2024 soll die Tram bis nach Howald fahren. Dafür musste der Staat einige Grundstücksbesitzer enteignen. Ein Eigentümer legte Klage ein und bekam Recht. Der Fall zeigt, dass der Ausbau der „sanften Mobilität“ nicht immer ein stichhaltiges Argument ist.

Es ist eigentlich nur eine unscheinbare Straße in einem Industriegebiet. Gerade einmal 700 Meter misst die Rue des Scillas in Howald. Dass die kurze Verbindungsstraße auf dem Gebiet der Gemeinde Hesperingen dennoch eine gewisse Berühmtheit erlangt hat, hat mit einer staatlichen Großbaustelle zu tun. Denn die Straße grenzt an die zukünftige Tramtrasse. Zudem entsteht in unmittelbarer Nachbarschaft der „Pôle d’Echange“ Howald. Der Umsteigebahnhof soll den Süden der Hauptstadt bedienen, das Busnetz an die Tram anbinden und Pendlern den Umstieg auf den öffentlichen Nahverkehr ermöglichen. Kurz: Es ist ein zentraler Baustein im Mobilitätskonzept der Regierung.

Problematisch ist der Ausbau in der Rue des Scillas dabei weniger wegen der technischen Umsetzung als wegen rechtlicher Probleme. Der Grund: Für den Ausbau werden Grundstücke benötigt, die nicht im staatlichen Besitz sind. Um die Straße zu erschließen, hat der Staat schon vor zwei Jahren Enteignungsprozeduren gegen zahlreiche Anrainer in die Wege geleitet.

Nötig wurde dieses Vorgehen auch, weil die Verhandlungen über einen Kauf der Parzellen sich als schwierig erwiesen hatten. Zwar konnte mit dem ansässigen Bauunternehmen „Betons Feidt“ Anfang 2022 eine Einigung gefunden werden, die den Weg für die Tram frei macht. Der Betrieb hat sich bereit erklärt, seine Aktivitäten nach Zessingen zu verlagern und dem Staat rund 30 Ar seines rund 2 Hektar großen Grundstücks in Howald zu überlassen.

Bei einigen anderen Besitzern der für den Ausbau benötigten 18 Parzellen erwies sich eine außergerichtliche Einigung jedoch als unmöglich. Aus diesem Grund leitete der Staat, parallel zu den Verhandlungen, die Enteignung in die Wege.

Staatliche Unverhältnismäßigkeit

Die rechtliche Basis für dieses Vorgehen: Wenn ein öffentliches Bauvorhaben im Interesse des Allgemeinwohls erfolgt, kann das öffentliche Interesse über den Eigentumsschutz gestellt werden. Die Besitzer können dann enteignet werden, für ihren Schaden werden sie entweder entschädigt oder sie erhalten ein anderes Grundstück im Tausch. So sieht es das entsprechende Gesetz von 1979 vor. Die Enteignung wird dabei über einen Regierungserlass verfügt. Doch so einfach wie die Prozedur in der Theorie klingt, so langwierig erweist sie sich in der Praxis. Oft genug steht sie am Anfang von langjährigen gerichtlichen Auseinandersetzungen.

La seule affirmation péremptoire de la partie étatique que cette emprise s’intégrerait dans un concept de mobilité douce global (…) n’est pas suffisante à cet égard.“ Urteil des Verwaltungsgerichts

So auch in der Rue des Scillas, wo Jean Grün, Inhaber der Firma „Grün Signalisation“, gegen die Enteignung durch den Staat geklagt hatte. Seine Begründung: Der Erlass und die Enteignung seien unverhältnismäßig und stellten einen Verstoß gegen den Schutz des Privateigentums dar. Seit dem 29. Juni liegt das Urteil in dem Rechtsstreit vor. Die Richter des Verwaltungsgerichts geben den Klägern Recht. Das Urteil könnte in zukünftigen Enteignungsprozeduren als Präzedenzfall dienen, wenn es darum geht, Grundstücke für die sanfte Mobilität zu erschließen.

In dem konkreten Fall geht es um eine Parzelle von ganzen 7 Zentiar (ca), was 7 Quadratmetern entspricht. Die Pläne des Mobilitätsministerium sehen vor, dass diese Eckfläche abgerundet werden soll, um genügend Platz und Sichtraum für einen Fußgänger- und Radweg zu schaffen …