Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Pünktlich zum Wochenende blickt die REPORTER-Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Diese Woche: Knackige Konservative und sich querstellende Politfrachter.
In der Pandemie braucht es zumindest Gewohnheiten, an denen man sich festhalten kann. Beim Auto zu stehen und zu merken, man hat die Maske im Haus vergessen. Oder die regelmäßige Erinnerung daran, dass das Desinfektionsmittel beim Bäcker besonders klebrig ist. Und schließlich die klassischen Bettel-Lenert-Pressekonferenzen. Der Premier redet ausschweifend und die Gesundheitsministerin erklärt anschließend alles so, dass jeder versteht, was Sache ist. Selbst Xav. So kannten wir das seit einem Jahr.
Leider konnte Paulette Lenert diese Woche nicht mit vor die Presse treten. Und es war schwierig, dass nicht alles war wie sonst. Obwohl: Xavier Bettel erklärte gewohnt langatmig, wie toll alles ist und wie toll er selbst ist. Aber der Mini-Lockdown geht trotzdem weiter. « Wéi gesot. »
Aber man darf eventuell bald um sechs Uhr früh eine « Kippchen » auf der Terrasse und unter dem Heizpilz trinken. Unglaublich. Das sei ganz klar keine Einladung, « Rambazamba » auf den Terrassen zu veranstalten, erklärte der strenge Premier. Dafür dürfen wir uns jetzt für ein Bier mit Name, Adresse und Telefonnummer in lange Listen eintragen. Es heißt ja auch nicht umsonst « Zettelwirtschaft ».
Nicht so knackige Opposition
Die CSV ist auch seit einem Jahr mächtig eifersüchtig auf die gestreamten Bettel-Lenert-Shows. Frank Engel hatte vergangene Woche seinen RTL-Livestream und deshalb musste die CSV-Fraktion diese Woche nachziehen. Selbst Michel Wolter unterbrach sein Parlamentssabbatical für diese Gelegenheit. Angesichts der dramatischen Todesfälle in Altersheimen eröffnete er das Feuer auf Familienministerin Corinne Cahen.
Die Presse freute sich schon auf das Ein-Mann-Standgericht, doch Wolter enttäuschte mit staatsmännischer Grandezza. « Ech sinn net de knackegsten. An Politik ass och net kuerz a knackeg », erklärte Michel Wolter, flankiert von Martine Hansen und Claude Wiseler, die auch nicht so recht zu wissen schienen, was sie mit ihrer Rolle als CSV-Staffage anfangen sollten. Die Journalisten versuchten es mit kitzeln. Auf die Frage, was denn nun auf die Analyse von Corinnes Schuld und Xaviers Beitrag folgen müsse, beließ es Wolter jedoch bei einem konfuzianischen: « Dee Saz soen ech nët. »
Aber fordert die CSV nun den Rücktritt oder nicht? Ein klares Jein. Am liebsten wäre es der CSV ja, der Brutus würde sich in den Reihen der DP finden. Macht total Sinn, Cäsar Frank wurde ja schließlich auch im Freundeskreis gemeuchelt. Und im Falle des Falles kann die CSV der DP auch ein Kompetenzteam für die Liquidierung der eigenen Parteipräsidentin zur Verfügung stellen.
Saving Private Corinne
Doch noch warf sich Premierminister Bettel heroisch für seine Ministerin und Sandkastenfreundin in den Kugelhagel der Kritik. Pourquoi attaquer une femme? Une femme qui défend les autres femmes? Une femme à qui on ne donne même pas le droit de se défendre?, lamentierte Xav… ah nein, das war jemand anders zu einer anderen Gelegenheit.
Völlig ohne royale Verve meinte der Regierungschef, man dürfe nicht auf das Niveau sinken, dass eine Ministerin oder ein Minister für irgendetwas verantwortlich gemacht werde. Wo kämen wir denn sonst hin?
In seiner Rettungsaktion lanciert, schoss sich Bettel mit Schmackes selbst in den Fuß. Irgendwelche DP-Mitglieder hatten ihre Präsidentin wegen eines Clusters in einer betreuten Wohnstruktur kritisiert. Der Premier trumpfte auf: Dafür sei die Familienministerin doch gar nicht zuständig. Ist sie aber doch. « Bettel schützt Cahen mit Falschdarstellung », schrieb das « Wort » nicht ohne eine gewisse Genugtuung.
Aber wie klagte der Premierminister bereits zuvor: « Alles, was ich sage, wird auf die Goldwaage gelegt ». Total unfair. Dabei machte es Kanzlerin Merkel vor: Wenn etwas gehörig schief läuft, einfach mal entschuldigen.
Ein « Evergreen » der Politik
Apropos Goldwaage: Am vergangenen Samstag fand der Kongress der sozialistischsten Partei Europas statt – mit Líder Máximo Dan Kersch in der Hauptrolle. Als profunder Kenner der Steuerlandschaft würzte der Vizepremier seine Rede mit diversen Abgaben, die er erhöhen oder senken wolle. Finanzminister Pierre Gramegna standen die Locken zu Berge.
Gut, es war vielleicht nicht alles ansatzweise durchgerechnet. « Wir wollten unsere Prinzipien auf den Tisch legen », meinte Parteipräsident Yves Cruchten im Interview mit RTL. Aber klar ist, der Finanzsektor, das Kapital und andere Bösewichte wie Amazon müssen mehr zahlen.
Es ist auch total unfair, in diesem Kontext zu erwähnen, dass die Supersozialisten in einer Regierung sitzen, die die Steuern für Unternehmen von 29 auf 25 Prozent gesenkt hat, gegen eine Finanztransaktionssteuer ist und gegen die EU-Kommission klagt, damit Amazon 250 Millionen Euro an Steuern nicht zahlen muss. Nicht zu vergessen, dass die LSAP zusammen mit der CSV die Vermögenssteuer abgeschafft hat. Aber das ist natürlich Schnee von gestern.
Jetzt wird alles anders. Und natürlich sind Krisen- und Reichensteuer ein « Evergreen », der durch die Koalitionsgremien flutschen wird wie ein Containerschiff durch den Suez-Kanal. Oder wie ein Kamel durch ein Nadelöhr.