Trotz Corona-Pandemie schreitet am großherzoglichen Hof die Umsetzung des Waringo-Berichts voran. Der „General Manager“ David Grieu wurde laut REPORTER-Informationen entlassen. Hintergrund ist unter anderem eine Strafanzeige gegen den früheren leitenden Angestellten des Hofes.

Auch nach dem Waringo-Bericht beschäftigt sich der großherzogliche Hof weiter mit Personalfragen. Vor einigen Wochen wurde bekannt, dass Hofmarschall Lucien Weiler in Rente geht – ein Nachfolger steht noch nicht fest. Zudem wurden am Hof mit André Prum und Norbert Becker zwei Sonderberater ernannt, die die Umsetzung der von der Regierung geplanten Reformen begleiten sollen.

In der vergangenen Woche wurde dann eine weitere Schlüsselpersonalie geklärt. Der bisherige „General Manager“ des großherzoglichen Hofes, David Grieu, wurde fristlos entlassen. Die Angestellten des großherzoglichen Hofes wurden über diesen Schritt per E-Mail durch die beiden Sonderberater informiert. Mitte März war David Grieu von seinen Funktionen bereits suspendiert worden.

Von der Strafanzeige zur Kündigung

Der Hintergrund ist unter anderem eine Strafanzeige gegen den früheren „General Manager“. Ihm wird vorgeworfen, dass er Mitarbeiter angewiesen haben soll, interne Dokumente des großherzoglichen Hofes verschwinden zu lassen. Konkret geht es um das Dossier eines ehemaligen Kammerdieners des großherzoglichen Paares, der nach seiner Entlassung Selbstmord beging. REPORTER berichtete über den Fall im Rahmen einer Recherche über die Personalwechsel am Hof im vergangenen August.

Die entsprechende Anzeige bei der Staatsanwaltschaft wurde vom großherzoglichen Hof erstattet, wie REPORTER auf Nachfrage bestätigt wurde. „Die Staatsanwaltschaft wurde in dieser Sache in Kenntnis gesetzt und die Kriminalpolizei ermittelt“, so Justizsprecher Henri Eippers.

Im Fall David Grieu geht es aber um mehr als nur um den jüngsten Auslöser. Der Franzose gilt als enger Vertrauter der Großherzogin Maria Teresa. Er wurde 2015 von der ehemaligen Beraterin des Hofes, Chantal Selva, eingestellt. Selva musste selbst im Zuge einer Affäre um verschwiegene Angaben in ihrem Strafregister den großherzoglichen Hof verlassen. Die Affäre gilt als entscheidender Ausgangspunkt der verstärkten Kontrollmission des Hofes durch die Regierung, die letztlich im Waringo-Bericht und dem Willen zu einer grundlegenden Reform der Luxemburger Monarchie mündete.

Mächtiger Vertrauter der Großherzogin

Die eigens für David Grieu geschaffene Position des „General Manager“ wird auch im Waringo-Bericht überaus kritisch gesehen. Der Posten hängt unmittelbar vom Großherzog und der Großherzogin ab und seine Kompetenzen betreffen quasi alle Bereiche der Verwaltung des Hofes, schrieb Jeannot Waringo in seinem Bericht vom 24. Januar 2020. David Grieu trat intern als eine Art Neben-Hofmarschall auf, der vor allem das uneingeschränkte Vertrauen der Großherzogin genoss, heißt es von Mitarbeitern des großherzoglichen Hofes, die sich unter der Voraussetzung der Anonymität äußern.

Jeannot Waringo ging in seinem Bericht aber noch weiter. Die Stellenbeschreibung des „General Manager“ habe wahrscheinlich „von Beginn an keinem realen Bedarf der Verwaltung des Palastes“ entsprochen, so der Sonderbeauftragte des Premiers. Unmissverständlich und mit ironischem Unterton schlägt Waringo denn auch eine Reform vor, die schon damals darauf schließen ließ, dass die Tage von David Grieu am großherzoglichen Hof gezählt sind:

„Au vu de cette liste impressionnante de missions qui touchent quasiment à tous les domaines d’activités de la Cour et au vu de la formulation très vague de ces missions qui font par ailleurs très largement double emploi avec les missions d’autres agents de la Cour, il ne serait probablement pas dénué de sens de réfléchir sur la suppression de ce poste.“

Management-Vakuum im Palast

Mit der Entlassung von David Grieu und der Pensionierung von Hofmarschall Lucien Weiler ist in der Verwaltung des großherzoglichen Hofes ein Vakuum entstanden. Die Geschäftsführung soll laut einer internen Mitteilung an die Belegschaft bis auf Weiteres vom Kabinettschef des Großherzogs, Michel Heintz, ausgeübt werden.

Gleichzeitig sollen die neuen Sonderberater des Großherzogs, André Prum und Norbert Becker, die von der Regierung geplante Reform vorbereiten und deren Umsetzung begleiten. Wie das „Luxemburger Wort“ Mitte März zu der Mission der beiden Berater schrieb, herrsche bei der Modernisierung der Monarchie „noch Gesprächsstoff zwischen Hof und Staatsministerium“.

Wie es aus politischen Kreisen heißt, sei man im ganzen Prozess aber weiter vorangekommen. Die Coronavirus-Pandemie würde den Zeitplan zwar bremsen, aber es sind in den kommenden Wochen weitere Termine zwischen dem Staatsministerium und der Verwaltung des großherzoglichen Hofes vorgesehen. Auch der Sonderbeauftrage des Premiers, Jeannot Waringo, soll übrigens bei diesen Treffen weiter beteiligt sein.

Ermittlung zu möglicher Gewalt dauert an

Der Grund für die Entlassung von David Grieu bestätigt und erweitert dabei die Missstände, die im Waringo-Bericht offen angesprochen werden. Dem „General Manager“ wird vorgeworfen, dass er interne Dokumente, die dem Image des Hofes schaden könnten, beseitigen wollte. Auf wessen Order dies geschehen ist, lässt sich aktuell nicht mit Sicherheit belegen. Die Staatsanwaltschaft wollte auf Nachfrage keine weitere Stellung zum Fall beziehen.

Auf Nachfrage heißt es von der Justiz zudem, dass die vorläufige Ermittlung im Zusammenhang mit möglicher Gewalt am Hof weiter andauert.

Eine Pressemitteilung wird vermisst

Ein weiterer Befund des Waringo-Berichts war die mangelnde Kooperationsbereitschaft seitens des großherzoglichen Hofes. Neben den Hintergründen der Entlassung von David Grieu gibt es dabei ein weiteres Indiz, das eher symbolischer Natur ist.

Eine Pressemitteilung vom 31. Januar 2020, in der der großherzogliche Hof versichert, dass er „konstruktiv“ an der Umsetzung des Waringo-Berichts mitarbeiten will, ist auf der Webseite monarchie.lu nicht mehr auffindbar. Ende Februar war die entsprechende Mitteilung jedoch noch online, wie sich durch eine Recherche über das Internet-Archiv „Archive.org“ ermitteln lässt.

Am großherzoglichen Hof war auf wiederholten Versuch hin niemand für eine Stellungnahme zu erreichen. Auch die neuen Sonderberater André Prum noch Norbert Becker wollten sich auf Nachfrage nicht zu den in diesem Artikel angesprochenen Sachverhalten äußern.


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