Am 26. Oktober 2022 wurden in der Stadt Luxemburg 197 obdachlose Personen angetroffen. „Es ist eine Fotografie an einem bestimmten Datum, um eine bestimmte Uhrzeit“, erklärt Virginie Giarmana, stellvertretende Direktorin von „Inter-Actions“. Die Organisation hatte die Zählung für das Familien- und Integrationsministerium durchgeführt.
Zwischen 5 Uhr und Mitternacht waren für die erste Erhebung 66 Mitarbeiter durch die Straßen der Hauptstadt gegangen, um alle obdachlosen Personen zu zählen und bei Einverständnis einen Fragebogen mit ihnen auszufüllen. Ressortministerin Corinne Cahen (DP) erklärte bei der Präsentation der Zahlen am Dienstag: „Wir wollen wissen, wer sind die Menschen, die auf der Straße sind. Und wir wollen wissen, weswegen sie in der Situation sind und wie wir ihnen helfen können, da herauszukommen.“
142 der Personen wurden auf den Straßen der Hauptstadt angetroffen, 38 in Notunterkünften für die Nacht und 17 im Krankenhaus. 130 der Personen waren bereit, im Fragebogen persönliche Angaben zu machen. „Wie es auch im Ausland bereits beobachtet wurde, haben wir festgestellt, dass viel mehr Männer als Frauen auf der Straße leben“, so die Ministerin. Genauer: 169 Männer und 28 Frauen. Befragt wurden die angetroffenen Personen unter anderem auch nach ihrem Alter, ihrer Nationalität, der Dauer, die sie bereits obdachlos sind, sowie nach ihrem Einkommen.
Demnach waren die Personen durchschnittlich 42 Jahre alt und 83 Prozent kamen aus der EU – davon wiederum 24 Prozent aus Luxemburg. Etwa 33 Prozent der obdachlosen Personen gaben an, bereits seit mehr als fünf Jahren keine feste Unterkunft zu haben. 24 Prozent der Befragten leben seit einem bis fünf Jahren auf der Straße und weitere 13 Prozent seit über sechs Monaten. Als einen Grund für ihre Wohnungsnot nannten 43 Personen, dass sie ohne Wohnung in Luxemburg angekommen seien. 33 Befragte führten finanzielle Probleme an und 24 eine familiäre Trennung sowie 20 Personen eine Wohnungsräumung.
Während 34 Prozent antworteten, als finanzielles Mittel nur das Betteln zu haben, gaben 30 Prozent kein Einkommen an. Knapp 13 Prozent bezogen den „Revis“ und acht Prozent hatten eine angemeldete Arbeit sowie 5,5 Prozent eine nicht angemeldete Arbeit. Auf die Frage nach ihren Zukunftsplänen gaben 90 der 130 Befragten an, dass sie als erstes eine Unterkunft finden wollen. 66 der Befragten wollen eine Arbeit finden. Immerhin 82 Prozent der Befragten sind durch Organisationen, wie etwa das Rote Kreuz oder das Abrigado, sozial betreut.
„Es war ein Pilotprojekt, auch um die Methodologie zu testen“, stellt Virginie Giarmana von Inter-Actions fest. Im Mai und Dezember 2023 sollen erneut Zählungen durchgeführt werden. Luxemburg hat 2021 die „Erklärung von Lissabon“ unterschrieben und sich damit verpflichtet, konkrete Schritte zu ergreifen, damit bis 2030 niemand mehr auf der Straße leben muss. Corinne Cahen bezeichnet das Thema Obdachlosigkeit bei der Pressekonferenz als „Herzenssache“. Sie ist bereits seit Dezember 2013 als Familien- und Integrationsministerin für das Dossier zuständig. (FK)