Kurz vor den Parlamentswahlen lohnt ein Blick auf die finanziellen Interessen der einzelnen Abgeordneten. Von Roy Reding bis David Wagner: Aus den Erklärungen aller 60 Parlamentarier hat REPORTER die vollständige Liste der Nebeneinkünfte zusammengestellt.
Ein Nebenjob ist für Luxemburgs Parlamentarier eher die Regel als die Ausnahme. Die große Mehrheit der 60 Mitglieder der Abgeordnetenkammer gibt in den seit 2014 verpflichtenden Erklärungen zu ihren finanziellen Interessen mindestens eine Nebentätigkeit an. Doch im Detail sind die Unterschiede groß. Während manche durch diverse zusätzliche Einkommen mehr verdienen als durch ihre Tätigkeit als Volksvertreter, halten sich die Nebeneinkünfte der meisten Parlamentarier in Grenzen.
Nach unserer Recherche zu den Topverdienern in Luxemburgs Parlament veröffentlicht REPORTER jetzt die gesamte Rangliste der Abgeordneten, sortiert nach der Minimalhöhe der Nebeneinkünfte. Dabei fällt auf, dass die meisten Amtsträger vor allem durch die Weiterausübung ihres Berufs nebenher verdienen. Seien es Anwälte, Ärzte oder die große Fraktion der Staatsbeamten: Nur die wenigsten steigern ihr Einkommen durch Tätigkeiten in Verwaltungsräten oder vergleichbaren lukrativen Gremien. Zudem sind viele Parlamentarier ehrenamtlich in Vereinen tätig und geben einen Teil ihres Abgeordnetengehalts an die eigene Fraktion ab.
Regel und Ausnahmen unter den Nebeneinkünften
Die Spanne der Nebeneinkünfte reicht dabei von unter 5.000 Euro bis zu über 200.000 Euro im Jahr. Deutlich wird dabei ein grundsätzliches Problem des Verhaltenskodex für Abgeordnete aus dem Jahre 2014, nämlich, dass ausgerechnet die Angabe von höheren Einkommen nach oben offen ist. Kreuzt ein Abgeordneter also die höchste Einkommenskategorie, „Kategorie 4“ der Nebenverdienste an, weiß man nur, dass dieses Einkommen über 100.000 Euro pro Jahr liegt. Wie hoch genau? Darüber lässt sich anhand der offiziellen Angaben nur mutmaßen.
Generell setzt sich das Nebeneinkommen eines Abgeordneten meistens aus einem weiter bezogenen Gehalt (etwa Anwalt, Arzt, andere Freiberufler, „pension spéciale“ von Staatsbeamten, kompensierter „congé politique“ bei Angestellten im Privatsektor), einem kommunalen Mandat (40 von 60 Abgeordnete sind in einem Gemeinderat vertreten, 30 davon im Schöffenrat, 18 sind Bürgermeister) und weiteren in der Regel nicht hoch bezahlten Funktionen zusammen.
Die Ausnahmen schaffen es demnach prompt in die „Top Ten“ der Nebenverdiener, in der die CSV sechs Mal, die DP drei Mal und die ADR ein Mal vertreten sind. Alle folgenden Angaben von Nebeneinkünften verstehen sich wohlgemerkt als zusätzliche Einkommen zum Grundgehalt als Parlamentsmitglied.
Die zehn Abgeordneten mit den meisten Nebeneinkünften
- Roy Reding (ADR) – mindestens 200.000 Euro pro Jahr (Rechtsanwalt Etude Reding: über 100.000€ – Anteilshaber und Verwalter von 488, King David, David Goldstern, Esther Goldstein, Domaine de la Fagne Wery, Immobilière et Promotions, Queen Esther, Raiatea Finance, Servit, RFE, Domaine de Linger, Jardins d’Altlinster, Prestige Promotions, Triple A Trading: über 100.000€)
- Michel Wolter (CSV) – mindestens 150.000 Euro pro Jahr (Bürgermeister Käerjeng: rund 25.000€ – Verwaltungsratspräsident The OneLife: 47.000€ – Verwaltungrat Global Jet: 10.000-50.000€ – Verwaltungsrat CB Rail: 22.000€ – Verwaltungsrat Compass RE: 35.000€)
- Léon Gloden (CSV) – mindestens 136.000 Euro pro Jahr (Rechtsanwalt und Partner Elvinger, Hoss & Prussen: über 100.000€ – Bürgermeister Grevenmacher: ca. 16.000€ – Verwaltungsrat Port de Mertert: 5.000 bis 10.000€ – Präsident Sidec: 5.000 bis 10.000€ – Vize-Präsident Sidest: 5.000 bis 10.000€)
- Gilles Roth (CSV) – mindestens 120.000 Euro pro Jahr (Rechtsanwalt Etude NCR Avocats: 50.000 bis 100.000€ – Pension spéciale als Staatsbeamter: 50.000 bis 100.000€ – Bürgermeister Mamer: ca. 20.000€ – Gemeindesyndikate Sidor, Zaro: 10.000 bis 50.000€)
- Edy Mertens (DP) – mindestens 116.000 Euro pro Jahr (Allgemeinmediziner: über 100.000€ – Bürgermeister Troisvierges: rund 16.000€)
- Laurent Mosar (CSV) – mindestens 114.000 Euro pro Jahr (Rechtsanwalt Etude Tryalis: 50.000 bis 100.000€ – Schöffe Luxemburg-Stadt: rund 54.000€ – Verwaltungsrat Bank of China: 10.000 bis 50.000€)
- Lydie Polfer (DP) – mindestens 110.000 Euro pro Jahr (Bürgermeisterin Luxemburg-Stadt: rund 80.000€ – Verwaltungsrat FWU Versicherung: 10.000 bis 50.000€ – Verwaltungsrat Philharmonie SA: bis zu 5.000€ – Verwaltungsrat Luxtram SA: 5.000 bis 10.000€ – Syvicol: 5.000 bis 10.000€ – Sidor: 5.000 bis 10.000€)
- Martine Mergen (CSV) – mindestens 102.000 Euro pro Jahr (Ärztin CHL: über 100.000€ – Präsidentin Gaart an Heem: 2.250€ – Verwaltungsrat Zitha Senior: 500€)
- Frank Colabianchi (DP) – mindestens 85.000 Euro pro Jahr (Bürgermeister Bertrange: rund 20.000€ – Vizepräsident SICA Bertrange: 5.000 bis 10.000€ – Vizepräsident CNI Les Thermes: 10.000 bis 50.000€ – Pension spéciale als Staatsbeamter: 50.000 bis 100.000€)
- Diane Adehm (CSV) – mindestens 81.800€ pro Jahr (Schöffin Hesperange: ca. 16.800€ – Verwaltungsrat Aliai: 5.000 bis 10.000€ – Verwaltungsrat Fondation François-Elisabeth: 5.000 bis 10.000€ – Verwaltungsrat Sicec: 5.000 bis 10.000€ – Pension spéciale als Staatsbeamtin: 50.000 bis 100.000€)
Die vollständige Liste der Nebeneinkünfte offenbart indes ein ziemlich starkes Gefälle. Der unangefochtene Spitzenreiter Roy Reding (ADR) verdient etwa nebenher so viel wie die 18 Abgeordneten auf den hinteren Plätzen zusammen. Alle 60 Abgeordneten, sortiert nach den minimalen Beträgen ihrer Nebenverdienste, finden Sie hier im Überblick:
Die Erklärungen zu den finanziellen Interessen sind auf der Webseite chd.lu einsehbar. Die Seite eines Abgeordneten erreicht man über die Homepage unter „Sélectionner un député“. Auf der folgenden Seite ist das Dokument „Déclaration des intérêts financiers“ in der rechten Spalte zu finden. In manchen Fällen (wie insbesondere bei Reding und Wolter) lassen sich die Nebeneinkünfte nach weiterer Nachforschung konkreter beziffern, wie es unsere Recherchen von vergangener Woche zeigen. Generell geben die Erklärungen der Abgeordneten aber nur ungefähre Richtwerte an.
Zahlreiche Parlamentarier versäumen es zudem, ihre Erklärungen der finanziellen Interessenlage aktuell zu halten. Die Parlamentsverwaltung bittet die Abgeordneten lediglich zu Beginn der Sitzungsperiode, also ein Mal im Jahr, die Dokumente zu aktualisieren. Deshalb fehlen oft die neuen Mandate, die aus den Kommunalwahlen im Oktober 2017 hervorgingen. Wir haben diese Posten und den entsprechenden Verdienst ergänzt, sofern es nötig war. Allerdings fehlen möglicherweise die Mitgliedschaften in Verwaltungsräten der interkommunalen Syndikate.
Stichproben von REPORTER ergaben, dass die Abgeordneten ihre wichtigsten Beteiligungen an Unternehmen auch tatsächlich angeben. Ausnahmen sind die Immobiliengesellschaften („société civile immobilière“), in denen mehrere Parlamentarier ihre Anteile an Wohnungen oder Häusern halten. Im ersten Bericht des „Comité consultatif sur la conduite des députés“ hieß es, es sei den Abgeordneten überlassen, ob sie diese Beteiligungen angeben.
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Update 26. Juli 2018: Auf Hinweis der Abgeordneten Josée Lorschée (Déi Gréng), dass sie ihre Nebenverdienste in ihrer Erklärung an die Abgeordnetenkammer falsch angegeben hat, haben wir die Angaben entsprechend angepasst.