Französische Mediziner haben in den vergangenen Tagen erstaunliche Erkenntnisse erlangt: Das Coronavirus Sars-CoV-2 hat sich möglicherweise bereits im November im Südelsass verbreitet. Auch nach Wuhan gibt es eine Verbindung – und eine von dort nach Luxemburg.

Hat es bereits Mitte November im Raum Colmar Fälle von Corona gegeben? Gerüchte dieser Art sind schon lange im Umlauf. Nun deuten auch wissenschaftliche Untersuchungen darauf hin, die in den kommenden Wochen vertieft werden sollen.

Wie das Krankenhaus „Albert Schweitzer“ in Colmar vergangene Woche mitteilte, hat ein Radiologen-Team 2.456 Röntgenaufnahmen von Brustkörben unter die Lupe genommen, die zwischen dem 1. November und dem 30. April aufgenommen worden waren. Der leitende Arzt Dr. Michel Schmitt begutachtete die Röntgenbilder demnach zunächst im Hinblick auf zahlreiche Krankheitsbilder, darunter Herz- und Lungenerkrankungen, Brüche und Tumore. Mögliche Covid-19-Fälle wurden anschließend von zwei weiteren erfahrenen Radiologen analysiert. Das Ergebnis: Die ersten Fälle wurden bereits am 16. November am Colmarer Krankenhaus festgehalten, einen Tag vor dem ersten bekannten Fall in China.

Hinweise, aber noch keine Befunde

Für Dr. Michel Schmitt ist das Virus demnach „bereits Anfang November“ im Elsass aktiv gewesen und hat sich zunächst „nur sporadisch“ verbreitet. Erst in der Weihnachtszeit habe sich die Übertragung „auf Weihnachtsmärkten und Familienfeiern“ beschleunigt bis zur „Explosion“ der Fallzahlen während der religiösen Fastenwoche in Mulhouse. Die Untersuchungen werden derzeit gemeinsam mit Virenspezialisten des staatlichen Forschungszentrums CNRS vertieft.

Zwei befragte Radiologen sagten der Tageszeitung „Le Parisien“, dass es sinnvoll sei, Röntgenbilder erneut zu untersuchen. „Wir haben festgestellt, dass es vier Arten von speziellen Läsionen gibt, die Covid-19-Lungenentzündungen gemein sind“, sagte Jean-Philippe Masson, Vorsitzender des Radiologenverbands. Auch ein weiterer, im Raum Paris arbeitender Radiologe, bestätigte, dass sich über die Untersuchung bestimmter Läsionen „Hinweise (auf Covid-19) ableiten“ ließen. Die Experten unterstrichen allerdings, dass einzig biologische Tests, beispielsweise durch Blutentnahmen, eine Coronavirus-Infektion nachweisen könnten.

Militärweltspiele in Wuhan im Fokus

Angenommen, die Fälle im Elsass ließen sich sicher belegen, bliebe die Frage, welche Verbindung es mit dem chinesischen Wuhan gibt. Auch dafür könnte es eine plausible Erklärung geben: Zwischen dem 18. und 27. Oktober fanden dort die Militärweltspiele statt. Allein Frankreich war mit einer Delegation von 400 Teilnehmern vor Ort.

„Viele der Athleten sind dort krank geworden“, sagte Elodie Clouvel, Weltmeisterin im Modernen Fünfkampf, dem französischen Lokalsender „Loire 7“. Sie vermutetet: Sie und ihr Freund Valentin Benaud, ebenfalls Fünfkämpfer, hätten sich dort mit Covid-19 infiziert. Auch andere Sportler äußerten sich ähnlich. Das Armee-Ministerium dementierte umgehend.

Fakt ist jedoch: Unter den Teilnehmern in Wuhan waren auch zahlreiche Sportler aus dem Elsass – und auch aus Luxemburg. « Wir können nicht bestätigen, dass die Athleten bei den Militärweltspielen dem Corona-Virus ausgesetzt waren », sagte ein Sprecher der Luxemburger Armee laut dem « Luxemburger Wort ». Zu diesem Zeitpunkt sei Covid-19 noch nicht bekannt gewesen und « bis heute wurde kein Delegationsmitglied, das bei den Militärweltspielen in Wuhan war, positiv auf Covid-19 getestet », so der Sprecher.

Auch Luxemburgs Sportminister Dan Kersch, der selbst bei den Militärweltspielen zu Gast war, äußerte sich im Interview mit « Le Quotidien » zum Verdacht einer früheren Ausbreitung des Virus. So sei er etwa bereit, sich selbst auf Covid-19 testen zu lassen. Ein Test von Sportlern, die im Oktober in Wuhan antraten, könne aber nur mit dem Einverständnis der Betroffenen vollzogen werden.