Die Staatsfinanzen waren schon vor den Wahlen aus dem Gleichgewicht. In den Koalitionsverhandlungen wurden nun aber noch düsterere Prognosen vorgestellt. CSV und DP müssen damit vorerst wohl anders regieren, als sie es den Wählern versprochen haben.
Die Situation sei „sehr schwierig“, sagte Luc Frieden am zweiten Tag der Koalitionsverhandlungen. Die wirtschaftlichen Prognosen würden eine Stagnation oder sogar eine Rezession voraussagen. Dies werde sich natürlich auch auf die Staatsfinanzen auswirken, so der „Formateur“. Das Haushaltsdefizit für das laufende Jahr könnte demnach wesentlich höher ausfallen als bisher erwartet, sodass der Staat schon bald neue Schulden aufnehmen müsse.
Die Einschätzungen gründen auf neuen Berechnungen des Finanzministeriums und des Statistikamtes „Statec“. Beide hatten den Verhandlungsdelegationen von CSV und DP gemeinsam mit weiteren Behörden vergangene Woche einen Lagebericht präsentiert. Vor allem der Bericht der Finanzinspektion (IGF) und des Schatzamtes („Trésorerie de l’Etat“) lässt in seiner Deutlichkeit aufhorchen. „Radio 100,7“ hatte diese Woche zuerst über den genauen Inhalt der Präsentation berichtet, die bis heute nicht öffentlich gemacht wurde.
In dem Bericht, der auch Reporter.lu vorliegt, heißt es in der Tat, dass das Defizit des Gesamtstaates schon in diesem Jahr bei 1,5 Milliarden und 2024 bei über zwei Milliarden Euro liegen würde. Die Staatsschuld, die aktuell rund 20 Milliarden Euro beträgt, könnte während der nächsten Jahre auf über 30 Milliarden ansteigen – und schon im Jahr 2026 die von der aktuellen Regierung selbst auferlegte Grenze von 30 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) überschreiten.
Zudem warnen die Beamten aus dem Finanzministerium die koalitionswilligen Parteien unverblümt vor Liquiditätsengpässen des Staates. Bereits Anfang des kommenden Jahres sei es demnach „opportun“, neue Staatsanleihen aufzulegen. Oder anders ausgedrückt: Ohne neue Schulden wäre der Luxemburger Staat womöglich schon bald zahlungsunfähig.
Der „Sputt“, den es nie gab
Vor den Wahlen hörte sich das freilich noch ganz anders an. Zwar rechnete das Finanzministerium auch schon Anfang des Jahres mit einer angespannten Lage der Staatsfinanzen. Das Stabilitäts- und Wachstumsprogramm 2023 ging jedoch noch von wesentlich niedrigeren Defiziten – und entsprechend höheren Wachstumsraten aus. Statt von 2,4 Prozent Wachstum für 2023 geht das Statistikamt Statec nun von einem Rückgang um ein Prozent aus – also von einer Rezession.
Die konjunkturellen Aussichten und budgetären Folgen ihrer Politik waren den Regierungsparteien DP, LSAP und Déi Gréng im Wahlkampf natürlich bekannt. Auch die CSV-Vertreter waren laut Quellen, die mit den Koalitionsverhandlungen vertraut sind, nicht überrascht über die negativen finanziellen Prognosen …
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