In der Gesundheitspolitik wollte Blau-Rot-Grün neue Wege gehen. Die Digitalisierung sollte vorangetrieben, der „Tiers payant“ eingeführt und Cannabis legalisiert werden. Die Pandemie machte der Regierung jedoch einen Strich durch die Rechnung. Eine Bilanz.
Pünktlich vor Weihnachten 2019 kündigte Etienne Schneider an, er wolle sein Leben zurück. Da war die Neuauflage der Dreierkoalition erst ein Jahr im Amt. Im Gesundheitsministerium hatte der LSAP-Politiker in der Zeit davor hauptsächlich ein Projekt vorangetrieben: die Legalisierung von Cannabis. Als Anfang Februar 2020 seine Parteikollegin Paulette Lenert das Amt übernahm, änderten sich die Prioritäten jedoch schlagartig.
Am 29. Februar wurde der erste Covid-19-Fall in Luxemburg bekannt. Gut zwei Wochen später verhängte die Regierung einen Lockdown. Die Pandemie machte aus der damals größtenteils unbekannten Paulette Lenert eine Krisenmanagerin und am Ende eine sozialistische Spitzenkandidatin mit nicht ganz unrealistischem Anspruch auf den Posten des Premierministers. Im eigenen Gesundheitsministerium aber führte die Pandemie zu einem Reformstau.
Zwei Jahre Ausnahmezustand
Im Frühjahr 2020 stand Luxemburg, seine Gesellschaft und die Politik vor nie dagewesenen Herausforderungen. Durch den Lockdown verschaffte die Regierung sich zunächst die nötige Vorbereitungszeit für eine Infektionswelle. Auf einmal mussten Masken, Krankenhausbetten und PCR-Tests angeschafft werden. Das gesamte Gesundheitsministerium schaltete in den Krisenmodus. Es mussten gar Beamte von anderen Ministerien hinzugezogen werden, um die Logistik zu unterstützen und bei der Kontaktnachverfolgung von Infizierten zu helfen.
Schnell wurde offensichtlich, dass Luxemburg schlecht auf eine solche Gesundheitskrise vorbereitet ist. Ein Pandemiegesetz gab es nicht. Die ersten Beschlüsse zur Einschränkung der Bewegungsfreiheit beruhten noch auf einem Gesetz von 1885. Anschließend wurden die Maßnahmen per Gesetz angepasst. Insgesamt 33 Mal. Während der Krise lobte die Politik sich gerne selbst, dass auch im Ausnahmezustand das Parlament stets mitbestimmen konnte und alle Gesetze demokratisch legitimiert wurden. Doch die Covid-Gesetze waren vor allem eins: ein Flickenteppich, an dem ständig nachgebessert werden musste …
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