Der Gesetzentwurf zur Verlängerung der Schulpflicht bis zum Alter von 18 Jahren muss überarbeitet werden. Der Staatsrat erhebt in seinem Gutachten zum Entwurf gleich neun formelle Einwände. Der hohen Körperschaft mangelt es an vielen Stellen an präzisen Formulierungen und Angaben. Ganz allgemein stellt sie aber auch den Sinn des Vorhabens infrage.
Die Erhöhung des Schulpflichtalters von heute 16 auf künftig 18 Jahre hatte Bildungsminister Claude Meisch (DP) im Herbst 2021 überraschend angekündigt. Damit soll der zunehmenden Zahl von Schulabbrechern entgegengewirkt werden, so das Ziel des Ministers. Neu geschaffene Einrichtungen sollen zudem Schüler mit Problemen, die riskieren, ohne Abschluss zu enden, besser unterstützen.
In seinem Gesetzentwurf führt das Bildungsministerium als Ursachen des Schulabbrecher-Phänomens die „konstante demografische und soziologische Entwicklung“, die „zunehmende Komplexität der Luxemburger Gesellschaft“ und eine „erhöhte Heterogenität“ der Schülerschaft an. Der Staatsrat findet diese Argumentation allerdings wenig fundiert, auch weil die Autoren des Entwurfs sie nicht mit Zahlen untermauern.
Die hohe Körperschaft sieht denn auch kein neues Momentum, durch das sich eine Verlängerung der Schulpflicht nun aufdrängen würde. Vielmehr stellt sie fest, dass es seit der letzten Reform der Schulpflicht im Jahr 2009 keine neuen Elemente in Bezug auf die „Multikulturalität und Mehrsprachigkeit im Luxemburger Schulkontext“ gebe.
Auch das Argument des „außerordentlichen Fortschritts bei der Entwicklung alternativer didaktischer Methoden, die sich auf attraktive Art und Weise an Schulabbrecher richten“ sollen, sieht der Staatsrat nicht als fundierte Begründung für eine Verlängerung der Schulpflicht. Vielmehr fragt er sich, warum diese alternativen Methoden nicht längst eingeführt wurden, um potenziellen Schulabbrechern zu helfen.
Die Verfasser des Gesetzentwurfs führen des Weiteren an, dass eine erhöhte Schulabbrecherquote eine hohe Jugendarbeitslosigkeit zur Konsequenz habe. Der Staatsrat bemängelt diesbezüglich, dass die Autoren die Quote der Jugendlichen mit Arbeitsverträgen nicht eingehender analysieren. Zudem stellt er fest, dass mit einer verlängerten Schulpflicht de facto die Einstellung von 16- bis 18-jährigen Jugendlichen untersagt werde. Dabei würden sogar viele staatliche Stellen in den Laufbahnen C und D bereits ab 17 Jahren besetzt werden.
Das Argument einer monatlichen statt einer jährlichen Kontrolle der Einhaltung der Schulpflicht spreche in den Augen des Staatsrats sogar eher gegen eine Verlängerung bis 18 Jahre als dafür. Dabei würde sich nämlich die Frage stellen, ob nicht eine regelmäßigere Kontrolle der aktuell geltenden Schulpflicht zielführender wäre, um die Schulabbrecherquote zu mindern, so die Schlussfolgerung der hohen Körperschaft. (GS)

