Justizministerin Sam Tanson (Déi Gréng) hat einen Gesetzentwurf im Parlament eingereicht, mit dem das System der Prozesskostenhilfe („Assistance judiciaire“), wie es seit 1995 besteht, reformiert werden soll. Allen voran soll damit die „Assistance judiciaire partielle“ ins Luxemburger Recht eingeführt werden. Diese soll gewährleisten, dass jeder von seinem Recht auf einen Anwalt Gebrauch machen kann – unabhängig von seinen finanziellen Möglichkeiten.

Das ist derzeit nämlich nicht immer der Fall. Zwar übernimmt der Staat bei Personen mit geringen finanziellen Ressourcen aktuell die gesamten Anwaltskosten, doch trifft dies nur auf Empfänger des Revis (früher RMG) zu. Übersteigt das Einkommen eines Betroffenen die Schwelle des Revis auch nur um einen Cent, steht ihm im Prinzip keine Prozesskostenhilfe mehr zu, wie in der Begründung des Gesetzentwurfs festgestellt wird.

Dieses Prinzip des „alles oder nichts“ führe laut den Autoren des Gesetzestextes in der Praxis zu Ungleichheiten, denn der Umstand, dass ein Betroffener über etwas mehr Einkommen als den Revis verfüge, bedeute keineswegs, dass er auch die Kosten eines Anwalts stemmen könne. Als Konsequenz könne eine Person es vorziehen, auf dieses Recht zu verzichten und keinen Anwalt in Anspruch zu nehmen. Ein Umstand, der nicht im Sinne des Gesetzgebers sei.

Zwar verfüge der oder die Vorsitzende der Anwaltskammer aktuell über die Möglichkeit, Ausnahmeregelungen für eine Kostenübernahme zu treffen, doch stelle dies keine Garantie dar, dass es nicht trotzdem zu Ungleichheiten komme, so die Schlussfolgerung in der Gesetzentwurfsbegründung.

Infolgedessen schlägt das Justizministerium vor, die staatliche Unterstützung, wie etwa in Frankreich oder Belgien, zu staffeln und neben der kompletten Prozesskostenhilfe eine partielle einzuführen. Eine Maßnahme, die auch bereits im Koalitionsabkommen so vorgesehen war. Bei einer solchen partiellen Prozesskostenhilfe übernimmt sowohl der Staat als auch der Antragsteller einen Teil der Anwaltskosten. Empfänger des Revis sollen auch nach der Reform von einer kompletten Prozesskostenhilfe profitieren.

Wie groß die staatliche Beteiligung bei der partiellen Prozesskostenhilfe ausfällt, hängt von den finanziellen Möglichkeiten der Betroffenen ab. Der Gesetzentwurf führt hier eine Übernahme von 50 beziehungsweise 25 Prozent der Anwalts- und Verfahrenskosten an. Die genaue Staffelung soll über ein großherzogliches Reglement festgelegt werden. (GS)