In jedem zweiten Bett in Flüchtlingsheimen schläft ein Mensch, der bereits ein Bleiberecht besitzt. Der freie Wohnungsmarkt ist für sie kaum eine Alternative. Dadurch sind nicht nur die Heime überfüllt, auch die Integration wird erschwert. So wie bei Anday Meresie und seiner Familie.

Schon von weitem hebt er die Hand zum Gruß und winkt. Mit schnellen Schritten durchquert Anday den kleinen Stadtpark im Zentrum von Ettelbrück, an dessen Ausläufen sich eines der landesweit 57 Flüchtlingsheime des „Office national de l’accueil“ (ONA) befindet. Seit mehr als eineinhalb Jahren lebt Anday in dem hinter Bäumen versteckten Gebäude. Er teilt sich mit seiner Frau und seinen fünf Kindern ein Zimmer. Eigentlich würde er seine Gäste gerne hereinbitten und seine Geschichte bei selbst gekochtem Kaffee erzählen. Doch der Zugang zum Heim ist für Besuch verboten. „Wegen Corona“, gibt eine Sozialarbeiterin der Caritas als Erklärung. „CovidCheck“ hin oder her.

Wie quer durch das Land ist auch in Ettelbrück gerade Kirmes. Anday setzt sich an einen der freien Tische, schaut den Kindern beim Boxautofahren zu und bestellt Kaffee. Er holt sein Handy hervor, zeigt Videos von seinem Heim: Ein Zimmer, gut 50 Quadratmeter groß, zwei zusammengeschobene Doppelbetten, daneben ein Gitterbettchen, mit Regalen und Schränken, provisorisch vom Wohnraum abgetrennt. Das Baby liegt auf einer Decke am Boden, ein Mädchen im Grundschulalter tanzt und singt englische Diskolieder. Das Hintergrundgeräusch eines in regelmäßigen Abständen gegen eine Wand prallenden Fußballs passt zum Rhythmus der Tanzschritte.

Zu siebt in einem Zimmer

„Die Mindestfläche pro Person in einem Schlafzimmer beträgt sechs Quadratmeter“, teilt das ONA auf Nachfrage von Reporter.lu mit. Jedes Zimmer müsse über Heizung, Lüftung und Stromanschluss verfügen und abschließbar sein. Wie viele Menschen sich ein Zimmer teilen dürfen, sei nicht festgelegt. Im Gegensatz zu Geflüchteten ohne anerkannten Status bezahlen Menschen mit Bleiberecht in den Flüchtlingsheimen Miete. „Sofern die Person über ein Einkommen verfügt, muss diese eine monatlichen Wohnkostenbeitrag bezahlen, der in der Regel ein Drittel des Haushaltsnettoeinkommens beträgt“, teilt das ONA mit.

Transport ist gratis. Aber Wohnungen gibt es keine.“Anday Meresie

Anday erzählt, dass er für das Zimmer 1.700 Euro im Monat bezahlt. Doch ist es nicht das Geld, das ihn umtreibt. Mit seinem Gehalt und den zusätzlichen Sozialleistungen kommt die Familie über die Runden. Wenn da nicht die völlig vergeblich wirkende Wohnungssuche wäre …