Seit zehn Monaten setzt die Stadt Luxemburg private Sicherheitsdienste im öffentlichen Raum ein. Von Beginn an stand der Auftrag der Wachleute juristisch auf wackeligen Füßen. Ein Zwischenfall im Bahnhofsviertel stellt die Strategie der Hauptstadt erneut in Frage.
Ein Hundebiss wirft erneut ein Schlaglicht auf den Einsatz von privaten Sicherheitsdiensten auf den Straßen der Stadt Luxemburg. Auf Videoaufnahmen, die sowohl in sozialen Medien als auch in der Presse geteilt wurden, sieht man, wie sich ein Wachhund im Bein eines am Boden liegenden Mannes verbeißt. Der Hundeführer, ein Mitarbeiter der Sicherheitsfirma G4S, zerrt an der Leine des Hundes und geht zwischenzeitlich selbst zu Boden. Um den Mann herum sind weitere Wachleute zu erkennen.
Die Episode markiert den Höhepunkt einer politischen Debatte, die nun seit fast einem Jahr andauert. Sie geht im Kern um die Frage: Stellt der Einsatz von privaten Sicherheitsfirmen im öffentlichen Raum einen Eingriff in das Gewaltmonopol des Staates dar?
Während über den Zwischenfall nun Polizei und Gerichte entscheiden müssen, bezogen sowohl die Bürgermeisterin der Hauptstadt, Lydie Polfer (DP), als auch Sozialschöffe Maurice Bauer (CSV) in der Folge des Vorfalls prompt Stellung. Mit ihren Aussagen nahmen beide die noch laufenden Ermittlungen teilweise vorweg. So erklärte die Bürgermeisterin bei einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz am Montag: Bei dem Opfer der Beißattacke handele es sich um eine polizeibekannte Person, die laut Lydie Polfer die Mitarbeiter der Sicherheitsfirma zudem provoziert habe.
Das „Luxemburger Wort“ zitiert den Sozialschöffen Maurice Bauer indes mit den Worten: „Eine Person hatte einen gläsernen Aschenbecher als Waffe, eine andere Person ein Messer.“ Lydie Polfer konstatierte bei der Pressekonferenz generell, dass „die Dealergruppen immer aggressiver werden und versuchen, die Anwohner einzuschüchtern.“ Auf die Frage, ob es sich bei dem Opfer nachweislich um einen Dealer gehandelt habe, wich die Bürgermeisterin jedoch aus: „Ich kenne den Mann nicht und kann das nicht sagen.“
Widersprüchliche Aussagen
Während sich die Frage aufdrängt, ob es ohne den Einsatz des Sicherheitsdienstes überhaupt zu der Eskalation gekommen wäre, hält Lydie Polfer weiterhin am Auftrag des Sicherheitsdienstes fest. Der Vertrag mit der Firma laufe bis zum 15. November und erst danach werde man entscheiden, ob der Einsatz verlängert werde, so die liberale Politikerin vor der Presse. Wie Reporter.lu im März berichtete, sind für den Vertrag mit der Sicherheitsfirma im Budget der Gemeinde rund 250.000 Euro vorgesehen. Der Auftrag hat jeweils eine Laufzeit von sechs Monaten und wird automatisch verlängert, es sei denn, die Stadt kündigt den Vertrag. Tut sie dies nicht, hat der Vertrag eine Maximaldauer von drei Jahren.
Entweder sie sind sehr gut bezahlte Gassigänger oder sie übernehmen einen Teil der Polizeiarbeit. In jedem Fall ist ihre Arbeit nicht vom Gesetz für Sicherheitsfirmen gedeckt.“Fränk Rollinger, Rechtsanwalt
Wie problematisch der Einsatz der Sicherheitsfirma dabei bleibt, zeigen unter anderem auch die zum Teil gegensätzlichen Aussagen von Lydie Polfer zu deren Auftrag. Auf die Mission der Wachleute angesprochen, konstatierte die Bürgermeisterin bei der Pressekonferenz: „Ihre Aufgabe ist es ja nicht, auf Dealer aufzupassen. Der Vertrag sieht vielmehr vor, dass sie die städtische Infrastruktur vor Vandalismus schützen.“ Oder anders ausgedrückt: Die aktuell diskutierte Intervention durch den Sicherheitsdienst war eigentlich nicht durch den Vertrag gedeckt …
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