eine Kommissionssitzung einberufen. Vorher war dies nur den Fraktionen bzw. drei vollwertigen Mitgliedern einer Kommission vorbehalten.
Ebenso haben auch Vertreter der Nicht-Fraktionen das Recht, an den Sitzungen der „Conférence des présidents“ teilzunehmen. In diesem zentralen Entscheidungsgremium zur Organisation der parlamentarischen Arbeit haben sie allerdings kein Stimmrecht und ihnen wird auch – ebenso wie als Beobachter in den Kommissionen – kein Sitzungsgeld ausbezahlt.
Motionen, Resolutionen und Redezeit
Eine weitere wichtige Änderung betraf das Recht, Motionen und Resolutionen einzureichen, das seit 2014 prinzipiell jedem einzelnen Abgeordneten zusteht. Vorher waren dafür noch die Unterschriften von mindestens fünf Abgeordneten nötig. Auch bei der Redezeit im Plenum wurde die Situation der „sensibilités politiques“ verbessert.
Mit diesen Änderungen halten sich die Vorteile der Bildung einer „groupe technique“ durchaus in Grenzen – zumindest sind sie nicht mehr so deutlich wie noch vor der Reform des Reglements von 2014. Bei der Frage der ungleichen finanziellen Unterstützung von Fraktionen bzw. technischen Gruppen einerseits und „sensiblités politiques“ andererseits blieb allerdings alles beim Alten.
Die unterschiedlichen Gruppen im Parlament
„Groupe politique“: Eine „groupe politique“ oder auch Fraktion vereint in der Abgeordnetenkammer eine Gruppe von gewählten Parlamentariern der gleichen Partei. Um als Fraktion anerkannt zu werden, muss die „groupe politique“ mindestens fünf Mitglieder haben. Dies erfüllen aktuell CSV, DP, LSAP und Déi Gréng.
„Groupe technique“: Abgeordnete, die nicht Teil einer Fraktion sind, können sich mit anderen Parlamentsmitgliedern zu einer sogenannten „technischen Gruppe“, einer faktischen Fraktion, zusammentun. Diese Gruppe kann aus mehreren Parteien bestehen, muss aber auch von mindestens fünf Mitgliedern getragen werden, um als solche anerkannt zu werden. Die ADR mit ihren vier Abgeordneten und die Piratenpartei mit zwei Mitgliedern im Parlament haben sich auf die Gründung einer „groupe technique“ verständigt.
„Sensibilité politique“: Abgeordnete, die weder einer Fraktion noch einer „groupe technique“ angehören, werden im Parlamentsjargon als politische „Sensibilität“ angesehen. Da sie weniger als fünf Mitglieder umfassen, haben sie nicht alle gleichen Rechte wie die zuvor genannten Gruppen.