Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Pünktlich zum Wochenende blickt unsere Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Dieses Mal: Ein schludriger Heilsbringer und eine Studie, die Ihnen den Atem rauben wird.

„Herzklopfen in Bormes-les-Mimosas“, titelte das „Wort“ über die jüngste Märchenhochzeit am großherzoglichen Hof. Nicht nur die altehrwürdige Tageszeitung schickte dabei gleich eine ganze Armada von Special Monarchy Correspondents in die beschauliche Gemeinde an der Côte. Auch wir konnten nicht anders, als uns mit staatstragendem Herzklopfen durch die etlichen Bildergalerien und investigativen Hofberichte zu klicken.

Und sei es nur, weil wir unbedingt wissen wollten, wie es wirklich bei der Hochzeit zuging: „Am Samstagnachmittag schworen sich Prinzessin Alexandra und ihr Ehemann Nicolas Bagory zum zweiten Mal die ewige Treue“, schrieb nämlich das im Clickbaiting mittlerweile in der Königsklasse spielende „wort.lu“. Mit dem unnachahmlichen Cliffhanger: „Alles lief glatt … bis ein Oldtimer ihnen in die Quere kam.“ Wer da nicht klickt, ist selber schuld! #Not

War sonst noch was? Ach ja, Premier Xavier Bettel weilte in Vietnam, um dort … ach, warum ist eh egal. Es geht auch hier um die schönen Fotos! Aus Bequemlichkeit halten wir es da auch mit den Leitmedien und verweisen auf die schlicht mit „Xavier Bettel am Vietnam“ überschriebene Fotogalerie von „RTL“, in der einfach ohne Kommentar sämtliche Schnappschüsse des staatlichen Pressedienstes von der Reise veröffentlicht wurden. Xav bei einer Rede auf einem Business-Forum, Xav auf einem Boot, Xav auf dem Markt … und Tourismusminister „Sexy Lexy Delly“ (dixit Xav) war auch irgendwie mit von der Partie.

#Letzebuerch for Life

Vom unbeschwerten Premier-Dasein kann ein gewisser Luc Frieden dagegen (schon lange) nur träumen. Oder vorerst nur darüber tweeten. Laut dem unumstrittensten Spitzenkandidaten der CSV, seit dunkle Rollkragenpullover wieder in Mode sind, zieht die Regierung nämlich nicht an einem Strang. #Whaaat?! Höchste Zeit also für einen bewährten Krisenmanager, der in seiner Amtszeit politische Affären sammelte wie andere NFT Trading Cards.

Bei näherem Hinsehen sind die gezwitscherten Statements des Bettel-Herausforderers aber noch ausbaufähig – und vor allem akut korrekturbedürftig…

Fotto: Tvidder.com

Wer sich jetzt aber fragt: „Wie will ein Mann den Wählern glaubhaft vermitteln, dass er der bessere Regierungschef des Landes wäre, wenn er noch nicht einmal den Namen seines Landes fehlerfrei schreiben kann?“, dem sei versichert: Mit solchen Nichtigkeiten wie Letzebuercher Rechtschreibung und Grammatik gibt sich ein Luc Frieden nicht ab. Er hat für gewöhnlich Besseres und Wichtigeres zu tun. #Lueck

Zum Beispiel, seine neu gewonnenen Parteifreunde auf jedes erdenkliche Dëppefest zu begleiten. Allein diese Woche lauerte #Luc mit seinen christlich-sozialen Gesellen auf den Märkten der Hauptstadt und in Schengen schutzlosen Wählerinnen und Wählern auf. Dort ließ er es dann ordentlich menscheln. #NolauschterTour

Wie nicht nur wir wissen: Für den adretten Finanzplatz-Anwalt, dem anders als seinem politischen Ziehvater Jean-Claude Juncker die spontane Volksnähe nicht in die Wiege gelegt wurde, war das alles schon eine enorme Überwindung. Nicht genug, dachte sich jedenfalls die CSV-Zentrale: Am Freitag ging es für #Luc weiter auf den „Escher Moart“ und dann bald weiter zum „Afterwork“ nach Diekirch, und, und, und. Es geht eben nichts über „Parteifreunde“…

Ein bisschen Frieden …

Im ausführlichen „RTL“-Interview philosophierte Frieden dagegen über Staatsfinanzen, Demokratie und lässiges Fahrradfahren – und gab sogar einen ersten Einblick in sein Wahlprogramm. Oder wie es das „Wort“ anteasern würde: Alles lief glatt … bis der Moderator ihn nach seinem Gottglauben fragte…

Blöd nur, dass diese Frage direkt am Anfang des Interviews stand. Und wie es sich für einen gestandenen Politiker der Christlich(?!)-Sozialen Volkspartei gehört, ließ sich #Luc nicht auf solch ein esoterisches Glatteis führen. Auf die Frage „Sidd Dir ee gleewege Mënsch?“, antwortete Frieden: „Heiansdo.“ Wir finden: So wird das nichts mit der Wiedereroberung des heiligen Staatsministeriums. Andererseits: Nach dem Motto „Et wees een’t net“, „Eventuell“ oder „Mol kucken“ kann man es in Luxemburgs Politik dann doch ziemlich weit bringen. #GoPaulette

Doch der „RTL Deep Background“ förderte vor allem den Menschen hinter dem (heiansdo-)christlich-sozialen Heilsbringer zutage. So erfuhr der Zuhörer, dass Luc Frieden anscheinend auch schon vor diesem Wahlkampf einmal auf dem Markt war. Und sonst einkaufen war er auch schon ganz allein. Er habe seit seinem Ausscheiden aus der Regierung vor zehn Jahren auch schon mal Zeit zum Fahrradfahren und Spazieren gehen gefunden. So wie ganz normale Menschen eben – aber nur heiansdo, versteht sich.

Wir sind jedenfalls gespannt, welche allzu menschlichen Geheimnisse der als kühler Technokrat verschrieene Spitzenkandidat in den kommenden Wochen noch so preisgeben wird. Hat Frieden womöglich schon mal selbst gekocht oder gestaubsaugt? Oder ist er wie einst die britische Ex-Premierministerin Teresa May völlig crazy durch ein Weizenfeld gelaufen, was dem ansässigen Bauern überhaupt nicht gefiel? Wir finden: Da geht noch mehr. #NaughtyLuc

Haaptsaach eng Etüd

Georges Engel will’s dagegen wissen: Soll ganz Luxemburg nur noch 38 Stunden pro Woche arbeiten? Der Arbeitsminister bestellte eine Studie und teaserte die so doll an, dass die Bosse des Landes schon Schaum vor dem Mund hatten, bevor die Tinte getrocknet war.

Doch so toll wie der angedeutete Klassenkämpfer sich das vorgestellt hatte, wurde es dann doch nicht. Der sozialistische Tiger landete als Bettvorleger, auf dem sich „le patron des patrons“ Michel Reckinger die Füße abstaubt. Und selbst Serge-„immer zwei Hemdknöpfe zu viel auf“-Allegrezza monierte im „RTL“-Interview, dass die Studie „veraltete Zahlen“ benutze. Solch ein Amateurismus würde seiner „Statec“-Behörde niemals passieren – großes Sozi-Ehrenwort.

Symbolbild Eigentor: LSAP

Aber es ist immerhin lustig: Die Forscher nutzten die Zahlen zur Arbeitszeit aus dem Jahr 2016 – bevor der „sozialistische“ Heiland Etienne uns einen zusätzlichen Feiertag – und je nachdem – einen Urlaubstag verschafft hatte. Also das große Wahlversprechen der LSAP anno 2018. Naja, das hatte der rote Georges glatt vergessen. Wahltaktisch ist das Thema Arbeitszeit aber sowieso ein Strohfeuer. Die Hauptwählergruppe – aka Staatsbeamte – denkt sich: 38 Stunden? Muss ich jetzt am Freitagnachmittag arbeiten, oder was?

Die Retrospect-Redaktion wird auf jeden Fall am freien Dienstag des großen Etienne Wladimirowitsch Schneider gedenken. In diesem Sinne lassen wir jetzt auch pünktlich zum Redaktionsschluss die Griffel fallen und wünschen Ihnen ein schönes Wochenende!


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