Einen Alltag, eine Aufgabe und eine Stimme: Das gibt die Zeitung „Stëmm vun der Strooss“ ihren Mitarbeitern. Das Projekt dient der beruflichen Eingliederung der Mitglieder der Redaktion. Auf dem ersten Arbeitsmarkt haben sie aus unterschiedlichen Gründen kaum eine Chance.

„Habt ihr das schon gesehen?“ Die Redaktion der „Stëmm vun der Strooss“ beschäftigt an diesem Dienstag ein großes Thema: Eine Frau, die vom Busdienst „Adapto“ alleine stehen gelassen und erst vier Stunden später gefunden wurde. Während Lauri, Alex und Serge* die Zeitungen des Tages durchgehen, sehen sie den Vorfall gleich in mehreren und ärgern sich über die Nachlässigkeit der Fahrer des Dienstes.

Als Mitglieder der Redaktion sitzen sie morgens als Erstes um den runden Tisch in ihrem Büro im Sitz der „Stëmm vun der Strooss“ in Hollerich. Sie sind wegen zwei Krankheitsfällen und einer Person im Urlaub an diesem Tag eine kleinere Gruppe. Der Chefredakteur Frédéric Braun stößt dazu und dann fangen sie an, gemeinsam ihre eigenen Themen zu besprechen. Die nächste Ausgabe der alle zwei Monate erscheinenden Zeitung der „Stëmm vun der Strooss“ muss geplant werden – Interviews sollen angefragt und Reportagen vorbereitet werden.

Ein Dossier über den internen Dienst „Kannerstëmm“ oder Interviews mit Personen, die auf der Straße sind? Serge ist für Letzteres: „Die Leute werden nie gefragt, was sie denken.“ Das Redaktionsteam möchte unter der Leitung des Journalisten Frédéric Braun Themen aufgreifen, die auch mit der Arbeit der „Stëmm“ verbunden sind. Die gemeinnützige Vereinigung setzt sich für die Integration von benachteiligten Personen ein, wie Obdachlose, Geflüchtete oder Drogenabhängige.

Luftschlösser und Hindernisse

Doch das Ziel ist im kleinen Redaktionsteam nicht einfach. Aktuell sind acht Personen Teil der Redaktion. Michel Hoffmann leitet die Gruppe zusammen mit Frédéric Braun. Er kümmert sich als Sozialarbeiter eher um die Organisation und die Zusammenarbeit in der Gruppe. Alle anderen arbeiten unter einer Aktivierungsmaßnahme im Kontext des Einkommens zur sozialen Eingliederung (Revis). Die meisten können aktuell nicht auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß fassen, beispielsweise wegen Gesundheitsproblemen. Bei der „Stëmm“ arbeiten sie jeden Morgen vier Stunden und sollen ihre Kenntnisse ausweiten. Es ist eine von zahlreichen Stellen, wo Betroffene unter angepassten Bedingungen arbeiten können.

Die Zeitung soll den Leuten eine Arbeit geben, es ist keine Beschäftigungstherapie.“Alexandra Oxacelay, Direktorin

289 Organisationen bieten eine oder mehrere solche Stellen an, zum Großteil gemeinnützige Vereinigungen, so das Familien- und Integrationsministerium auf Nachfrage von Reporter.lu. Im Dezember 2019 waren 1.929 Personen für eine Maßnahme zur gemeinnützigen Arbeit („Travail d’utilité collective“) vorgesehen, im Dezember 2022 waren es 2.232 Personen. Davon waren über ein Drittel aus gesundheitlichen Gründen nur für Arbeit in Teilzeit eingeteilt, wie es auch in der Redaktion der Fall ist. Laut dem zuständigen Ministerium nehmen aktuell 1.606 Personen an entsprechenden Maßnahmen teil, weitere 683 Prozeduren laufen noch. Das zuständige „Office national d’inclusion sociale“ (ONIS) verfügt 2023 über knapp zwölf Millionen Euro, um die Betreuungskosten teilweise zu übernehmen. Der „Fonds national de solidarité“ übernimmt die Bezahlung der Personen über das Revis.

Insgesamt bietet die „Stëmm“ 250 Vollzeit-Stellen für Personen in entsprechenden Maßnahmen an. Es gibt bei den Mitarbeitern der unterschiedlichen Ateliers dabei immer gesundheitliche Faktoren. „Wir arbeiten mit kranken Menschen. Die Personen fallen gesundheitsbedingt immer wieder aus, kommen vielleicht aufgepäppelt zurück, fallen wieder aus“, sagt Alexandra Oxacelay, die Direktorin der „Stëmm vun der Strooss“ …