Ein Bericht legt massive Probleme bei der Steuerverwaltung offen. Der größten Behörde des Landes mangelt es an Beamten und der nötigen IT-Infrastruktur, um ihrer Aufgabe gerecht zu werden. Die Versäumnisse der letzten Finanzminister wiegen schwer.
Es war ein Satz, der aufhorchen ließ: „Bei Personalmangel und veralteten Tools sieht sich die Steuerverwaltung mit zunehmenden Herausforderungen konfrontiert.“ So wurde die Direktorin der „Administration des contributions directes“ (ACD) in einer Pressemitteilung zitiert. Pascale Toussing hatte zwar bereits mehrmals öffentlich auf die Probleme bei der Rekrutierung aufmerksam gemacht. Doch diese Aussage war drastischer.
Die Bemerkung der Direktorin ist nur im Zusammenhang mit den Ergebnissen einer rezenten Analyse durch eine Beratungsfirma über den Zustand der Steuerverwaltung zu verstehen. Der Impuls für diese Bestandsaufnahme kam aus der ACD selbst. Der Bericht der „Boston Consulting Group“ (BCG) zeichnet ein erschreckendes Bild der größten Verwaltung des Landes.
„Viele Mitarbeitende stehen am Rande der Erschöpfung.“ „Die IT-Systeme der ACD sind stark veraltet.“ Das sind nur zwei Befunde aus der 130-seitigen Analyse, die Reporter.lu exklusiv vorliegt. Es bestehe ein hohes Risiko für die „Funktionsfähigkeit“ der Verwaltung, die immerhin für über die Hälfte aller Staatseinnahmen verantwortlich ist. 2022 waren das mehr als zwölf Milliarden Euro.
Vom Wachstum überrollt
Die Finanzministerin Yuriko Backes (DP) versprach dem zuständigen Ausschuss des Parlaments Ende März eine Modernisierung der Verwaltung. Die diesbezügliche Pressemitteilung verschwieg aber das wahre Ausmaß der Probleme. Diese Probleme sind laut den Beratern von BCG auf eine große Ursache zurückzuführen: „Das Wachstum der eingegangenen Dossiers [überschreitet] jeweils das Wachstum des Personals.“ Die mehr als 1.000 Mitarbeiter der Verwaltung wurden von der wirtschaftlichen Entwicklung Luxemburgs überrollt. Diese Entwicklung haben die Finanzminister der vergangenen 20 Jahre – von Jean-Claude Juncker (CSV) über Luc Frieden (CSV) bis zu Pierre Gramegna (DP) – schlicht verschlafen.
Zur Veranschaulichung: Zwischen 2006 und 2020 nahm die Zahl der Steuerdossiers der Unternehmen um 183 Prozent zu. Bei den Privatpersonen war es ein Wachstum von 157 Prozent. In den für Gesellschaften zuständigen Steuerbüros arbeiteten aber 2020 genau so viele Beamte wie noch 2006 …
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