Verdrängung lokaler Gemeinschaften, Ausbeutung von Ressourcen, schlechte Arbeitsbedingungen: Die „Action Solidarité Tiers Monde“ fordert ein Gesetz, das Unternehmen dazu verpflichtet, Menschenrechte aktiv zu schützen. Auch Luxemburg spielt in den globalen Arbeitsketten eine Rolle.

Syrische Flüchtlingskinder in der Türkei pflücken die Haselnüsse, die in Nutella oder anderen Produkten der Marke Ferrero verarbeitet werden: Mit dieser Schlagzeile deckten internationale Medien im Frühjahr 2019 den Verstoß gegen Menschenrechte beim weltweit agierenden Süßwarenhersteller Ferrero und anderen Konzernen auf. Die New York Times, Guardian sowie BBC berichteten über Dumping-Preise, illegale Arbeitsbedingungen sowie über Kinderarbeit. Die Holding „Ferrero International S.A.“ ist in Luxemburg als Aktiengesellschaft eingetragen.

Die Nichtregierungsorganisation „Action Solidarité Tiers Monde“ (ASTM) hat nun eine Studie veröffentlicht, die die negativen Auswirkungen der geschäftlichen Tätigkeiten von Unternehmen auf die Bevölkerungen des globalen Südens darlegt. Fallbeispiele wie jenes von Ferrero dokumentieren die Verstrickungen von in Luxemburg ansässigen Unternehmen. ASTM fordert eine Gesetzgebung für Luxemburg, um Unternehmen zum Schutz von Menschenrechten zu verpflichten. Freiwillige Maßnahmen seien nicht wirkungsvoll, so die Organisation in ihrer Analyse.

Gesetz statt Freiwilligkeit

Im Juni 2011 hatte der Rat für Menschenrechte der Vereinten Nationen einstimmig die „Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte“ angenommen, die zwar einen allgemeinen Verhaltenskodex festlegen, jedoch nicht verpflichtend sind. Neun Jahre später stellt die ASTM fest, dass eine große Anzahl an internationalen Partnerorganisationen weiterhin über starke Verstöße gegen Menschenrechte klagt.

Die Studie geht auf besonders gefährdete Gruppen ein. Lokale Gemeinschaften, vor allem indigene Völker, sind meist die ersten Opfer globaler Wertschöpfungsketten. Durch Umsiedlungen verlieren sie nicht selten ihren Lebensraum. Folgen sind Enteignungen, gesundheitliche Risiken, wie Unterernährung und Depressionen, sowie die Zunahme an Korruption.

Schlechte Arbeitsbedingungen

453 Millionen Menschen arbeiten heute in solch global agierenden Wertschöpfungsketten. Viele von ihnen unter desolaten Arbeitsbedingungen. Die Internationalisierung bringe zwar auch neue Perspektiven mit sich, jedoch seien immer mehr Menschen durch die Globalisierung dem Armutsrisiko ausgesetzt  – und das trotz Arbeit.

Risikogruppen sind aber auch Menschenrechtsaktivisten selbst. Wie aus der Studie der ASTM hervorgeht, wurden im Jahr 2018 321 Menschenrechtsaktivisten getötet – weil sie schlechte Arbeitsbedingungen anprangerten, für Meinungsfreiheit kämpften oder kulturelles Erbe und indigene Bevölkerungen zu schützen versuchten. Im Jahr 2019 wurden in Luxemburg drei parlamentarische Anfragen gestellt, die sich mit der eventuellen Beteiligung des Unternehmens NSO Group an dem Mord des saudischen Journalisten Jamal Khashoggi beschäftigten.

Politischer Handlungsbedarf

Die Handelskammer in Luxemburg hatte im November 2019 eine Untersuchung mit dem Thema „Unternehmen und Menschenrechte“ durchgeführt. Fast 60 Prozent der befragten Unternehmen antworteten, in ihrem Tätigkeitsbereich „sehr“ auf den Respekt der Menschenrechte zu achten, nur 16,6 Prozent hielten allerdings eine unternehmensinterne Analyse für erforderlich.

Die internationale Arbeitsorganisation (OIT) hat 2016 eine Umfrage durchgeführt, die bestätigt, dass zumindest bei den kleinen und mittelständischen Unternehmen ein realer Wunsch besteht, bei der Wahrung von Menschenrechten stärkere Orientierungshilfen von Seiten der Regierung zu bekommen.

Für die ASTM ist zudem klar, dass die Konsequenz aus ihrer Studie nur ein verpflichtendes Gesetz zur Wahrung der Menschenrechte sein kann. Sie rufen die Regierung dazu auf, dieses Gesetz auf den Weg zu bringen.